Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, zur Zeit des grossen Goldrauschs in Kalifornien, sollte er gebaut werden, der Nicaragua-Kanal, der den Atlantik mit dem Pazifik verbinden sollte. Dass es bisher nie so weit kam, ist einem anderen Projektvorschlag geschuldet, der damals das Rennen gemacht hatte: Der Bau des Panamakanals machte die Querverbindung durch Nicaragua überflüssig.

Die Auswirkungen sind deutlich: Heute beträgt das Pro-Kopf-Bruttoinlandprodukt Panamas das Fünffache desjenigen von Nicaragua, dem zweitärmsten Land Lateinamerikas. Um einen wirtschaftlichen Umschwung einzuleiten, liebäugelt Nicaragua nun damit, das einst verworfene Projekt wieder aufzunehmen: Der Nicaraguakanal soll doch noch gebaut werden. Übernehmen will den Bau die chinesische HKND Group, kosten soll er 50 Milliarden Dollar. Und neben dem Kanal sollen gleich auch noch zwei Häfen, eine Eisenbahnverbindung, ein internationaler Flughafen und eine Freihandelszone entstehen.

400'000 Hektaren Regenwald vor Zerstörung
Umweltschützer sind nicht einverstanden mit dem geplanten Bau. Sie haben am Montag auf einer Tagung in der Hauptstadt Managua vor den Gefahren des Nicaraguakanals für das Ökosystem des Landes gewarnt.

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 Mögliche Kanalstrecken durch Nicaragua (rot) und der Panamakanal (blau).
 Bild: Soerfm/wikimedia.org/CC-BY-SA

Die Wasserstrasse zwischen Atlantik und Pazifik würde ihrer Ansicht nach Naturschutzgebiete schädigen und bedrohte Tierarten in Gefahr bringen. So seien Ameisenbär, Königsadler und Puma in der Region vom Aussterben bedroht, sollte der Kanal wie geplant gebaut werden, sagte der stellvertretende Leiter des Humboldt-Zentrums, Víctor Campos. 

Bereits im Februar hatten Umweltforscher im Fachjournal «Nature» Einwände gegen das Projekt veröffentlicht. Rund 400'000 Hektaren Regenwald und Feuchtgebiete würden gemäss den Wissenschaftlern durch den Kanalbau zerstört werden. Und nicht nur Tiere würden unter dem Bau leiden, sondern auch die indigenen Völker der Rama, Garifuna, Mayangna, Miskitu und Ulwa.