Eine dieser vermeintlich weltrettenden Ideen ist das Pflanzen von Bäumen, die Kohlendioxid absorbieren und speichern. Sie stösst besonders bei Grosskonzernen auf offene Ohren, darunter Energieriesen wie Shell, BP und ENI.

«Wir stehen vor einer globalen Klimakrise und Bäume gehören zu den effektivsten Mitteln, Kohlendioxid aufzunehmen», sagt Marc Benioff, Gründer des auf Datenspeicherung im Internet spezialisierten Unternehmens Salesforce.

Selbst notorische Klimaskeptiker wie US-Präsident Donald Trump unterstützen eine Initiative zur Pflanzung von einer Billion Bäume, die im vergangenen Jahr nach ihrer Vorstellung durch Forscher der ETH Zürich als Königsweg im Kampf gegen die Erderwärmung gefeiert wurde. Der Plan regt an, knapp eine Milliarde Hektar Land aufzuforsten – eine Fläche grösser als die USA.

Unternehmen nutzen diese Klima-Initiative häufig als System, um zu «kompensieren», dass sie weiter Kohlendioxid in die Atmosphäre pusten dürfen. Doch die Studie, die im vergangenen Jahr im Wissenschaftsmagazin «Science» erschien, steht massiv in der Kritik. Andere Forscher bezeichneten sie als «wissenschaftlich falsch» und «gefährlich irreführend».

Aufforstung könne im Kampf gegen den Klimawandel hilfreich sein, «aber es ist Zeit, damit aufzuhören zu behaupten, dass es eine ‹naturgegebene Lösung› für den anhaltenden Verbrauch von fossilen Brennstoffen gibt», warnt der Chef der Climate Dynamics Group an der Universität Oxford, Myles Allen. «Die gibt es nicht.»

Überschätzte CO2-Speicherkapazitäten
Zur langen Liste der Schwachstellen der Studie zählt laut Allen und anderen Wissenschaftlern, dass die CO2-absorbierenden Fähigkeiten von Bäumen überschätzt werden. Zudem sei auch übersehen worden, dass das für die Aufforstung nötige Land vielmehr für den Anbau von Nahrungsmitteln gebraucht wird.

Die Autoren der Studie verteidigen ihre Ergebnisse. Aber sie beschreiben sie inzwischen vielmehr als Gedankenexperiment als einen Plan zum Handeln.

«Greenwashing ist Falschinformation, ein Verwischen der Realität», sagt Jennifer Morgan von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Doch «angesichts der Dringlichkeit des Klimanotstands haben wir keine Zeit mehr für Schönfärberei».

Trotzdem bleibt Greenwashing eine beliebte Strategie. Microsoft verkündete in der vergangenen Woche einen Plan, der den Software-Giganten nicht nur binnen zehn Jahren «kohlenstoffneutral» machen soll, sondern auch den gesamten ökologischen Fussabdruck seit seiner Gründung im Jahr 1975 ausgleichen soll.

Allerdings setzt auch dieses Vorhaben auf massive Aufforstung und Technologien, die es noch nicht in sinnvollem Ausmass gibt – wie Maschinen, die CO2 aus der Luft absaugen.

Vorne grün, hinten Klimakiller
Viel problematischer ist, dass Microsoft eng mit klimaschädlicher Industrie verbunden ist. So sind Messverfahren des Unternehmens für Öl- und Gaskonzerne wichtig, um die Förderleistung und Lieferprognosen zu berechnen.

«Man kann nicht auf der einen Seite behaupten, einen ambitionierten Klimaplan zu verfolgen, und sich dann weiter bei Industrien einschmeicheln, die der Kern der Krise sind», sagt Sriram Madhusoodanan von der Organisation Corporate Accountability.

Allerdings gibt es inzwischen Behörden und Institutionen, die sich Greenwashing nicht mehr gefallen lassen. Italiens Werbeaufsicht verhängte gegen den heimischen Öl- und Gasriesen ENI in der vergangenen Woche eine Strafzahlung von fünf Millionen Euro, weil er Konsumenten mit seiner Werbung zu «grünem Diesel» in die Irre führte.

Der Getränkehersteller PepsiCo versah in der vergangenen Woche seine Klima-Initiative gar selbst mit einem Warnhinweis. Er gab bekannt, bis Ende 2020 sein US-Geschäft komplett mit erneuerbarer Energie betreiben zu wollen. Doch im Kleingedruckten unter der Pressemitteilung schränkte der Konzern das Bekenntnis ein: Es handele sich dabei um «in die Zukunft gerichtete Äusserungen», in die Investoren nicht «übermässiges Vertrauen» setzen sollten.