Herr Gruber, wo in der Schweiz kann man Kristalle und Mineralien finden?

Im alpinen Gebiet, also im Graubünden, Wallis oder Uri, sind viele Fundorte. Im Jura werden eher die Fossiliensucher fündig, aber auch hier gibt es ein Mineralienvorkommen. Eine der weltweit spannendsten Fundstellen ist das Walliser Binntal. Hier gibt es über 40 verschiedene Mineralien zu entdecken.

Welche Ausrüstung benötigt ein Kristall- und Mineraliensucher, ein sogenannter Strahler?

Das Allerwichtigste sind genügend Geduld und Kenntnisse davon, wo man Mineralien findet, wie man sie fachgerecht reinigt und transportiert. Mineralien kommen ja meist schmutzig zum Stein raus, da muss man erkennen, was man vor sich hat. Dann benötigt ein Mineraliensammler natürlich noch die richtigen Werkzeuge bestehend aus Fäustel, Meissel, Schlegel, kleinen Kratzerli und einem Strahlstock. Das ist ein etwa 1,2 Meter langer Eisenstab, mit dem der Fels weggebrochen und Kristallklüfte geöffnet werden können. Anfangs ist es ratsam, in Begleitung eines erfahrenen Strahlers loszuziehen. So wird man in diese Kunst eingeführt und es ergeben sich oft wunderbare Freundschaften. Ein Strahler lernt sein Leben lang dazu.

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Wie berggängig muss jemand sein, der auf eine Strahlertour gehen möchte?

Im alpinen Gebiet ist Berggängigkeit absolut unverzichtbar. Dazu gehören eine grosse Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und auch Wettersicherheit. Wer bei der kleinsten Wolke, die aufzieht, schon unruhig wird, ist fehl am Platz. Viele Strahler gehen sogar mit Seilen in die Bergwände, dazu ist natürlich eine alpinistische Ausbildung nötig. Es gibt aber auch Fundstellen, die mit der ganzen Familie, also auch mit Kindern, zugänglich sind.

Haben Sie selber schon gefährliche Situationen erlebt auf Mineraliensuche?

Das ist durchaus schon vorgekommen. In der Nähe von Gletschern ist besondere Vorsicht geboten, dort können sich durch die Eisschmelze immer wieder Gesteins-brocken lösen. Aber auch durch die normale Erosion kann Instabilität in die Felswände kommen, sodass einem plötzlich Steine um die Ohren fliegen.

Wie entstehen Mineralien und Kristalle?

Dazu braucht es in einem Gestein das Vorhandensein der entsprechenden Elemente, welche sich durch sehr grossen Druck und Hitze, wir sprechen da von bis zu 400 Grad Celsius, verbinden können. Es benötigt also, ganz vereinfacht erklärt, bestimmte Bedingungen von Druck und Temperatur. Aus Silizium und Sauerstoff etwa kann sich so ein Bergkristall bilden.

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Woran zeigt sich, dass in einem Gestein Mineralien versteckt sind?

Wenn auf einem Gestein Druck drauf ist, zeigt sich das manchmal an Rissen. Oder es zieht sich ein Quarzband über die Gesteinsdecke. Eine erfahrene Strahlerin, heute ist das Strahlen im Gegensatz zu früher keine Männerdomäne mehr, kann genau deuten, wenn sich Risse in einer gewissen Gesteinsart befinden, dass darunter Mineralien verborgen sind. Auch einige Pflanzen können einen Hinweis darauf geben, dass sich in ihrer Nähe bestimmte Gesteinsverbindungen befinden.

Welche Mineralien können in der Schweiz vornehmlich gefunden werden?

Bei uns gibt es zahlreiche verschiedene Mineralien aufzuspüren. Zu den am häufigsten vorkommenden gehören wohl der Bergkristall, der Calcit, der Rauchquarz und der Pyrit, das sogenannte Katzengold.

