Eine Heimat für Bestäuber
Heimische Pflanzen: Lebensräume und Nisthilfen für Wildbienen
Wildbienen sind unersetzliche Ökodienstleister, die unter den Folgen von Lebensraumverlust und Nahrungsmangel leiden. Mit dem Erschaffen von Lebensräumen und dem Anbieten von Nisthilfen kann jeder einen Beitrag zum Wildbienenschutz leisten.
Wildbienen haben es schwer: Lebensraum- und Nistplatzverlust, das Verschwinden von Blütenpflanzen und der Einsatz von Pestiziden machen den Insekten zu schaffen. Die Rote Liste der Wildbienen in der Schweiz zeigt kein erfreuliches Bild. Gesamthaft sind 45 Prozent der etwa 600 einheimischen Wildbienenarten gefährdet. Was besonders bedauerlich ist: Fast zehn Prozent der ursprünglich heimischen Arten sind in der Schweiz bereits ausgestorben, wie Philipp Heller, Projektleiter der Bienenfachstelle des Kantons Zürich und Mitwirkender bei der Datenerhebung der Roten Liste, bekanntgibt.
Damit die unersetzlichen und effizienten Bestäuber auch zukünftig als Ökosystemdienstleister fungieren können, sind der Schutz und die Förderung von naturnahen Lebensräumen im Kulturland zentral. Doch auch der Siedlungsraum, der durch seine Lebensraumvielfalt auf kleinem Raum eine Vielzahl an Arten beherbergen kann, bietet Potenzial für den Wildbienenschutz. Jeder von uns kann blütenreiche Lebensräume und Nisthilfen in seinem Garten oder auf dem Stadtbalkon schaffen und so einen Beitrag zur Wildbienenförderung leisten.
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Hohlraumbewohner mit Ansprüchen
Die Arten, die sich an Insektenhotels beobachten lassen, gehören zu den Hohlraumbewohnern, die in der Natur ihre Nester in Insektenfrassgängen in Totholz oder in hohlen Pflanzenstängeln anlegen. «In Mitteleuropa sind es etwa 14 Prozent aller Wildbienenarten, die potenziell von einer gut gemachten Nisthilfe mitunterschiedlich grossen Hohlräumen profitieren», erklärt Herr Heller. Damit gekaufte oder selbst gebaute Bienenhotels einen Nutzen haben, gilt es, die grundlegenden Ansprüche von Wildbienen zu beachten.
Um Baumaterial für ihre Brutzellen zu sparen, nutzen die kleinen Insekten Gänge, in die sie sich gerade noch so hineinquetschen können. Sehr wichtig ist es deshalb, Hohlräume mit unterschiedlichen Durchmessern von zwei bis maximal neun Millimetern anzubieten, die von verschieden grossen Wildbienenarten genutzt werden können. Sind nur grössere Löcher vorhanden, werden diese fast ausschliesslich von der bereits häufig vorkommenden Gehörnten Mauerbiene und der Rostroten Mauerbiene besiedelt.
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Damit Hohlraumbrüter die künstlichen Höhlen annehmen, müssen die Gänge, in denen die Brutzellen angelegt werden, hinten unbedingt geschlossen sein. Geeignete Füllmaterialien für die Nisthilfe sind hohle Halme und Pflanzenstängel wie Bambus, Schilf oder Naturstroh, deren Verdickungen im Halm den Hohlraum nach hinten hin natürlich verschliessen. Wichtig ist, dass die Eingangspforte der Stängel nicht ausgefranst ist, denn solche Röhren werden in der Regel weniger gern angenommen.
Ebenso eignen sich Hartholzblöcke aus Eiche, Esche, Buche oder Apfelbaum, um Gänge für die Bienen hineinzubohren. Weichholz, das beim Bohren fasert, und Nadelgehölz mit seinem hohen Harzgehalt sind dagegen ungeeignet. Bei Holzbohrungen sollte beachtet werden, nicht in die Stirnseite, also die Fläche, die die Jahresringe zeigt, zu bohren, sondern immer quer zu den Holzfasern, da sich ansonsten Risse an den Gängen bilden können. Diese Gänge werden, da sie Pilzen und Parasiten leichten Zugang gestatten, von Wildbienen instinktiv nicht angenommen.
