Interview
Nationalrätin Meret Schneider im Interview: Ihre Rückkehr ins Parlament und ihr Kampf für mehr Tierschutz
Meret Schneider (Grüne / ZH) bringt Tierpolitik konsequent aufs politische Parkett – von Massentierhaltung über Katzenkastration bis zum Importverbot von Qualpelzen. Seit ihrer Rückkehr in den Nationalrat vor einem Jahr hat die 33-Jährige zahlreiche Vorstösse lanciert – und es sollen noch mehr werden. Ein Gespräch über ihre Rückkehr, ihre Agenda und ihre Motivation.
Meret Schneider, im Dezember 2024 sind Sie nach einem Jahr Zwangspause in den Nationalrat zurückgekehrt. Sie übernahmen dort den Sitz von Bastien Girod, der nach Ende der Herbstsession 2024 zurückgetreten ist. War es für Sie wie ein «Heimkommen», wieder in Bern zu politisieren?
Total. Bei meiner Rückkehr wurde ich sehr warm empfangen. Die Leute sind mehrheitlich noch dieselben. Das Schöne am Parlament ist, dass ich viele schöne Kontakte zu Menschen – auch aus anderen Parteien und Branchen – knüpfen konnte, mit denen ich sonst wahrscheinlich nichts zu tun hätte. Klar kenne ich nicht alle. Aber mit allen, mit denen ich Kontakt habe, habe ich ein sehr gutes, warmherziges Verhältnis. Als ich 2023 abgewählt wurde, erhielt ich Briefe und Mails von Parlamentskolleginnen und -kollegen, die mir geschrieben haben, dass sie mich vermissen werden. Darunter waren Leute, von denen ich das nie erwartet hätte. Daher ja: Es war wie ein Heimkommen für mich.
Die Grünen erlebten 2019 eine Erfolgswahl, gehörten bei den eidgenössischen Wahlen von 2023 jedoch zu den Verlierern. Sie wurden als Nationalrätin abgewählt. Dämpfen solche Rückschläge die Motivation oder denken Sie sich: «Jetzt erst recht»?
Eher «Jetzt erst recht». Die politische Tonalität hat sich stark verschärft. Der Ton ist rauer geworden, und ich finde, es wird vermehrt auch auf persönlicher Ebene angegriffen. Das stört mich extrem. Ich habe nichts dagegen, wenn man sich bissig aufs Dach gibt und harte Diskussionen führt. Doch es sollte um die Sache gehen, nicht um die Person. Ansonsten: Die Mehrheitsverhältnisse sind andere geworden. Wir hatten auch bei der «Grünen Welle» von 2019 keine Mehrheit und damals schon viel verloren. Jetzt verlieren wir einfach deutlicher. Daher finde ich nicht, dass es einem die Motivation nimmt. Gerade im Bereich Tierschutz kann man öfter mal ein Geschäft durchbringen, wie beispielsweise das Importverbot für tierquälerisch erzeugte Produkte, das am 1. Juli 2025 in Kraft getreten ist. Das sind kleine Schritte, aber eben auch Highlights.
Sie setzen sich im Parlament auf verschiedensten Ebenen für Anliegen rund um Tierschutzthemen ein. Warum? Woher kommt die Motivation dafür?
Gute Frage. Der Grund liegt vor allem darin, dass Tierschutz ein enorm vernachlässigtes Thema in unserer Gesellschaft ist. Viele Tiere, gerade im Nutztierbereich, werden nicht artgerecht gehalten. Das interessiert niemanden, auch nicht in der Politik. In dem Jahr, in dem ich im Nationalrat weg war, gab es keine Vorstösse zu Tieren oder Tierschutzthemen. Solche Themen werden eher belächelt, aber in der Politik kümmert sich niemand wirklich darum. Wir schlachten in der Schweiz 83 Millionen Hühner pro Jahr. Einem Lebewesen, das Freude und Leid empfinden kann, sollte man möglichst wenig Leid hinzufügen. Das machen wir leider momentan überhaupt nicht. Doch dass so viele Hühner in der Mastpoulet-Haltung leiden müssen, finde ich eine Katastrophe. Solche Themen möchte ich in die politische Agenda setzen und klarmachen, dass Interesse an Tieren das einzig Rationale ist.
Im September haben Sie eine Motion eingereicht, in der Sie ein Verbot der umstrittenen Masthühnerrasse Ross 308 fordern. Im Sommer hatte die Westschweizer Tierschutzorganisation Observatoire du spécisme Bilder aus einem Waadtländer Mastbetrieb veröffentlicht, die hinkende Ross-308-Hühner mit entzündeter Haut zeigten.
Ja, diese Hühner können teilweise nicht mal auf den eigenen Beinen stehen. Ich weiss, dass ich diese Motion im Rat verlieren werde. Aber ich will erreichen, dass es eine mediale und gesellschaftliche Diskussion über das Thema gibt. Noch immer sind viele im Glauben, Schweizer Poulet sei artgerecht. Das ist leider absolut nicht der Fall. Eben: Wir schlachten 83 Millionen Hühner pro Jahr. Gerade jetzt, wo der Geflügelkonsum so stark steigt, will ich erreichen, dass wir darüber diskutieren, was wir eigentlich essen.
Sie haben sich dieses Jahr auch für eine nationale Chip- und Registrierungspflicht für Katzen eingesetzt, doch der Vorstoss scheiterte im Mai im Nationalrat. Auch eine Kastrationspflicht wird
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