Zur Person Carine Hürbin ist als Mitarbeiterin Kommunikation bei der Schweizerischen Vogelwarte Sempach tätig und interessiert sich nebst den Vögeln auch allgemein für Biodiversität. Seit 2023 ist sie zudem im Vorstand von Birdlife Aargau.

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Wie viele Eulenarten gibt es in der Schweiz?

In der Schweiz brüten acht Eulenarten. Das sind Waldkauz, Waldohreule, Schleiereule, Uhu, Raufusskauz, Sperlingskauz, Steinkauz und Zwergohreule. Die Sumpfohreule wird zudem regelmässig als Durchzügler festgestellt.

Gibt es Orte auf der Welt, wo es keine Eulen gibt?

Eulen kommen praktisch auf der ganzen Welt vor, mit Ausnahme der Antarktis.

Welches ist die kleinste und welches die grösste Eule?

Die kleinste Eule ist der Elfenkauz, der so gross ist wie ein Spatz und in den USA und Mexiko vorkommt. Den Platz der grössten Eule machen sich der Uhu (in Eurasien) und der Riesen-Fischuhu (in Ostasien) streitig. Beide haben eine Flügelspannweite von bis zu 1,9 m und werden bis 4,5 kg schwer.

Wie alt können Eulen werden?

Das ist je nach Art sehr unterschiedlich; kleine Arten können einige Jahre, grössere bis über 20 Jahre alt werden. Das ist aber die Ausnahme, meistens liegt die Lebenserwartung tiefer.

Können Eulen ihren Kopf wirklich um 360 Grad drehen?

360 Grad entsprechen einer vollständigen Drehung um sich selbst (also nach der Drehung wieder in dieselbe Richtung zu sehen wie in der Ausgangslage). So weit kommen sie zwar nicht, schaffen es aber immerhin auf 270 Grad.

Haben Eulen Augenlider?

Ja, Eulen haben ein oberes und ein unteres Augenlid sowie eine Nickhaut, die das Auge zusätzlich schützt.

Warum können Eulen im Dunkeln so gut sehen?

Sie verfügen über grosse, nach vorn gerichtete Augen mit grossen Linsen. Das erlaubt ihnen, viel Licht aufzunehmen und in der Nacht sehr gut zu sehen.

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Warum wackeln Eulen mit dem Kopf?

Die Augen der Eulen sitzen nebeneinander und nach vorne ausgerichtet fest im Kopf und können nur wenig bewegt werden. Das verleiht ihnen gutes räumliches Sehvermögen, allerdings nur im Bereich, der sich vor ihnen befindet – ähnlich wie beim Menschen. Um Bewegungen besser erkennen und fokussieren zu können, bewegen Eulen ihren Kopf statt ihrer Augen.

Warum sind Eulen nachtaktiv?

Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Viele Eulen ernähren sich von kleinen Säugetieren, die ihrerseits nachtaktiv sind. Um Mäuse zu jagen, müssen die Eulen also dann aktiv sein, wenn es ihre Beutetiere sind. Ausserdem gibt es keine anderen nachtaktiven und fleischfressenden Vögel. Die Eulen haben also eine Nische belegt, die von keiner anderen Vogelgruppe besetzt wird. Es gibt allerdings auch einige Arten, die dämmerungs- oder tagaktiv sind.

Warum sind Eulenohren asymmetrisch?

Eulenohren sitzen nicht auf exakt derselben Höhe am Schädel. Dadurch kommen Geräusche zeitlich leicht versetzt im Ohr an. So können Eulen die Geräuschquelle genauer orten.

Wozu dienen die Federbüschel auf dem Kopf vieler Eulenarten?

Die «Federohren» sind verlängerte Kopffedern, mit dem Gehör haben sie nichts zu tun. Ihr genauer Zweck ist noch unbekannt – sie können aber eine Rolle spielen bei der Kommunikation oder allgemein als Ausdruck der Stimmung (beispielsweise bei der Balz, der Revierverteidigung etc.).

