Der Bundesrat unterstützt eine Gesetzesänderung, welche die Umweltkommission des Nationalrates (Urek) erarbeitet hat. Allerdings sollen Massnahmen zu Gunsten der Natur angeordnet werden können. 

Die neue Regelung sei von grosser Bedeutung, da in den nächsten Jahrzehnten viele Konzessionserneuerungen für bestehende Wasserkraftwerke anstünden, schreibt der Bundesrat in seiner am Mittwoch verabschiedeten Stellungnahme.

Mit der Gesetzesänderung soll eine parlamentarische Initiative von Albert Rösti (SVP/BE) umgesetzt werden. Diese betrifft die Umweltverträglichkeitsprüfungen, die nach Ablauf der Wasserkraftkonzessionen und bei Erweiterungen der Kraftwerke erforderlich sind. Zur Debatte steht der Umfang von Ersatzmassnahmen für Eingriffe in schutzwürdige Landschaften. 

Ist-Zustand statt Ursprungszustand  
Heute steht im Gesetz, dass der Umweltverträglichkeitsbericht auf den «Ausgangszustand» Bezug nimmt. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, hat immer wieder zu Diskussionen geführt. Nach bisheriger Praxis wurde bei Konzessionserneuerung derjenige Zustand als Ausgangszustand betrachtet, der bestehen würde, wenn die Anlage nie gebaut worden wäre.

Nun soll im Gesetz verankert werden, dass nicht der Ursprungszustand, sondern der Ist-Zustand zum Zeitpunkt der Konzessionserneuerung gemeint ist. Dieser soll als Referenzgrösse dafür gelten, ob und in welchem Umfang Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen zu leisten sind.

Kein Ersatz für frühere Eingriffe  
Die heutige Praxis habe einschneidende Konsequenzen für die Wasserkraftnutzung, schrieb Rösti in seinem Vorstoss. Wenn die Kraftwerksbetreiber bei den anstehenden Konzessionserneuerungen auch für frühere Eingriffe Ersatz leisten müssten, verteuere das die Stromproduktion aus Wasserkraft.

Der Bundesrat hält fest, mit der neuen Regelung könnten Rechtssicherheit geschaffen und die Verfahren vereinfacht werden. Er beantragt Zustimmung zur Änderung. In einem Punkt unterstützt er jedoch eine Kommissionsminderheit.

Massnahmen zugunsten der Natur  
Diese will als Ausgleich für die Änderung eine gesetzliche Grundlage schaffen, damit bei einer Konzessionserneuerung nach Möglichkeit und soweit dies verhältnismässig ist Massnahmen zugunsten von Natur und Landschaft vereinbart oder angeordnet werden.

Nach Ansicht des Bundesrates ist dies ein ausgewogener Kompromiss zwischen Schutz- und Nutzungsinteressen. Er beantragt Zustimmung zu dieser Ergänzung, sofern sie als Kann-Vorschrift ausgestaltet wird: Das Gemeinwesen soll erst dann Massnahmen verfügen dürfen, wenn nach redlichen Verhandlungen keine Einigung zu Stande gekommen ist.

Naturschutzorganisationen dagegen  
In der Vernehmlassung hatte die Mehrheit der Teilnehmer die geplante Änderung befürwortet. Dagegen stellten sich fünf Kantone, die SP sowie Umwelt- und Landschaftsschutzorganisationen wie Pro Natura und WWF.

Die Gegner argumentieren, es bestehe ein grosser Bedarf an der Aufwertung beeinträchtigter Lebensräume. In der Vergangenheit sei es immer gelungen, angemessene und wirtschaftlich nachhaltige Lösungen zu finden. Die Befürworter einer Änderung argumentieren, die heutige Praxis sei unverhältnismässig und stehe im Widerspruch zur Energiestrategie 2050, die einen Ausbau der Wasserkraft vorsieht.