Ameisenbären gehören biologisch gesehen zur Ordnung der Zahnarmen. Anders als die Faultiere, die auch in diese Gruppe gehören, haben sie tatsächlich keine Zähne. Stattdessen ist ihr Kiefer zu einer langen Röhre zusammengewachsen, an dessen Ende sich ein vergleichsweise winziges Maul befindet. Darin: eine rund 60 Zentimeter lange Zunge, an der Termiten und Ameisen prächtig haften bleiben. Bis zu 35 000 Insekten brauchen die Tiere jeden Tag, um satt zu werden. Das gibt eine Menge Zungenarbeit.

Und so geht’s

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Der Ameisenbär hat starke Krallen an seinen Vorderpfoten. Damit bricht er Öffnungen in Ameisen- und Termitenbauten. Dann lässt er seine Zunge in das Nest schnellen und zieht sie insektenbeladen wieder in sein Maul zurück. Er muss sich dabei beeilen, denn die Ameisen wehren sich, nachdem sie den anfänglichen Schock überwunden haben, und setzen Körpergifte gegen den Eindringling ein. So hat der Ameisenbär nur eine gute halbe Minute Fresszeit pro Bau, danach muss er sich den nächsten suchen. Immerhin: So stellt er sicher, dass er eine Insektenkolonie nicht gänzlich ausrottet, und kann später aufs Dessert zum Nest zurückkehren.

Steckbrief
Kopf-Rumpf-Länge: 100–140 cm
Schwanzlänge: 60–90 cm
Gewicht: 22–40 kg
Krallen: 10–15 cm
Zunge:  bis 60 cm

Wehrhafte Gesellen …

Mit dem Grossen Ameisenbären ist nicht zu spassen. Das wissen wohl auch die Jaguare und Pumas Lateinamerikas, für die so ein Ameisenbär ein ziemlicher Happen ist. Forschende haben festgestellt, dass die Raubkatzen den Ameisenbären durchaus jagen, jedoch ziemlich selten. Kein Wunder: Fühlt sich der Grosse Ameisenbär bedroht, richtet er sich auf den Hinterbeinen auf und fuchtelt mit seinen krallenbewehrten Vorderpfoten durch die Luft.

… und doch wehrlos

Gegen den Menschen kann der Grosse Ameisenbär kaum etwas ausrichten. Einerseits ist das Tier ein guter Fleischlieferant, auch wenn dieses nicht besonders schmecken soll. Andererseits gibt es viele Probleme auf Strassen, wo Ameisenbären den Tod unter einem Auto finden. Auch Wald- und Buschbrände setzen dem Bestand zu. Hauptursache für den Populationsrückgang ist allerdings die Rodung des Regenwaldes für Siedlungen und Landwirtschaftsflächen. Die Weltnaturschutz-Union IUCN stuft den Grossen Ameisenbären als «gefährdet» ein.

Sein Lebensraum

Der Grosse Ameisenbär ist ein echter Latino. Von Honduras abwärts bis in den Norden Argentiniens ist er in fast allen Ländern Mittel- und Südamerikas anzutreffen. Er passt sich recht gut an unterschiedliche Landschaftstypen an, so kommt er sowohl in trockenen Savannen als auch in Regenwäldern und Sümpfen gut zurecht. Hauptsache, es gibt genügend Ameisen und Termiten in seinem Lebensraum.

Der Grosse Ameisenbär kann schlecht klettern. Er sucht morgens und abends am Boden nach Nahrung. In der Mittagshitze verkriecht er sich lieber in Erdkuhlen unter Büschen. Die Tiere sind einzelgängerisch und territorial. Ihr Revier markieren sie, indem sie mit ihren Krallen Kratzspuren in der Rinde von Bäumen hinterlassen.

Die Verwandtschaft

Neben dem Grossen Ameisenbären (Myrmecophaga tridactyla) leben heute noch drei weitere Ameisenbären-Arten. Der Nördliche Tamandua (Tamandua mexicana), der Südliche Tamandua (Tamandua tetradactyla) sowie der Zwergameisenbär (Cyclopes didactylus). Sie sind alle ebenfalls in Mittel- und Südamerika zu Hause.

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