Der Hund liegt auf seiner Decke und schläft. Plötzlich fängt er an mit den Beinen zu zucken, fast so als würde er auf der Seite liegend irgendwo hinrennen wollen. «Er träumt bloss», meint Frauchen und wendet sich wieder ihrem Kaffee zu.

Er träumt, der Hund? Die Verwunderung ist dem Besucher ins Gesicht geschrieben. Und am Küchentisch bricht eine hektische Diskussion darüber aus, ob Tiere tatsächlich träumen können oder nicht.

Es ist eine Frage, die sich die Wissenschaft schon öfters gestellt hat. Die Herangehensweise über den Menschen ist dabei naheliegend. Wir träumen nämlich nicht immer, sondern insbesondere während der sogenannten REM-Phase.

REM, das steht für «Rapid Eye Movement» und steht für jene Zeit, in der die Muskeln zwar kaum aktiv sind, sich unsere Augen unter den Lidern aber rasant hin und her bewegen. Diese Phase steht im Gegensatz zum Tiefschlaf, in welchem unsere Hirnaktivität messbar tiefer ist.

Katzen, die im Schlaf herumrennen

Einen solchen REM-Schlaf konnte man auch bei diversen Tieren beobachten. Wissenschaftler, welche etwa Hunde, Katzen oder Affen beim Schlafen beobachteten, fanden heraus, dass diese zwischen 10 und 25 Prozent ihrer Schlafenszeit in der REM-Phase verbringen. Doch bedeutet das Vorhandensein des REM-Schlafes automatisch auch, dass Tiere träumen?

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Das wohl bekannteste Experiment hierzu wurde in den sechziger Jahren in Frankreich vom Schlafforscher Michel Jouvet durchgeführt. Normalerweise tritt während des REM-Schlafs eine Art Muskellähmung ein. Jouvet und seinem Team gelang es, genau diese bei Katzen zu unterbinden. Als die Fellnasen also in die REM-Phase übergingen, bewegten sich nicht mehr nur ihre Augen, sondern der ganze Körper.

So kam es, dass die Tiere im Schlaf regelrecht herumliefen, fauchten und einen Buckel machten – ganz so, als würden sie gegen jemanden Kämpfen oder Jagen. Daraus schloss Jouvet, dass die Katzen im Schlaf das wiedererleben, was ihnen tagsüber widerfahren ist. Und genau dasselbe tun wir Menschen beim Träumen.

Andere Wissenschaftler bewiesen, aber später, dass wir Menschen auch dann träumen, wenn wir uns nicht im REM-Schlaf befinden. Im Tiefschlaf können wir ebenso gut träumen, wenn auch deutlich weniger. Es scheint also keinen Zusammenhang zwischen dem Vorgang des Träumens und den neuronalen Vorgängen zu geben, auf welche sich Michel Jouvet gestützt hat.

Ratten träumen vom Labyrinth

Zeitgemässer sind jene Forschungsergebnisse aus dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) aus dem Jahr 2001. Die beiden Wissenschaftler Kenway Louie und Matthew Wilson arbeiteten mit Ratten, die darauf trainiert wurden, ihren Weg durch ein Labyrinth zu finden. Sowohl tagsüber, während sich die Nager damit beschäftigten, als auch als sie schliefen, wurden ihre Hirnströme mittels Elektroenzephalografie gemessen.

Das Ergebnis: Die beiden Muster, jenes der Wach- und jenes der Schlafphase, glichen sich stellenweise erstaunlich stark. Es scheint fast so, als ob die Ratten während ihres REM-Schlafs das Labyrinth erneut durchlaufen wurden. Die beiden Forscher konnten sogar nachempfinden, von welchem Teil des Irrgartens sie gerade träumten.

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Ein ungelöstes Rätsel

Es deutet also vieles darauf hin, dass zumindest Säugetiere das am Tag Erlebte während dem Schlaf verarbeiten und wieder durchleben. Auch bei diversen Vogelarten, etwa bei Wellensittichen, konnten REM-Schlafphasen beobachtet werden.

Die weitaus bedeutendere Frage scheint es hingegen zu sein, ob sich die Tiere ihrer Träume auch bewusst sind und sich zum Beispiel daran erinnern können, wenn sie aufwachen. Hier tippt die Wissenschaft weiterhin im Dunkeln. Wenig erstaunlich, immerhin kann der Hund uns auch nicht mitteilen, ob er tatsächlich geträumt hat und wenn ja, wem genau er im Traum hinterhergerannt ist.