Umdenken in der Gartenpflege
Klimastrategien für den Garten
Steigende Temperaturen, längere Trockenperioden, aber auch heftige Regenfälle und ungewöhnlich kalte Winter stellen das Wachstum und die Gesundheit unserer Pflanzen immer öfter auf die Probe. Diese veränderten Bedingungen erfordern ein Umdenken in der Gartenpflege und der Gestaltung.
Der Klimawandel ist eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit und macht auch vor unseren privaten Gärten nicht Halt. «Der Klimawandel beeinflusst unsere Gärten auf vielfältige Weise, wobei die Auswirkungen regional verschieden sein können», sagt Franziska Kaiser von der Andermatt Biogarten AG. Besonders die langanhaltenden Trockenperioden und Hitzewellen im Sommer haben laut der Gartenexpertin spürbare Folgen.
Hitzewellen und ihre Auswirkungen
«Am stärksten wirken sich Hitze und Trockenheit auf Topfgärten auf Terrassen und Balkonen aus», erklärt sie. Die Wärmeabstrahlung einer Hauswand kann die Temperatur dort um 10 bis 15 Grad im Vergleich zur Umgebung erhöhen, was selbst für sonnenliebende Pflanzen extrem werden kann. «Extreme Hitze kann zu Wassermangel und auch Sonnenbrand bei empfindlichen Gewächsen führen, während lang anhaltende Trockenheit den Boden austrocknet und das Überleben vieler Arten gefährdet.»
Massnahmen gegen Hitze und Trockenheit
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, empfiehlt Kaiser Schattierungsmassnahmen, die Verwendung heller Topffarben, Mulchscheiben und regelmässiges Giessen. Auch in den Gartenbeeten könne durch oberflächliches Hacken, regelmässiges Mulchen und seltenes, aber durchdringendes Giessen entgegengewirkt werden. «An sonnigen, südexponierten Stellen, wo eventuell zusätzlich die Abstrahlungswärme einer Fassade dazu kommt, sind wärmeliebende oder auch trockenheitsverträgliche Gewächse empfehlenswert.»
Milde Winter und ihre Folgen
Ein weiterer Effekt des Klimawandels sind die oft milden Winter, die bereits im frühen Frühjahr zu Wärmeperioden führen können. «Diese können gerade bei Spalierobst für eine frühe Blüte und verfrühten Austrieb sorgen», so Kaiser. «Da Obstbäume in der Blüte sehr frostanfällig sind, benötigen sie gerade in Frostnächten entsprechenden Schutz mit Vlies oder ähnlichen Materialien.»
Veränderungen in der Pflanzenentwicklung
Neben diesen direkten Auswirkungen führen die veränderten klimatischen Bedingungen auch zu einer Verschiebung in der Pflanzenentwicklung. So kann es zu einem früheren Austrieb, einer verlängerten Vegetationsperiode oder einer Verschiebung der Blütezeiten kommen. Diese Veränderungen können wiederum das Gleichgewicht im Garten stören und beispielsweise zu einem vermehrten Schädlingsbefall führen, da sich auch die Lebenszyklen von Schädlingen an die neuen Bedingungen anpassen.
Pflanzenauswahl und Standortanpassung
Um unseren Garten an die veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen, ist es wichtig, die richtigen Pflanzen auszusuchen. Laut Kaiser muss man nicht generell auf gewisse Pflanzen verzichten, doch sollte man stets die Gartenpflanzen passend zum Standort auswählen, um ihre Überlebensfähigkeit und Gesundheit zu gewährleisten. «In vielen Gärten gibt es aufgrund der Exposition, Schattierung durch Mauern, Gebäude oder grössere Bäume Standorte mit unterschiedlichem Mikroklima», erklärt die Gartenexpertin.
Standortansprüche und Schattierung
Kenne man die Standortansprüche seiner Pflanzen, gilt es nur noch, ihnen den richtigen Platz zu geben – oder schattigere Stellen zu schaffen, indem man beispielsweise gleichzeitig Bäume oder Sträucher pflanzt, die Schatten spenden.
Merkmale hitze- und trockenheitsresistenter Pflanzen
Um Pflanzen zu identifizieren, die Hitze sowie auch Trockenheit besser zu verarbeiten, gibt es einige Merkmale, auf die man achten kann. «Generell erkennt man Pflanzen, die Hitze und Trockenheit besser ertragen, an folgenden Merkmalen wie dicke, ledrige, starkbehaarte, silbrige oder kleine Blätter. Auch Tiefwurzler überstehen längere Trockenperioden besser.» Diese Merkmale ermöglichen es den Pflanzen, Feuchtigkeit besser zu speichern und tieferliegende Wasserquellen zu erschliessen, wodurch sie besser für die Herausforderungen des Klimawandels gerüstet sind.