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Viele Arten legen selbst Hand an
Der Grossteil der Wildbienenarten zieht allerdings nicht in vorgefertigte Gänge ein, sondern baut sie kurzerhand selbst. Die Hälfte der einheimischen Wildbienenarten legen ihre Nester in selbst gegrabenen Gängen im Boden an. Diese Arten brüten natürlicherweise auf wenig bewachsenen und gut besonnten Bodenstellen. Für sie lassen sich Nisthilfen schaffen, indem wir im Garten lückig bewachsene oder komplett offene Bodenflächen erhalten und dort regelmässig den Bewuchs entfernen. Zusätzlich können Sandkästen oder Sandhügel aus natürlichem, ungewaschenem Sand oder aus einem Sand-Erde-Gemisch gewissen Wildbienenarten einen Brutplatz bieten.
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Neben den Bodenbrütern gibt es Markstängel-Bewohner, die sich mit Hilfe ihrer Mundwerkzeuge ihre Gänge im Inneren von markhaltigen Pflanzenstängeln bauen. In der Natur werden einzeln und senkrechtstehende Stängel oder abgestorbene Ranken in Brombeergebüschen besiedelt, bei denen das Mark freizugänglich ist. Um diese Bienenarten zu unterstützen, können einzelne, etwa 50 Zentimeter lange Stängel senkrecht an verschiedenen Standorten angebunden oder in Beete und Blumentöpfe gesteckt werden. Pflanzen wie Brombeeren, Disteln, Königskerzen oderSonnenblumen eignen sich gut dazu.
Auch in Steilwänden wie Uferhängen, Abbruchkanten oder Sandsteinfelsen graben manche Arten ihre Gänge. Im Siedlungsraum befinden sich solche Nester in altem und mürbem Gemäuer oder in Lehmverputz. Da diese Nistmöglichkeiten immer seltener werden, sollten noch vorhandene unbedingt erhalten werden. Künstliche Steilwände im Miniformat lassen sich jedoch auch selbst herstellen. Auf der Website von www.wildbee.ch sind Bauanleitungen für künstliche Steilwände zu finden und viele weitere nützliche Hinweise zum Bau von Nisthilfen.
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Ohne Blumen nichts los
«Für einige Arten sind gut gemachte Nisthilfen durchaus nützlich», erklärt Herr Heller. «Als alleinige Massnahme trägt das Aufstellen künstlicher Nisthilfen aber wenig zur Förderung artenreicher Bienengemeinschaften bei.» Wichtiger sei es, dafür zu sorgen, dass in der Umgebung ausreichend Nahrung in Form eines grossen, vielfältigen und kontinuierlichen Blüten-angebots vorhanden ist. Wildsträucher wie Weiden, Schwarz- oder Weissdorn sowie heimische Stauden wie Klee, Glockenblumen, Disteln oder Ziest im Garten oder auf dem Balkon bieten Wildbienen eine Nahrungsgrundlage. Kleinstrukturen zu erhalten und zu schaffen und auf den Einsatz von Pestiziden zu verzichten, sind weitere wertvolle Möglichkeiten, einheimische Wildbienenarten und andere Insekten zu unterstützen.
Auch wenn künstliche Nisthilfen und Insektenhotels im Trend liegen, sollte ihr Kauf deshalb nicht als Schnelllösung gegen das Insektensterben verstanden, sondern als begleitende Massnahme gesehen werden. Ein kleiner, wilder Naturgarten mit vielfältigen Strukturen, Totholz, Steinhaufen, Sandgruben, Trockenmauern und einem hohen Anteil an heimischen Blütenpflanzen ist die wertvollste Form der Wildbienenhilfe.
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Augen auf beim Hotelkauf
Viele der im Handel erhältlichen Nisthilfen sind überteuert und nicht an die Bedürfnisse von Wildbienen angepasst. Bei folgenden Eigenschaften am Bienenhotel werden, wenn überhaupt, nur wenige Tiere einziehen.
• Zu grosse und einheitliche Hohlräume: Gänge mit einem Durchmesser von mehr als neun Millimetern werden in der Regel kaum besiedelt. Eine einheitliche Lochgrösse bietet nur wenigen Arten einen Nistplatz.
• Ungeeignete Füllmaterialien: Tannenzapfen, Holzwolle, Stroh, Schneckenhäuser oder Lochziegel haben in einer Nisthilfe keinen ökologischen Wert für Wildbienen und werden nie besiedelt.
• Ausgefranste Pflanzenstängel und faserige Bohrlöcher: Diese werden von Wildbienen tendenziell gemieden, da die querstehenden Fasern den Zugang zum Nest versperren können.
• Bohrlöcher im Stirnholz: Beim Bohren in Stirnholz bilden sich Risse beim Trocknungsvorgang. Gänge mit Rissen werden kaum besiedelt.
Mehr Informationen über die Wildbienenförderung gibt es auf dem Infopool der Bienenfachstelle des Kanton Zürichs.
https://www.bienenfachstelle-zh.ch/infopool/
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