Was in der Finanzwelt eine gängige Methode ist, gilt künftig vermehrt auch im Wald: Diversifikation soll dafür sorgen, dass der Schweizer Wald den klimatischen Veränderungen zu trotzen vermag. Gefördert werden zudem jene Baumarten, die sich auch in Zukunft an den jeweiligen Standorten wohl fühlen dürften. 

Als Entscheidungshilfe für die Förster, was wo wachsen soll, gibt es eine neue Baumarten-App. Sie wurde im Rahmen des nationalen Forschungsprogramms «Wald und Klimawandel» geschaffen und am Mittwoch in Luzern vorgestellt.

Die «Tree App» kommt bei Eingriffen im Wald, also nach einem Sturm oder einem Holzschlag, zum Einsatz, wie Bruno Röösli, Abteilungsleiter Wald beim Kanton Luzern, erklärte. Der Kanton kennt 127 sogenannte Waldgesellschaften, die die Qualität der Umwelt aus Sicht der Bäume, etwa bezüglich Wasser oder Nährstoffe, in den einzelnen Waldabschnitten beschreiben.

Zwei Zukunft-Szenarien  
Sämtliche Wälder sind entsprechend kartografiert, Förster können diesen Ist-Zustand heute auf Plänen einsehen. Entsprechend dazu gibt es Baumarten-Empfehlungen für die jeweiligen Standorttypen, doch stammen diese aus den 70er und 80er-Jahren und wurden unter der Annahme getroffen, dass sich das Klima nicht verändert.

Die App ergänzt den aktuellen Zustand mit zwei Szenarien, wie der Wald Ende des 21. Jahrhunderts aussehen könnte – bei mässiger und starker Erwärmung. Er zeigt an, welche Baumarten im Hinblick auf die veränderten klimatischen Bedingungen beibehalten, welche neu gepflanzt und welche reduziert werden sollen.

Gut sei, wenn es bei der Baumempfehlung grosse Überlappungen geben, erklärte Peter Brang von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Empfiehlt die App dagegen, andere Baumarten zu pflanzen oder gedeihen zu lassen, weist das darauf hin, dass der aktuelle Bewuchs am Standort die Leistungen des Waldes langfristig nicht sicherzustellen vermag.

Die Datengrundlage, auf der die App basiert, sind eine schweizweite feinmaschige Modellierung des Klimas sowie der Vegetationsstufe. Letztere dürfte sich gegen Ende des 21. Jahrhunderts 500 bis 700 Meter gegen oben verschieben. Wo heute bloss Nadelholz wächst, könnten künftig Laubbäume gedeihen.

Weitere Bestrebungen  
Während also etwa die Fichte ganz verschwinden dürfte, profitieren etwa Eichen, Linden, Kirschbäume oder Föhren langfristig. Sie sind besser an die Trockenheit angepasst. Entsprechend gilt es, den Laubholzanteil zu erhöhen.

Um den Wald fit für die Zukunft zu trimmen gibt es laut Peter Brang weitere Bestrebungen, etwa kleinflächigere Eingriffe beim Holzen oder die frühere Nutzung gefährdeter Wälder. Alte Bäume sind nämlich anfälliger für Borkenkäfer, tragen eher Schäden davon bei Trockenheit oder Stürmen.

Auch auf Ebene der Genetik teste man Lösungen, etwa wie sich die Samenherkunft auf die Widerstandsfähigkeit einer Baumart auswirkt. Forstliches Vermehrungsgut lautet der Fachbegriff. So könne es nämlich sein, dass sich etwa eine Buche im Wallis über die Jahrhunderte besser an Trockenheit angepasst habe als ihre Artgenossin anderswo.

Diesbezüglich habe der Bund jüngst das Projekt einer Testpflanzung in Angriff genommen, sagte Michael Reinhard vom Bundesamt für Umwelt (Bafu). An 50 bis 60 Standorten im ganzen Land werden 18 verschiedene Baumarten gepflanzt und während 30 bis 50 Jahren beobachtet. Von jeder Art werden Bäume mit sieben verschiedenen Herkünften gepflanzt.

Die neue App wird im Rahmen der 25. Internationalen Forstmesse vorgestellt. Diese findet alle zwei Jahre statt, heuer vom 15. bis 18. August in Luzern. Zugegen sind rund 250 Aussteller, dazu werden die Schweizermeisterschaften in Holzhauerei und im Sportholzfällen ausgetragen.