Während die meisten Menschen Fische wie die Bachforelle, den Wels oder den Hecht kennen, haben wohl die wenigsten von der Marmorata gehört. Das verwundert nicht, denn der Fisch ist ein wahrer Heimlichtuer und zudem selten geworden. Einst bevölkerte er die Flüsse der italienischen Schweiz, doch Verbauungen wie Kraftwerke und Staumauern im Rahmen der Industrialisierung machte dem Bestand zu schaffen. Wer die seltene Fischart heutzutage aufspüren will, der wird am ehesten im Lago Maggiore fündig. Der Schweizerische Fischereiverband kürte die Marmorata zum Fisch des Jahres, denn sie zeugt von der vielfältigen, aber oft unbekannten Biodiversität der südlichen Schweiz.

Die Marmorata ist eine von den fünf in der Schweiz heimischen Forellenarten. Unter guten Lebensraumbedingungen kann sie sich zu einem der grössten Süsswasserraubfische Europas mausern. Die grösste je in der Schweiz gefangene Forelle war eine Marmorata, die 1925 im Luganersee ins Netz ging. Mit 32 Kilogramm ein Prachtsexemplar. Dort, wo ihr Lebensraum intakt ist, beispielsweise auf dem Balkan, erreicht sie Grössen von weit über einem Meter und ein Gewicht von mehr als 20 Kilogramm. Die Schweizer Bestände dagegen bleiben meist kleiner.

Die mit den Lachsen und Saiblingen verwandte Fischart ist eine äusserst geschickte Jägerin und nutzt die Dunkelheit und den Schutz von trübem Wasser, um geduldig auf ihre Beute zu warten. Nähert sich ein Beutefisch, packt sie blitzschnell zu. Dabei macht sie auch vor kleineren Artgenossen nicht halt. Als Jungfisch allerdings, wenn ihr Maul noch nicht gross genug ist, um andere Fische zu packen, greift sie auf Kleinkrebse und Insekten zurück.

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Von anderen einheimischen Forellenarten kann man die Marmorata daran unterscheiden, dass sie keine schwarzen Flecken aufweist. Namensgebend ist ihre marmorierte Musterung, die sie im Wasser perfekt tarnt. Selbst grosse Exemplare sind kaum zu sehen, wenn sie reglos im Wasser auf Beute warten. 

Zum Laichen begibt sich die Marmorata auf eine Wanderung. Dabei reist sie, grösstenteils in Gruppen, mehrere Kilometer flussaufwärts zu flachen Kiesbänken, wo die Weibchen mit ihrer Schwanzflosse eine Laichgrube in den Kies schlagen. Derweil sind die Männchen mit teils heftigen Kämpfen und Duellen beschäftigt und verteidigen die Laichgrube ihres Weibchens bis zur totalen Erschöpfung.

Neben den Verbauungen der Gewässer, die den Lebensraum der Tiere drastisch verkleinert, ist ein weiteres Problem die Hybridisierung mit Bachforellen und zwar dort, wo Gewässer mit der standortfremden Art durch den Menschen besetzt wurden.  Die Nachkommen, die aus dieser Kreuzung entstehen, sind wunderschön gefärbt und meist auch fruchtbar. Dies ist ein Grund, warum es in der Schweiz so gut wie keine reinrassigen Marmoratas mehr gibt. Die einzigen bekannten und stabilen Bestände der «echten» Marmorata finden sich im italienischen Fluss Ticino und einem Zufluss des Lago Maggiore, dem Toce. Es bleibt zu hoffen, dass die Bemühungen des Tessiner Kantonalverband FTAP des Schweizerischen Fischerei-Verbandes, den Fisch vor dem Aussterben zu retten, fruchten.