Spaziert man an einem Fluss oder See entlang, trifft man immer öfters auf seine Spuren: Der Biber, genauer der Europäische Biber. Mit einer Länge von bis zu einem Meter ist er das zweitgrösste Nagetier auf Erden, grösser ist nur das Wasserschwein. Während er es früher in der Schweiz schwer hatte, gezielt gejagt und im 19. Jahrhundert sogar ausgerottet wurde, lebt der Nager heute wieder an fast allen Gewässern nördlich der Alpen. 2019 schätzte man den Bestand schweizweit auf etwa 3'500 Tiere.

Lebensweise: Burgen und Dämme im Wasser

Biber leben in sogenannten Burgen. Das sind Erdbauten in Uferböschungen, die von den Tieren mit ihren Vorderpfoten selbst ausgehoben werden. Meist besteht der Bau aus einem grossen Wohnkessel, in dem die Jungen grossgezogen werden, sowie einem Eingang, der sicher geschützt unter der Wasserobefläche liegt. Jede Biberfamilie besitzt einen Hauptbau, kann aber in ihrem Revier auch noch weitere Nebenbaue anlegen. Diese werden vor allem im Sommer genutzt, wenn sie zu weit weg von ihrem Hauptbau eine ergiebige Nahrungsquelle finden.

Damit sich Biber an einem Gewässer wohl fühlen, brauchen sie eine Wassertiefe von ungefähr 60 Zentimetern. Ist diese nicht vorhanden, wird der Biber kurzerhand zum Landschaftsarchitekten und staut das Wasser mit einem selbst gebauten Damm. Dieser kann bis zu mehrere Meter hoch sein. Mit dem Bau sowie mit der Nahrungssuche beschäftigen sie sich vor allem in der Nacht. Den Tag verbringen die Tiere in ihrer Burg.

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Nahrung: Eine saisonale Speisekarte

Biber sind reine Vegetarier. Was genau sie fressen ist von der Jahreszeit abhängig: Im Sommer sind das praktisch alle verholzten und krautigen Pflanzen, die in der Nähe ihres Gewässers wachsen. Im Winter wiederum beschränkten sie sich auf Rinde und Knospen. Am liebsten mag der Biber Weichhölzer, wie Weiden und Pappeln, allgemein ist er aber nicht wählerisch. Über 300 verschiedene Pflanzenarten fand man schon in Bibermägen.

Am besten schmecken ihm die Zweige hoch oben in den Kronen. Deshalb fällt der Biber die Bäume kurzerhand und verzehrt sie gemütlich am Boden oder im Wasser. Und weil sein Gewässer im Winter gerne zufriert, legt sich der Biber vor dem Eingang seines Baus einen Vorrat an. Dieser kann mehrere Kubikmeter Volumen betragen.

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Steckbrief Europäischer Biber
Wissenschaftlicher Name: Castor fiber
Gewicht: 11 bis 32 Kilogramm
Lebenserwartung: Zehn bis zwölf Jahre
Nahrung: Triebe, Knospen, Blätter, Gräser, Kräuter, Rinde und Feldfrüchte
Feinde: Erwachsene Biber haben keine natürlichen Feinde. Für die Jungtiere können grosse Greifvögel, Raubfische oder der Fuchs gefährlich werden.
Lebensraum: Stehende oder langsam fliessende Gewässer
Familie: Biber (Castoridae)
Anzahl Junge: Ein bis sechs

Fortpflanzung und Nachwuchs

Biber sind monogam: Haben sie erst einmal einen Partner gefunden, bleiben sie ein Leben lang zusammen. Zwischen Januar und April paaren sich die beiden unter Wasser, Ende April oder Anfang Mai kommen dann die Jungen zur Welt. Die Wurfgrösse varriert zwischen ein bis sechs Jungtieren.

Als Nestflüchter können die Biberbabys bereits sehen und sind auch schon komplett behaart. Die ersten vier bis sechs Wochen verbringen sie im Bau, erst danach werden sie von den Eltern oder älteren Geschwister mit ins Freie genommen. Der Nachwuchs bleibt eine ganze Weile bei der Familie. Erst mit zwei oder drei Jahren verlässt er sie, um sich ein eigenes Revier zu suchen.

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Der Biber und der Mensch

Seit jeher musste sich der Biber vor dem Mensch in Acht nehmen. Er wurde wegen seinem Fleisch sowie dem wertvollen Pelz gejagt. Ausserdem hatte man es auch auf das sogenannte «Bibergeil» abgesehen: Ein Sekret aus dem Schambein des Bibers, mit welchem er sein Revier markiert, das von uns aber in der traditionellen Medizin verwendet wurde und auch zu einer Droge verarbeitet werden kann. Im 20. Jahrhundert war der Biber bei uns in der Schweiz komplett, sowie im Resten Eurasiens fast ganz verschwunden. Nur rund 1000 Tiere blieben noch übrig.

Seit 1962 gilt der Biber in der Schweiz als geschützt. Bereits vorher, 1956, begann man damit, den Nager wieder anzusiedeln. Damals wurden die ersten Biber von einer Gruppe Naturforscher im Kanton Genf ausgesetzt. Bis 1977 erfolgten an über 30 Stellen in der Schweiz weitere Freilassungen. Insgesamt 141 Tiere wurden platziert, so dass sich der Bestand erholen konnte.

Weitere Fakten und Wissenswertes

  • Das Fell des Bibers ist besonders dicht, damit die Tiere im Wasser warm und trocken bleiben. Pro Quadratzentimeter Biberrücken wachsen 12 000 Haare, auf dem Bauch sind es mit 23 000 Haaren sogar doppelt so viele. Die menschliche Kopfhaut bringt es nur auf mickrige 300 Haare pro Quadratzentimeter.
     

  • Der platte Schwanz dient dem Biber als Fettspeicher für den Winter, als Ruder und Gefahrenmelder. Nähert sich ein Feind, schlägt der Biber damit aufs Wasser, um die anderen Familienmitglieder zu warnen.
     

  • Die grossen Nagetiere besitzen extrem harte Zähne, die bis zu dreieinhalb Zentimeter lang und von einer orangefarbenen Schmelzschicht überzogen sind. Jeden Monat wachsen sie etwa einen Zentimeter nach – und nutzen sich in gleichem Masse ab. Die Zähne wachsen ein Leben lang.
     

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