Wie kamen Sie zum Strahlen und worin liegt für Sie die Faszination darin?

Von klein auf habe ich auf jedem Spaziergang Steine gesammelt und bergeweise davon in meine Hosensäcke gesteckt und heimgetragen. Das ist einfach eine Faszination, die einen packt oder eben auch nicht. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn ich auf 3000 Metern Höhe einen Kristall aus einer kleinen Kluft berge, dann vorsichtig mit dem Daumen über die Fläche streiche, um den Dreck etwas zu entfernen und den Kristall das erste Mal seit Millionen Jahren der Sonne zeigen kann. Das ist jedes Mal wieder ein emotionales Erlebnis. Ein guter Strahler hat grossen Respekt vor der Natur und ist dankbar dafür, was der Berg ihm schenkt.

Was war Ihr schönster Fund?

Das ist sehr schwierig zu sagen. Ich habe einige Kristalle von etwa einem halben Meter Grösse gefunden. Dann wiederum bin ich auch stolz auf etliche kleine, aber sehr wertvolle Mineralien. Wenn ich so in meine Vitrine schaue, kann ich wirklich nicht sagen, welcher Stein mir am meisten am Herzen liegt.

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Verkaufen Sie auch Mineralien, und gibt es Strahler, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen?

Einen Teil meiner Funde behalte ich jeweils und einen Anteil verkaufe ich. Manche Kunden erwerben gleich ein Kistchen voller Mineralien und andere nur einzelne Steine. Zum einen gibt es die Touristen, die nach Gefallen auswählen, und zum anderen die Sammler, die ganz bestimmte Stücke suchen, um ihre Sammlung zu komplettieren. Wer über 50 Prozent seines Einkommens mit dem Verkauf selbst geborgener Mineralien bestreiten kann, darf sich als professioneller Strahler bezeichnen. Davon gibt es nur etwa zwölf in der Schweiz.

Braucht es eine Bewilligung oder darf man so viele Mineralien abbauen, wie man möchte?

Grundsätzlich kann jeder strahlen gehen. Dann kommt ein grosses Aber. Für einige Gebiete müssen kantonale oder sogar kommunale Bewilligungen eingeholt werden. Es ist also unabdingbar, dass man sich jeweils im Voraus informiert, wie es im jeweiligen Gebiet mit den Patenten gehandhabt wird und welches Werkzeug benutzt werden darf. Auch dies ist nämlich teils reglementiert. Ein Verbot ist aus meiner Sicht ein Blödsinn, denn die Mineralien, die an die Oberfläche gelangen, sind sowieso für den Zerfall bestimmt. Wir Strahler konservieren diese schönen Stücke für die Nachwelt.

 

Mehr Mineralien
Wer Lust bekommen hat, selber auf Mineralien-suche zu gehen oder diese zu bestaunen, findet hier einige Angebote:

Rolf Gruber führt ein- oder mehrtätige Strahler-touren für Anfänger und Fortgeschrittene im Walliser Binntal durch. goldmine-gondo.ch
Ewald Gorsatt bietet ebenfalls im Binntal Steinschleiferkurse und Mineralienexkursionen an.
gorsatt.ch
André Gorsatt
hat eine Mineralien-Stiftung mit Museum gegründet.
andre-gorsatt.ch
Im Bündnerland wird man in Disentis Sedrun fündig nach Kristallen.
disentis-sedrun.ch 
Elvetia organisiert Strahlertouren im Naturpark Beverin und im Lötschental.
elvetia.luxury
Das Schweizer Strahlermuseum in Naters macht das Wissen und Können rund um die Mineralien-suche in der Schweiz erlebbar, ohne dass man hohe Felswände erklimmen muss. kristallsucher.ch
Der Berufsstrahler Werner Schmidt hat im Ober-wallis ein eigenes Strahler-Museum eingerichtet.
schweizerbergkristalle.ch