Ein wenig holzig duftende Baumrinde, ein Tröpfchen aus der Rosenblüte und noch ein Schuss Pilzaroma – Prachtbienen sind sehr passionierte Duftsammler. Mehr noch: Die Männchen stellen sich im Lauf ihres Lebens ein artspezifisches Bouquet zusammen, das sie in Taschen an ihren Hinterbeinen aufbewahren. Diese Eigenart ist bekannt, bereits seit den 1960er-Jahren. Der Grund allerdings, warum sie das tun, war bisher Gegenstand vieler Spekulationen. Wollen sie damit Weibchen anlocken oder ihr Territorium verteidigen? Dieses Geheimnis haben deutsche Forscher der Ruhr-Universität Bochum nun gemeinsam mit amerikanischen Kollegen gelüftet.

Ihr Leben lang fliegen die Männchen durch die Gegend und sammeln Duftstoffe aus Blüten, Rinden, getrockneten Früchten oder auch Kot. Je nach Art – etwa 250 Arten leben in Mittel- und Südamerika – bevorzugen Prachtbienen unterschiedliche Quellen, allseits beliebt sind Orchideenblüten. Wie das genau funktioniert, erklärt Zoologe Thomas Eltz von der Universität Bochum: «An den Vorderbeinen haben sie Haarbüschel, mit denen sie den Duft quasi abrubbeln. Dann benutzen sie ihre Mittelbeine, um die Haarbüschel an den Hinterbeinen auszuwringen und dann wird der Duft über Kapillarkräfte in die Hinterbeintaschen rein gesaugt.» Die gewünschten Düfte sind übrigens nicht immer direkt um die Ecke. Und tatsächlich können die gerade einmal zwölf Millimeter grossen Einzelgänger bis zu 50 Kilometer weit fliegen und tragen enorm zum Erhalt des tropischen Ökosystems bei. Mehr als 500 Orchideenarten sind auf ihre Bestäubung angewiesen. Die Bienen ihrerseits sind ebenso auf nahrhafte Blüten angewiesen, da sie die Energie für solch lange Strecken tanken, indem sie Zucker über den Nektar aufnehmen.

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Gut Ding will Weile haben

Das individuelle Herrenparfüm enthält idealerweise 20 bis 40 verschiedene Komponenten und macht die metallisch schillernden Prachtbienen laut Eltz zu den einzigen Lebewesen neben uns Menschen, die ihr eigenes Parfüm mixen. Sind die Männchen irgendwann zufrieden mit ihrer Komposition, stecken sie ein Territorium ab. Dafür suchen sie sich einen Baumstamm aus, der das Zentrum ihres Areals bildet, fliegen wieder und wieder um ihn herum und verteilen dabei den Duftstoff aus ihrer Sammeltasche in der Luft. Durch Feldforschungen in Costa Rica weiss man, dass die Wahl des Baumes nicht zufällig erfolgt. Prachtbienen lassen sich zum Beispiel lieber auf glatten als auf rauen Baumstämmen nieder und unterschiedliche Arten setzen sich in unterschiedlicher Höhe auf die Stämme. Die kleineren Gattungen bevorzugen Äste oder Stämme mit kleinem Durchmesser, grössere Gattungen präferieren dagegen Ziele mit grösserem Durchmesser. Inwiefern die Baumart relevant ist, ist bisher nicht bekannt. Es scheint aber, dass jede Art einen bestimmten Typus Baum bevorzugt. Unklar war jahrzehntelang auch, wer der Empfänger des verteilten Parfüms ist. Natürlich lag es nahe, zu vermuten, dass die Vorlieben der Bienenweibchen hier eine Rolle spielen, doch Belege dafür gab es nicht. Andere Theorien gingen von einem Hochzeitsgeschenk für die Weibchen aus oder, dass der Duft der Kommunikation mit Konkurrenten diene.

