Ja, es gibt Skorpione in der Schweiz. Und damit sind nicht die zwischen dem 24. Oktober und dem 22. November geborenen Personen gemeint, sondern das Spinnentier. Seine Merkmale: Zangen an den vorderen Gliedmassen und ein Stachel im Hinterleib. Giftig sind sie alle, aber in sehr unterschiedlichem Ausmass. Nur rund 50 Arten können ein für den Menschen tödliches Gift mit ihrem Stachel abspritzen. Diese sind allerdings in der Schweiz nicht heimisch, sondern eher in Südeuropa, Nordafrika oder auch Mittel- und Südamerika anzutreffen. Hierzulande sind lediglich fünf Gattungen von Skorpionen bekannt, deren Gift für den Menschen allerdings nicht gefährlich ist. «Sie stechen nur selten, und da sie nur eine sehr geringe Menge an Gift besitzen, verursacht der Stich nur einen intensiven und vorübergehenden Schmerz, ähnlich dem von Wespen- und Bienenstichen», erklärt Serena Pedraita, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Info Fauna, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Fauna. Doch welche Arten leben nun in der Schweiz und wo sind sie anzutreffen? Eine Übersicht, basierend auf den gemeldeten Beobachtungen, die Info Fauna erhalten hat.

1. Italienischer Skorpion (Euscorpius italicus)

Grösse: bis 50 Millimeter lang

Farbe: braun bis schwarz

Verbreitung in der Schweiz: Diese Art ist heimisch und vorwiegend im Tessin oder im Misox-Tal (GR) anzutreffen. Eine regional beschränkte Population gibt es auch nahe des Walliser Hauptortes Sion.

2. Deutscher Skorpion (Euscorpius germanus / Alpiscorpius germanus)

Grösse: bis 25 Millimeter lang

Farbe: dunkelbraun bis schwärzlich; Bauchseite, Beine und Telson (Giftblase) heller

Verbreitung in der Schweiz: Auch diese Art ist heimisch, kommt aber ausschliesslich im Val Müstair (GR) vor.

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3. Alpha Skorpion (Euscorpius alpha)

Grösse: weniger als 30 Millimeter lang

Farbe: fast schwarz

Verbreitung in der Schweiz: Der Euscorpius alpha ist heimisch. Sein Zuhause ist im Tessin, in Teilen des Wallis und des Engadins (GR)

4. Gelbklauen Skorpion (Euscorpius flavicaudis)

Grösse: bis 40 Millimeter lang

Farbe: Oberseite dunkelrötlich oder -braun bis schwarz; Bauchseite, Beine und Giftblase gelblich

Verbreitung in der Schweiz: Diese Gattung ist eingeschleppt – was vor allem daran liegt, dass sich der Euscorpius flavicaudis gerne in Häusern aufhält. Ursprünglich stammt der Euscorpius flavicaudis aus dem westlichen Mittelmeerraum. In der Schweiz wurde diese Skorpionart bereits im Jura, vor dem Jahr  2000 aber auch in Städten wie Zürich, Bern oder Genf gesichtet.

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5. Karpatenskorpion (Euscorpius carpathicus)

Grösse: 30 bis 40 Millimeter

Farbe: dunkel- bis hellbraun; Giftblase und Beine sind gelb-orange eingefärbt

Verbreitung in der Schweiz: Auch diese Art gilt als eingeschleppt. Das Verbreitungsgebiet dieser Gattung reicht von Spanien bis in die Türkei. Trotz seines Namens kommt er nicht überall in den Karpaten vor, sondern nur in den südlichen Vorgebirgen der äusseren Ostkarpaten und Teilen der transsilvanischen Alpen. Laut Info Fauna wurde der Karpatenskorpion in der Schweiz bereits in der Stadt Zürich sowie im Kanton St. Gallen gesichtet.

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Lebensraum verändert sich

Die drei heimischen Skorpionarten der Schweiz bevorzugen einen Lebensraum bis zu 500 Metern Höhe. «Skorpione leben hauptsächlich im Boden oder auf der Bodenoberfläche», erläutert Serena Pedraita. Sie könnten verschiedene natürliche und künstliche Orte besiedeln: Kiesbänke, Gletschervorfelder, Geröll- und Steinflure, See- und Fliessgewässerufer, Flach- und Hochmoore, Feuchtwiesen, Magerrasen, Trockenwiesen und -weiden, Heiden, Feldgehölze, Wälder, Brach- oder auch Kulturland.

Doch auch der Lebensraum von Skorpionen verändert sich. «Wie andere Arten in der Schweiz besiedeln Skorpione weniger natürliche Gebiete, aber immer mehr fragmentierte, kontaminierte oder zerstörte Umgebungen», so die Expertin. Die Kost von Skorpionen ist abwechslungsreich: Schnecken, Spinnen, Insekten oder kleinere Wirbeltiere wie Eidechsen stehen auf ihrem Speiseplan. Ihrer Beute lauern die meisten Arten mit aufgestelltem Schwanz, offenen Zangen und absoluter Ruhe auf. Nur wenige Arten pirschen sich aktiv an ihre Beute heran. Generell seien Skorpione scheue Tiere und überhaupt nicht aggressiv. Was also tun, wenn man hierzulande einem Exemplar begegnet? «Man kann die Art fotografieren und die Beobachtung an Info Fauna senden», rät Pedraita. Danach sollte das Tier möglichst in Ruhe gelassen werden.