Wie und wann entstand Ihr Hobby, Wildtiere zu fotografieren?

Joana Wenger: Das war während der Corona-Pandemie. Damals kaufte ich mir eine neue, handlichere Kamera, und da ich nicht reisen konnte, entdeckte ich die Natur und Tiere direkt vor meiner Haustür neu. So entstand auch mein Fokus auf Wildtiere. Ich habe zwar schon früher fotografiert, aber es war mehr ein spielerisches Experimentieren als ein richtiges Hobby.

Warum gerade Wildtiere?

Tiere faszinierten mich schon immer, früher vor allem in Zoos und in Tierdokus. Doch in der Natur wilde Tiere zu beobachten und zu fotografieren, hat eine ganz andere Magie. Vögel sind inzwischen mein Hauptmotiv – zu etwa 80 bis 90 Prozent. Das liegt auch daran, dass sie leichter zu finden sind, oft zutraulicher sind und tagsüber aktiv sind. Während der Pandemie wurde mir klar, dass ich nicht weit reisen muss, um spannende Begegnungen zu erleben. Mittlerweile schätze ich die Vielfalt direkt vor meiner Haustür!

Wie wichtig ist Ihnen Ihr Hobby?

Es ist ein wunderbarer Ausgleich zu meinem beruflichen Alltag, den ich vor dem Bildschirm verbringe. Mit der Kamera rauszugehen, bedeutet für mich: Natur erleben, den Kopf freibekommen und trotzdem einer Aufgabe nachgehen. Es geht mir nicht darum, perfekte Fotos zu schiessen oder mit Profis mitzuhalten. Ich mache das ausschliesslich für mich. Ich beobachte gerne die Tiere, versuche sie zu finden und festzuhalten. Wenn das mal nicht klappt, ist das völlig in Ordnung. Es geht ums Draussen sein, um die Ruhe und die Freude an dem, was ich sehe.

Was ist der Unterschied zur professionellen Fotografie?

Professionelle Fotografen verdienen ihr Geld damit, ich dagegen gebe meines für das Hobby aus. Meine Ausrüstung ist bewusst einfach und leicht, weil ich meistens zu Fuss unterwegs bin. Profis planen ihre Arbeit sehr detailliert, investieren viel mehr Zeit und haben technisch anspruchsvolleres Equipment. Bei mir bleibt es Freizeit. Oft schaffe ich es nur einmal pro Woche, hinauszugehen. Ich bearbeite meine Fotos zwar, teile aber nur einen sehr kleinen Teil davon auf Instagram. Für mich zählt, dass es mir Spass macht und ich meine Kreativität ausleben kann.

Wie planen Sie Ihre Ausflüge und wie laufen diese ab?

Manchmal gehe ich gezielt an Orte, von denen ich weiss, dass sie bestimmten Tieren Lebensraum bieten. Dafür recherchiere ich im Vorfeld, wo die Chancen am grössten sind. Naturzentren mit Beobachtungshütten sind dabei eine grosse Hilfe. An anderen Tagen nehme ich die Kamera einfach mit auf Spaziergänge oder Wanderungen, ohne festes Ziel. Es passiert oft, dass ich stundenlang unterwegs bin und kein einziges Tier vor die Linse bekomme. Das gehört dazu. Auch wenn ich kein Foto mache, bleibt es ein schöner Tag in der Natur.

Hat sich Ihr Blick auf die Natur durch die Fotografie verändert?

Definitiv. Ich nehme die Natur und die Tiere heute viel aufmerksamer wahr. Ich achte darauf, welche Bäume und Sträucher Nahrung oder Nistplätze bieten und habe ein Gespür dafür entwickelt, wo ich welche Tiere finden könnte. Das hat auch mein Verständnis für Biodiversität gestärkt. Ich erkenne jetzt deutlicher, welche Lebensräume wertvoll sind und wo Tiere keinen Platz finden.

Welche Tipps haben Sie für Einsteiger in die Wildtierfotografie?

Man sollte immer respektvoll mit den Tieren und ihren Lebensräumen umgehen – besonders in der Brutzeit. Es passiert häufig, dass man kein perfektes Foto mit nach Hause bringt, weil das Tier zu weit weg war oder sich versteckt hat. Das gehört dazu. Als Anfänger braucht man zudem keine teure Ausrüstung. Viel wichtiger ist es ein gutes Auge für Licht und Komposition zu entwickeln sowie das Verständnis für die verschiedenen Kameraeinstellungen. Am Ende sollte man sich auch nicht mit professionellen Fotografen vergleichen. Es ist ein Hobby, das Zeit und Geduld erfordert.

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