Kaum ein Tier ist so hartnäckig mit einem Irrglauben verbunden wie der Lemming. Seit Jahrzehnten hält sich das Gerücht, dass sich diese kleinen Nagetiere in Massen von Klippen stürzen, um ihren eigenen Bestand zu regulieren. Doch diese Vorstellung ist nicht nur falsch, sie wurde sogar bewusst in die Welt gesetzt.

Der Ursprung des Mythos reicht bis ins Jahr 1958 zurück, als Disney in der Dokumentation «White Wilderness» eine dramatische Szene zeigte: Eine grosse Gruppe von Lemmingen stürzt sich in einen Fluss, was wie ein Massensuizid wirkt. Später kam jedoch ans Licht, dass die Filmemacher die Tiere absichtlich zusammengetrieben und in den Tod gestossen hatten, um eine spektakuläre Aufnahme zu erzeugen. Diese Inszenierung prägte das Bild des «suizidalen Lemmings» über Jahrzehnte hinweg.

Die Wahrheit hinter der Inszenierung

In Wahrheit sind Lemminge keineswegs suizidgefährdet. Ihre Population unterliegt starken Schwankungen, und wenn es zu viele Tiere gibt, machen sich einige auf die Suche nach neuen Lebensräumen. Bei diesen Massenwanderungen kann es passieren, dass sie Flüsse oder gefährliches Gelände überqueren müssen. Manche Tiere sterben dabei – jedoch nicht aus Absicht, sondern weil sie erschöpft sind oder die Strömung zu stark ist. Andere schaffen es jedoch und besiedeln neue Gebiete, was letztlich das Überleben der Art sichert.

Trotz der wissenschaftlichen Fakten hält sich das falsche Bild hartnäckig. In manchen Kulturen wurde der Lemming sogar zum Symbol für blinden Gehorsam und Massenbewegungen, was dem Tier jedoch nicht gerecht wird. Tatsächlich sind Lemminge extrem anpassungsfähig und spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem der Tundra. Sie sind keine selbstmörderischen Wesen, sondern beeindruckende Überlebenskünstler, die den extremen Bedingungen ihrer Heimat trotzen.