Was ist ein Gewölle?

Eulen schlucken ihre Nahrung am Stück hinunter. Unverdauliche Bestandteile wie Knochen, Zähne oder Fell werden im Magen zu einer Masse zusammengepresst. Diese würgt die Eule von Zeit zu Zeit hoch, das ist das Gewölle.

Warum fliegen Eulen so leise?

Eulen fliegen so leise, weil ihre Federn besondere Merkmale aufweisen: Diejenige Feder, die die Aussenkante des Flügels bildet, ist fein gezahnt. Zudem sind alle Federn weich beflaumt. Dadurch werden Luftströmungen gebrochen und das Fluggeräusch vermindert.

Gibt es Eulen, die Zugvögel sind?

Viele Arten können bei schlechten Bedingungen eine kurze Strecke ausweichen. Nur sehr wenige Arten gelten als Zugvögel. Von den in der Schweiz einheimischen Eulenarten ist das nur die Zwergohreule, sie überwintert in Zentralafrika. Aber auch nördliche Populationen von Wald- und Sumpfohreulen ziehen nach Süden, sie bleiben aber in Europa.

Können Eulen schwimmen?

Zur Not können sie sich einigermassen über Wasser halten und sich unbeholfen bewegen – Schwimmen kann man das aber kaum nennen.

Wie kommunizieren Eulen miteinander?

Sie kommunizieren über verschiedene Lautäusserungen, aber auch mit ihrer Körperhaltung (zum Beispiel durch drohendes Aufrichten, Federohren aufstellen, helle Federbereiche aufblitzen lassen etc.).

Welche Eulenart hört man nachts am häufigsten?

In der Schweiz hört man am häufigsten den Waldkauz oder die Waldohreule.

Sind sich Eulenpärchen treu?

Die meisten Eulenarten leben monogam, das heisst, sie haben nur einen Partner. Die Partnerschaft kann dauerhaft oder nur saisonal während der Brutzeit halten.

Wo brüten Eulen?

Am Boden, in Baumhöhlen, auf Felsenklippen, auch in Bauten von anderen Tieren.

Bauen Eulen Nester?

Nein, sie bauen kein Nest, sie polstern höchstens ihren Brutplatz ein wenig aus, zum Beispiel mit Federn. Manchmal nutzen sie ein altes Nest einer anderen Vogelart, so von Krähen oder Bussarden.

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Wer kümmert sich bei Eulen um den Nachwuchs?

Das Weibchen brütet die Eier aus und wärmt die Jungen, während sie noch klein sind. In dieser Zeit wird das Weibchen vom Männchen gefüttert. Später kümmern sich beide um das Füttern und Pflegen der Jungen.

Womit füttern Eulen ihre Jungen?

Da sie Fleischfresser sind, füttern sie ihre Jungen mit denselben Beutetieren, also kleinen Säugetieren, Vögeln, Fröschen oder auch Eidechsen.

Fressen sich Eulenküken gegenseitig?

Bei den Eulen beginnt das Weibchen mit dem Brüten, sobald es das erste Ei gelegt hat. Dadurch sind die Jungen im selben Nest unterschiedlich alt und die älteren sind gegenüber den jüngeren im Vorteil. Es kommt sogar vor, dass ein älterer Jungvogel einen jüngeren tötet.

Welches sind die wichtigsten Feinde der Eulen?

Eine grosse Eulenart wie ein Uhu hat kaum natürliche Feinde, seine Eier oder Jungen können aber von Mardern, Füchsen oder Steinadlern gefressen werden. Bei kleineren Arten kommen grössere Greifvögel, inklusive grössere Eulen dazu. Auch menschliche Aktivität spielt eine Rolle: Störungen, Jagd oder Infrastrukturen wie Stromleitungen können eine Gefahr darstellen.

Welche Eulenarten sind gefährdet?

