Zum ersten Mal ist Astronomen die Aufnahme eines Schwarzen Lochs gelungen. Das Bild des Event-Horizon-Teleskopnetzwerks, das einen dunklen Fleck vor einem verschwommenen leuchtenden Ring zeigt, wurde am Mittwoch zeitgleich auf sechs Pressekonferenzen rund um den Globus präsentiert.  

Die Ergebnisse dieser internationalen Kollaboration seien eine grosse wissenschaftliche Leistung und stellen einen Paradigmenwechsel in unserem Verständnis von Schwarzen Löchern dar, frohlockt die EU-Kommission in einer Medienmitteilung. Einsteins Relativitätstheorie sei bestätigt. «Schwarze Löcher waren lange der Stoff unserer Träume und unserer Neugier. Heute ist ihre Existenz nicht mehr nur ein theoretisches Konzept», sagte EU-Forschungskommissar Carlos Moedas.    

Bislang gab es von Schwarzen Löchern nämlich nur Illustrationen. Bei dem aufgenommenen Exemplar handelt es sich um das extrem massereiche Schwarze Loch im Zentrum der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie Messier 87.  

Um in dieser gigantischen Entfernung noch ausreichende Details erkennen zu können, hatten die Forscher acht Einzelobservatorien auf vier Kontinenten rechnerisch zu einem Superteleskop zusammengeschlossen. «Die Ergebnisse geben uns zum ersten Mal einen klaren Blick auf ein Supermassereiches Schwarzes Loch», betonte Anton Zensus, Direktor am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Dort wurden die Daten der beteiligten Radioteleskope kombiniert.      

Durch ihre extreme Masse lassen Schwarze Löcher noch nicht einmal das Licht entkommen, dadurch sind sie praktisch unsichtbar. Allerdings bildet sich um sie herum eine Gas- und Staubscheibe, auf der neue Materie in den Raumzeitschlund strudelt. Diese Materie dreht sich immer schneller, wird dabei durch Reibung extrem heiss und leuchtet hell auf. Die Teleskope fotografierten das SchwarzeLoch vor dieser sogenannten Akkretionsscheibe – das charakteristische Leuchten ist in rot in der jetzt vorgelegten Aufnahme zu sehen.    

Das Bild sei eine Bestätigung von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie unter den extremsten Bedingungen des Universums, berichtete Karl Schuster, Direktor des Instituts für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM), das an der Beobachtungskampagne beteiligt war.

Grosser Herausforderung
Die grosse technische Herausforderung hinter diesem Durchbruch sei gewesen, so viele Radioteleskope so exakt zusammenzuschalten, sagt Radioastronomin Susanne Wampfler von der Universität Bern im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zwar wurde die Methodik bereits früher genutzt, für das Event Horizon Telescope (EHT) habe man aber eine deutlich höhere Empfindlichkeit erreicht als bisher, weil man das Alma-Teleskop in Chile neu mit eingeschlossen habe.    

Schlüssel für die Auflösung des aus Radioteleskopen an acht Standorten auf der Welt bestehenden EHT ist der Abstand zwischen diesen Standorten. Je grösser der maximale Abstand, desto grösser der Durchmesser des «virtuellen» Riesenteleskops und desto entferntere und kleinere Objekt lassen sich damit beobachten. Alma vergrösserte den Abstand und damit die Grösse und Empfindlichkeit des EHT deutlich.    

Nun da diese Aufnahme gelungen sei, eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Forschung, erklärt Wampfler. «Man wird nun sicher die Eigenschaften von Schwarzen Löchern genauer untersuchen, beispielsweise wie sie sich über die Zeit verändern und wie sie sich Masse einverleiben.» Durch diese Beobachtungen können Astrophysikerinnen und Astrophysiker verschiedene Theorien prüfen: neben Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie auch alternative Gravitationstheorien.    

Es gebe bereits Überlegungen, mithilfe eines weiteren Radioteleskops in Grönland ein noch empfindlicheres Riesenteleskop zu schaffen. Es gebe auch die Idee, eines auf dem Mond zu errichten, sagte die Radioastronomin. Damit könnten Forschende dem Geheimnis Schwarzer Löcher noch genauer auf den Grund gehen.

Übereinstimmung mit Simulationen  
Mit den Beobachtungen, die auch im Fachblatt «Astrophysical Journal» vorgestellt werden, hoffen die Forscher zahlreiche grundlegende Fragen zu beantworten, darunter: Sehen Schwarze Löcher so aus wie von der Theorie erwartet? «Wir waren ehrlich gesagt überrascht, wie gut der beobachtete dunkle Fleck mit der aus unseren Computersimulationen vorhergesagten Struktur übereinstimmt», sagt Zensus.  

Der experimentelle Durchbruch öffne die Tür zu einer Vielzahl neuer Beobachtungen, die unbekannte Details der kosmischen Schwerkraftfallen enthüllen könnten, erläuterte Schuster. «n Zukunft möchten wir auch die Dynamik der einstrudelnden Materie untersuchen. Im Grunde möchte man einen Film davon machen.»