In Bern werden drei Gruppen finanziert, die humanbasierte In-vitro-Modelle entwickeln, um Krebserkrankungen, Lungenfibrose und den Austausch von Medikamenten zwischen Mutter und Kind zu untersuchen. Alle drei zielen darauf ab, Ansätze mit lebenden Tieren durch Methoden mit Zellen von Patienten zu ersetzen. Solche neuartigen Methoden verringern nicht nur den Tierverschleiss, sie sind auch zuverlässiger, reproduzierbarer und relevanter für den Menschen.

Alles eine Frage des Budgets
3RCC hätte gern mehr der eingereichten, vielversprechenden Projekte gefördert, die innovative Lösungen zur Verbesserung oder zum Ersatz von Tierversuchen versprachen, wie das Zentrum am Mittwoch mitteilte. Allein: Das Budget war begrenzt.

Fast 100 förderungswürdige Projekte eingereicht
Das 3RCC, das von den Universitäten, der Industrie, den Behörden und dem Schweizer Tierschutz unterstützt wird, erhielt 96 Anträge für seinen zweiten Call zur Einreichung von Projekten, was im Vergleich zum letzten Jahr fast einer Verdoppelung entspricht. Die Gesuchsteller aus mehr als 20 verschiedenen Schweizer Institutionen beantragten insgesamt 29 Millionen Franken an Forschungsförderung.

Die Hälfte der Projekte betrafen den Ersatz, 30 Prozent die Verfeinerung und 20 Prozent die Reduktion von Tierversuchen. Die 26 zur vollständigen Einreichung eingeladenen Projekte beantragten insgesamt 8 Millionen Franken. Aus diesen Vorschlägen – laut 3RCC «von durchwegs ausgezeichneter Qualität» – wurden vier Projekte ausgewählt, die den grössten Einfluss auf die Umsetzung des 3R-Prinzips versprechen und gleichzeitig die höchste wissenschaftliche Qualität und grössten Nutzen gegenüber
existierenden Methoden bieten.

«Es ist nicht zielführend und sehr bedauerlich, dass das 3RCC aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden, bescheidenen Mittel in diesem Bereich nur eine Handvoll Projekte finanzieren kann», sagt Rolf Hanimann, Interimsdirektor des 3RCC.

 

Lunge auf Mikrochip
Im ersten geförderten Projekt werden menschliche Lungenzellen für eine neue Generation von In-vitro-Modell, einem sogenannten Organ-on-a-Chip gezüchtet. Dies soll ermöglichen, experimentelle Lungen-Medikamente patientenrelevanter zu testen. Früher hatten oft Medikamente, welche bei Labormäuse gewirkt hatten, an Menschen nicht den erwünschten Effekt.

Olivier Guenat vom ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern und Thomas Geiser von der Universitätsklinik für Pneumologie verwenden bei der Lung-on-Chip-Technologie Patientenzellen, die auf einem Mikrochip kultiviert werden. Dadurch können die Forschenden relevante klinische Informationen über den fibrotischen Prozess im Menschen generieren.

Echte Plazentaschranke statt nur Modell
Im zweiten geförderten Projekt ging es um die Frage, welche Medikamente die Plazentaschranke überwinden und vom mütterlichen auf den fetalen Organismus übergehen und diesen womöglich schädigen. Dafür schaffen Christiane Albrecht vom Institut für Biochemie und Molekularmedizin der Universität Bern (IBMM) und ihr Team aus Zellen der Plazenta der Mutter und aus der Nabelvene des Kindes ein dreidimensionales System. Die Resultate sind zuverlässiger als frühere Methoden mit potentiell unsterblichen Zellen.

Züchtung von Krebs-Organoiden
Der dritte Beitrag fördert die Züchtung von Organoiden. Mit Hilfe dieser kleinen dreidimensionalen Zellstrukturen, die aus dem Gewebe von Patienten gewonnen werden, wollen Marianna Kruithof-de Julio und Mark Rubin am Department for BioMedical Research (DBMR) untersuchen, wie Tumore wachsen, auf Medikamente ansprechen und Resistenzen gegen Therapien entwickeln.

Weniger Mäuseverschleiss durch bessere Analyse
Im vierten geförderten Projekt entwickeln Johannes Bohacek vom Institut für Neurowissenschaften an der ETH Zürich und sein Team Tools für maschinelles Lernen, um das Verhalten von Labornagern besser analysieren zu können. Dadurch soll die Anzahl der verwendeten Tiere reduziert und das Wohlbefinden von Tausenden von Versuchsmäusen jedes Jahr verbessert werden.