Neue Studie zeigt: Schon geringe Mengen können Bienen und Fischen schaden

Pflanzenschutzmittel sollen Nutzpflanzen vor Schädlingen, Krankheiten und Unkraut schützen. Doch immer häufiger zeigen Forschungen, dass sie auch anderen Lebewesen zusetzen – etwa Bestäubern oder Fischen. Eine neue Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zeigt nun: Selbst geringe Konzentrationen können das Verhalten dieser Tiere deutlich verändern – mit Folgen für ganze Ökosysteme.

Unbeabsichtigte Opfer

Obwohl der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft streng geregelt ist, kommen Wildtiere fast unvermeidlich mit ihnen in Kontakt. «Wildbienen und andere Bestäuber können kurz nach dem Spritzen mit hohen Konzentrationen in Berührung kommen. Auch aquatische Tiere sind gefährdet, wenn Regen die Mittel in Bäche und Seen spült», erklärt der Biologe Prof. Dr. Martin von Bergen, einer der Studienleiter.

Zwei Lebensräume im Blick

Für ihre Untersuchung wählten die UFZ-Forschenden einen besonderen Ansatz: Sie betrachteten sowohl Bestäuberinsekten als auch Fische – also Tiere aus ganz unterschiedlichen Lebensräumen. Als Modellorganismen dienten die Honigbiene (Apis mellifera) und der Zebrabärbling (Danio rerio).

«Pflanzenschutzmittel wirken nicht immer tödlich auf Nicht-Zielorganismen», betont Cassandra Uthoff, Doktorandin am UFZ und Erstautorin der Studie. «Je nach Art des Pflanzenschutzmittels können aber bereits geringe Konzentrationen ihre Gesundheit schädigen oder sie in ihrem Verhalten so beeinträchtigen, dass sich dies negativ auf das Individuum, die Population und damit letztlich sogar auch auf die Biodiversität des Ökosystems auswirken kann.»

Bei den Honigbienen stellten die Forschenden fest, dass Insektizide die Futtersuchaktivität und Nektarverarbeitung verringern. Herbizide und Fungizide führten zu weniger intensiver Brutpflege. «Solche Veränderungen können die Stabilität der Kolonie und ihre Bestäubungsleistung beeinträchtigen», so Uthoff.

Auch Fische reagieren empfindlich

Wie sich Pflanzenschutzmittel auf Fische auswirken, testete das Team an Zebrafisch-Embryonen. Diese Methode erlaubt es, neurotoxische Effekte frühzeitig zu erkennen, indem Lern- und Gedächtnisprozesse über das Verhalten der Embryonen gemessen werden.

Die Tiere wurden sowohl einzelnen Substanzen als auch einem realistischen Chemikaliengemisch aus Insektiziden, Herbiziden und Fungiziden ausgesetzt – so, wie es typischerweise in europäischen Gewässern vorkommt. Schon niedrige Konzentrationen führten zu klaren Verhaltensänderungen. Interessanterweise zeigten die Fische bei unterschiedlichen Konzentrationen unterschiedliche Reaktionen: Bei niedriger Dosis verhielten sie sich wie unter Einfluss eines Herbizids, bei höherer Dosis wie unter Einfluss eines Fungizids.

«Die Arbeit zeigt auch, dass Chemikaliengemische bereits in umweltrelevanten Konzentrationen komplexe Verhaltensänderungen hervorrufen können», sagt Prof. Dr. Tamara Tal, Mitautorin der Studie. «Zum besseren Schutz der Tiere in der Umwelt brauchen wir deshalb Regularien, die Grenzwerte auf Basis des kumulativen Risikos festlegen.»

Mehr Realität in der Risikobewertung

Die Forschenden fordern, dass Verhaltenstests stärker und differenzierter in die Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln einfliessen sollten. Bisher sind solche Tests zwar teilweise vorgesehen, aber oft zu simpel und nicht verpflichtend.

«Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die ökologischen Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln weitreichender sind, als bisher angenommen», sagt von Bergen. «Ein umfassender Blick auf das Verhalten der Tiere ist entscheidend, um Nicht-Zielorganismen besser zu schützen und die Biodiversität in Agrarlandschaften zu erhalten.»