Ein Weihnachtsschmaus ohne Fleisch: Pünktlich zur Festtagszeit hat etwa das Start-up Planted den nach eigener Aussage «schweizweit ersten pflanzenbasierten Braten» lanciert. Dieser besteht aus Erbsen-, Sonnenblumen- und Haferproteinen. Zu kaufen gibt es das vegane Fleisch am Stück hierzulande bei Coop; inklusive Bratensauce des Münchner Starkochs Sebastian Copien.

Die Sauce soll nach Röstaromen schmecken und der Braten eine faserige Textur haben. Doch wer das Ready-to-Cook-Produkt noch ergattern will, muss sich sputen: «Wir sind fast ausverkauft», sagt Planted-Mediensprecherin Vicky Kummer auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP.

Hiltl-Vegimetzg: Nachfrage um 60 bis 80 Prozent gestiegen

Fleischersatzprodukte boomen. Von 2016 bis 2020 hat sich der Umsatz mit solchen Erzeugnissen, die in der Regel komplett aus pflanzlichen Rohstoffen oder Pilzen bestehen, im Schweizer Detailhandel fast verdoppelt: auf 117 Millionen Franken.

Laut Swissveg, der Interessensvertretung vegan und vegetarisch lebender Menschen in der Schweiz, konsumierten 2022 rund 57 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer Fleischersatzprodukte. Und das Marktforschungsunternehmen Mordor Intelligence prognostiziert dem heutigen Nischenmarkt bis 2026 global ein jährliches Wachstum von 7,91 Prozent.

Auch in der «vegetarischen Metzgerei», die zum Zürcher Vegi-Restaurant-Pionier Hiltl gehört, spürt man den wachsenden Bedarf an veganen Fleischalternativen. Tofu, Tempeh - ein mit Schimmelpilz fermentiertes Sojaprodukt - oder das auf Weizeneiweiss basierende Seitan sind äusserst beliebt. «Seit 2019 ist die Nachfrage nach unseren Produkten um 60 bis 80 Prozent gestiegen», sagt Patrick Becker, Head of Marketing & Communications bei Hiltl. Eine Entwicklung, die sich in der Festtagszeit besonders stark bemerkbar mache.

Ebenfalls rasant laufen die Verkäufe bei Nestlé: Unter dem Label «Garden Gourmet» hat der Konzern Ende November die beschränkte Auflage einer veganen Foie Gras auf den Markt gebracht, die «Voie Gras». Nestlé habe Konsumentinnen und Konsumenten befragt und herausgefunden: Die Leute stehen dem Geschmack von Foie Gras durchaus positiv gegenüber, stören sich aber daran, wie die Tiere für die Produktion von Gänsestopfleber behandelt werden. Die vegane Variante von Nestlé besteht aus Zutaten wie Miso, einer würzigen japanischen Sojapaste, geröstetem Sesam, Trüffelöl und Sheabutter. 

Tibits setzt immer mehr auf vegan - nicht nur zu Weihnachten

Fast ausverkauft ist das «Beet Wellington» bei Tibits, eine vegane Alternative zum «Beef Wellington», dem berühmten Filet im Teig. Und das, obwohl die vegetarische Restaurantkette die Produktion gegenüber dem Vorjahr auf die doppelte Menge hochgefahren hat – auf rund 1500 Stück. «Wir könnten gut noch mehr verkaufen», sagt Tibits-Marketingleiter Amar Abbas. Da das Gericht aber von Hand hergestellt werde, sei die Produktion limitiert.

Die vegane Randenwurst im pflanzlichen Teig gibt es bei Tibits seit letztem Jahr zu kaufen. Genauso wie das vegane Fondue Chinoise. «Immer mehr Menschen reduzieren ihren Konsum an tierischen Produkten», nennt Abbas den Grund für die Produktlancierungen. «Sie wollen die Umwelt, aber auch ihre Gesundheit schützen. Seit der Pandemie ernähren sich die Leute viel bewusster.» Ab Januar stellt Tibits denn auch zwei seiner zwölf vegetarischen Restaurants auf rein pflanzlich um.

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Veganer Lachs in der Gourmetbox

Dass es inzwischen als Anbieter im Food-Bereich kaum mehr ohne vegane Optionen geht, spüren auch die Anbieter von Kochboxen. So können Einkaufsmuffel etwa bei der Firma Gourmetbox in Bern zu Weihnachten nebst klassischen Fleischgerichten wie gefülltem Truthahn oder Rindsfilet im Teig auch eine vegane Lachs-Alternative auf Süsskartoffelbasis nach Hause bestellen. «Diese läuft sehr gut», sagt Geschäftsführer Martin Schanz. «Wir marinieren und räuchern das Produkt selber und es liegt deutlich näher am Original als etwa der Rüeblilachs», ist er überzeugt.

Für genügend vegane Alternativen am Weihnachtsfest ist heuer also gesorgt. Doch aufgepasst: In einigen Fällen könnte dies auch für Streit sorgen. Schliesslich verläuft die Carnivoren Veganer-Konfliktlinie oft mitten durch Familien hindurch. Und gewisse Fleischesser wollen partout nichts von den neuen Vegi-Alternativen wissen. Experten raten hier zu einer guten Planung des Fests. Besser im Vorfeld abklären, wie man den verschiedenen Ess-Bedürfnissen an Heiligabend gerecht werden kann. Denn Konfliktpotenzial mit der Familie gibt es ja auch sonst meist mehr als genug.