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler drei Jahre lang die Prachtbienen in einem Experiment in Florida. In einem 15 mal 15 mal 4 Meter grossen Käfig liessen sie jeweils zwei Männchen um ein Weibchen konkurrieren – eines mit und eines ohne Parfüm. Dann verfolgten sie, ob sich das Weibchen paarte und, falls ja, mit welchem Männchen. «Prachtbienen werden in der freien Natur nur sehr selten bei der Paarung beobachtet, und auch in Experimenten ist es bislang kaum gelungen, sie zur Paarung zu bewegen», beschreibt Thomas Eltz die Herausforderung. Daher versuchten die deutschen Forschenden und ihre US-Kollegen, den Tieren mit einem besonders grossen Käfig und den richtigen Pollenpflanzen optimale Bedingungen zu bieten.

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Vorsicht vor Langfingern

Für das Experiment lockten sie zunächst Männchen zu künstlichen Duftquellen, aus denen diese sich ein Parfüm zusammenstellten. Dieses Parfüm sogen dann die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einer Mikrokapillare aus den Taschen an den Hinterbeinen heraus, um es später einer der Bienen mitzugeben, die sie im Experiment antreten liessen. Hier konkurrierten jeweils zwei Männchen, die unter identischen Bedingungen gehalten worden waren, um die Gunst eines Weibchens. Bei einem der beiden Männchen deponierten die Forscher das vorproduzierte Bienenparfüm in der Beintasche, bevor sie es zusammen mit seinem parfümlosen Konkurrenten in den Käfig entliessen.

Die Männchen – ob mit oder ohne Parfüm – legten ein normales Balzverhalten an den Tag. In 27 Fällen kam es zu einer Paarung. Daran waren in 26 Fällen Bienenmännchen beteiligt, die mit Parfüm ausgestattet worden waren. In einem Fall pflanzte sich ein Männchen aus der Kontrollgruppe fort, das eigentlich hätte parfümlos sein sollen. Allerdings fanden die Forschenden Anzeichen dafür, dass auch dieses Insekt in den Besitz einer Duftmischung gekommen war – wenn auch nicht auf die feine Art. Gelegentlich kommt es nämlich zu Parfümdiebstahl.

Um zweifelsfrei nachweisen zu können, welche Männchen sich gepaart hatten, führte man Vaterschaftsanalysen durch, bei der die genetische Ausstattung der Brut mit der der Bienenmännchen verglichen wurde. «Es zeigt sich eindeutig, dass das Parfüm ein Lockstoff für Weibchen ist und bei diesen das Paarungsverhalten auslöst», resümiert Thomas Eltz. «Unsere Ergebnisse belegen auch, dass das Parfüm wohl nicht als Statussignal unter den Männchen genutzt wird. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Männchen seinen Balzplatz verteidigte, wurde durch den Besitz von Parfüm nicht erhöht.»

So weit, so gut. Aber was hat nun Frau Biene von duftenden Männchen? Von einem Parfümmännchen abstammende Nachkommen haben bessere Gene. Denn Bienen sind Sammler. Sie sammeln Pollen, Nektar oder Material zum Nestbau. Und Männchen, die durch ein komplexes Parfüm beweisen, dass sie gute Sammler sind, sind wahrscheinlich auch gute Väter für die Nachkommenschaft. So einfach ist das.

Über die PrachtbienenEs sind etwa 250 Spezies von Prachtbienen bekannt, die in den Tropen in Mittel- und Südamerika wichtige Bestäuber sind. Gerade viele Orchideenarten sind für ihre Bestäubung von Prachtbienenmännchen abhängig, weswegen die Tiere im Englischen auch orchid bees genannt werden. Die Orchideen produzieren als Belohnung spezifische Blütendüfte, die von den Bienenmännchen gesammelt werden. Es existieren fünf verschiedene Gattungen von Prachtbienen, die in Grösse und äusserem Erscheinungsbild stark variieren können. Die Bienenmännchen sammeln die Düfte mit Haarbüscheln an ihren Vorderbeinen, die sie in die Taschen an den Hinterbeinen auswringen.