Weltweit sind knapp 40 Eulenarten gefährdet, das entspricht etwa 15 Prozent aller Eulenarten. Besonders bedroht sind die Eulenarten der tropischen Regenwälder und Inseln. Von den acht brütenden Eulenarten der Schweiz gelten zwei als stark gefährdet (Steinkauz, Zwergohreule) und eine als verletzlich (Uhu).

Welches ist die seltenste Eulenart?

In der Schweiz ist das die Zwergohreule. Für den Brutvogelatlas 2013–2016 wurden 30 bis 40 Brutpaare gezählt, mittlerweile ist der Bestand auf etwa 100 Reviere angestiegen, bleibt aber immer noch sehr klein. Weltweit ist die Frage kaum zu beantworten. Es gibt einige Eulenarten, die seit Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr beobachtet wurden und möglicherweise mittlerweile ausgestorben sind.

Was kann ich zum Schutz von Eulen beitragen?

An Scheunen kann man Nisthilfen für Schleiereulen aufhängen. Mit dem Kauf von naturfreundlich produzierten Produkten, insbesondere Produkten von Hochstamm-Obstbäumen, fördert man eine naturfreundliche Landwirtschaft, von der Eulen profitieren. Am wichtigsten ist jedoch, bei Wahlen und Abstimmungen der Natur eine Stimme zu geben. Dies wird gerade dieses Jahr wichtig, wenn die Biodiversitäts-Initiative zur Abstimmung kommt.

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Was kann ich tun, wenn ich eine verletzte Eule finde?

Am besten wendet man sich an eine lokale Vogelpflegestation oder an die Schweizerische Vogelwarte und lässt sich zum Vorgehen beraten. Die Pflege von Wildvögeln setzt viel Wissen voraus und gehört in die Hände von Fachleuten. Zudem benötigt man eine Bewilligung.

Kann man Eulen zähmen/halten?

Für die Haltung von Tieren gelten rechtliche Vorschriften, beispielsweise in Bezug auf Platz, Einrichtung, Sozialkontakten (Paar- oder Gruppenhaltung). Bei Wildtieren, also auch Wildvögeln wie Eulen, gibt es zusätzliche Anforderungen. Als Privatperson sollte man daher davon absehen, Eulen zu halten.

Warum gelten Eulen als weise?

Im antiken Griechenland galt der Steinkauz als Symbol für Athene, die Göttin der Weisheit und des Wissens. Zu diesem Symbol beigetragen haben möglicherweise sein Aussehen mit den grossen, runden und nach vorn gerichteten Augen und der starre Blick, der durchdringend wirkt. Auch ihre Fähigkeit, im Dunkeln zu sehen, verband der Mensch symbolisch mit Klarsicht und Klugheit.

Woher kommt das Redensart «Eulen nach Athen tragen»?

Diese Redensart geht auf einen Ausspruch in einer antiken griechischen Komödie zurück. Für die Verwendung gibt es verschiedene Erklärungen: So war der Steinkauz damals in Griechenland häufig und stand symbolisch für die Göttin Athene, die auch Schutzpatronin der Stadt Athen war. Zudem war der Steinkauz auf den Silbermünzen, den Drachmen, abgebildet. Eine Eule in den reichen Stadtstaat Athen zu bringen, war also überflüssig.

Warum werden Eulen in manchen Gegenden als Totenvögel bezeichnet?

Eine mögliche Erklärung lautet, dass früher in den Siedlungen alles dunkel war. Nachts brannte nur dort Licht, wo ein Mensch gepflegt werden musste oder im Sterben lag. Dieses Licht lockte vermutlich Insekten an und damit auch den Steinkauz, der sich auf die Jagd nach ihnen machte. Das Auftauchen des Vogels am Fenster wurde dann als Zeichen für Unglück und Tod verstanden. Auch sein Ruf wurde als Äusserung «komm mit» verstanden und damit als Aufforderung an einen Sterbenden, dem Vogel nun ins Totenreich zu folgen.