Vielfalt für einen klimaresilienten Garten
Nur auf wärmeliebende, frostfeste und gegen Trockenheit resiliente Arten zu setzen, wird aber nicht ausreichen, um den Garten klimafest zu machen. «Kein Jahr ist gleich wie das andere. Es gibt nach wie vor Sommer, die eher feucht und kühl ausfallen», gibt Kaiser zu bedenken. Bei der Gestaltung eines klimaresilienten Gartens hält sie es für wichtig, eine Vielfalt von Pflanzen zu wählen, die unterschiedlichen Bedingungen standhalten können. «Dazu gehören sowohl hitze- und trockenheitsresistente Arten als auch solche, die mit feuchteren Bedingungen zurechtkommen.»
Anpassung und Flexibilität
Indem man die Pflanzen sorgfältig nach ihren Standortansprüchen auswählt und platziert, kann man durchaus einen Garten schaffen, der den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen ist. Auch biete der private Garten – im Gegensatz zum langfristig gedachten und angelegten Waldbau oder zur Grünplanung einer Stadt – die Möglichkeit, die Pflanzenwahl kurzfristiger an die veränderten Bedingungen anzupassen.
Garten gegen den Klimawandel gestalten
Um den eigenen Garten so zu gestalten, dass er dem Klimawandel sogar noch entgegenwirkt, setzt Kaiser auf die Vermeidung von Hitzespeichern. «Dazu gehört, auf groben, mit Plastikfolie unterlegten, nicht bepflanzten Schotter zu verzichten. Plätze und Wege sollten nicht grösser als nötig angelegt werden und möglichst aus hellem Material bestehen. Zudem kann die Begrünung von Fassaden mit grosser Wärmeabstrahlung durch Kletterpflanzen dazu beitragen, die Temperaturen zu senken.»
Schattenzonen schaffen
Ein weiterer wichtiger Punkt sei das Schaffen von Schattenzonen. «Durch die Pflanzung von Bäumen und Sträuchern, wie zum Beispiel schnell wachsenden Arten wie der Salweide, kann man innerhalb weniger Jahre viel Schatten in neu angelegte Gärten bringen.» Dies hilft nicht nur, die Temperaturen zu regulieren, sondern schafft auch ein angenehmes Mikroklima für Pflanzen und Menschen.
Bodenbegrünung und Feuchtzonen
Ebenfalls entscheidend ist eine durchgehende Begrünung des Bodens. «Ob mit Rasen, Wiese, ausdauernden Stauden und Gehölzen oder mit Gründüngung – eine dichte Bepflanzung hilft, den Boden zu schützen und Feuchtigkeit zu speichern.» Um die Umgebung weiter abzukühlen, empfiehlt Kaiser das Anlegen von Feuchtzonen wie Teichen oder temporären Wasserstellen. «Diese dienen nicht nur als Rückzugsort für die Tierwelt, sondern tragen auch zur Regulierung des Mikroklimas bei.»
Tipps für einen klimaresilienten Garten
Es gibt eine Reihe von Tipps, wie man seine Pflanzen gezielt gegen Stressfaktoren wie Hitze und Wassermangel resistenter machen kann:
Mulchen: Beete, Baumscheiben und Töpfe sollten gemulcht werden, um die Feuchtigkeit im Boden zu bewahren und die Bodentemperatur zu regulieren.
Bodenverbesserung: Den Humusgehalt und damit auch die Wasserspeicherkapazität des Bodens kann man mit regelmässigen Kompostgaben und aktivierter Pflanzenkohle erhöhen.
Bewässerung: Frisch gesetzte Pflanzen sollten gut angegossen und in der ersten Zeit regelmässig gegossen werden. Dann aber sukzessive seltener giessen, damit sich ein gutes Wurzelwerk ausbildet, das in die Tiefe geht. Dies gilt insbesondere für mehrjährige Pflanzen und Tiefwurzler wie Reben oder Rosen.
Mikroorganismen: Einjährigen und mehrjährigen Pflanzen im Topf und im Beet schon bei der Pflanzung Mikroorganismen zufügen, die das Wurzelwachstum und die Wurzelgesundheit fördern.
Rasenpflege: Rasen in Trockenzeiten nicht oder selten mähen und nur bei bedecktem Himmel mähen. Alternativ kann man einen robusteren Blumenrasen oder sogar eine Wildblumenwiese anlegen anstelle des eher anspruchsvollen englischen Rasens.
Mischkulturen: Im Gemüsebeet mit Mischkulturen arbeiten, die eine unterschiedliche Kulturdauer haben und unterschiedlich schnell wachsen, um den Boden stets optimal zu decken. Ansonsten mulchen und den Boden nicht länger unbedeckt lassen, sondern z.B. mit einer Gründüngung zwischenbegrünen.
Gehölzschutz: Gehölze im Winter vor extremen Temperaturschwankungen mit Stammanstrich schützen.
Pflanzzeitpunkte: Pflanzzeitpunkte sinnvoll wählen (mehrjährige Pflanzen nicht während Hitzewellen/Trockenperioden pflanzen), um den Pflegeaufwand zu minimieren.
Anpassung von Jungpflanzen: Jungpflanzen vor dem Setzen immer vorgängig an die Bedingungen im Freiland angewöhnen (z.B. langsam an die Sonne gewöhnen, um Sonnenbrand zu vermeiden).
Quelle: Andermatt Biogarten AG
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