Modrige, stehende Luft, Spinnweben streichen ins Gesicht, mit jedem Schritt sinken die Füsse mehr im Sumpf ein. Rundherum gedeihen aus dem Wasser Mauritia-Palmen. Philodendren ranken den Stämmen empor.

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Sicht über die Kronenschicht

Die Luftfeuchtigkeit am Boden des peruanischen Tieflandregenwalds im Departemento Madre de Dios beträgt nahezu 100 Prozent. Ganz anders ist es jetzt um die Mittagszeit auf der Plattform mitten im Palmensumpf, die erklommen werden kann. Hier zeigt das Hygrometer noch 30 Prozent an. Die Sicht reicht weit über den Palmensumpf hinaus über die sonnenbeschienene Kronenschicht des tropischen Regenwalds.

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Blick in die neue, fremde Welt

Aus einem abgestorbenen, schmalen Palmenstamm tönt ein stetes Kratzen. Plötzlich krächzen aus einer entfernten Palmenkrone Gelbbrustaras. Wenig später taucht ein schwarzer Schnabel aus der Tiefe des Palmstammes auf, bald darauf sitzt oben, wo die Palmenkrone abgebrochen ist, ein junger Gelbbrustara und lugt in die neue, fremde Welt hinaus. Seine Eltern locken ihn mit Krächzen.

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Die Welt der Aufsitzerpflanzen oder Epiphyten

Die zwischen 20 und 30 Meter hohe Kronenschicht des tropischen Regenwaldes ist ein eigener Kosmos mit guten Lichtverhältnissen sowie anderen Temperatur- und Luftfeuchtigkeitseinflüssen. Und die Pflanzenwelt ist grandios und vielfältig. Hier fühlen sich epiphytischen Pflanzen wie Farne, Bromelien, Tillandsien und Orchideen zu Hause. All diese Pflanzen halten sich mit ihren Wurzeln am Stamm fest, entziehen ihm aber keine Nahrung. Es sind also keine Schmarotzer. Sie profitieren aber von guten Plätzen in der lichtdurchfluteten Kronenschicht.

Der Wettlauf um Licht

Am Waldboden gedeihen nur wenige schattenliebende Pflanzen. Er ist von Laub bedeckt, in Senken bilden sich kleine Sümpfe. Nur wenn ein Baumriese umfällt und andere mit sich reisst, bildet sich ein Loch im Regenwald. Der Wettlauf der Pflanzen beginnt. Wer am schnellsten wächst und Blätter ausbildet, überlebt und ergattert sich einen Standort im Wald.

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So hoch wie das Berner Münster

Aus der Kronenschicht hinauswachsen die Überständer, riesige, bis zu 80 Meter hohe Bäume. Ein besonders grosser Baum ist der Gelbe Meranti, ein Flügelfruchtgewächs. Dieser Baum gedeiht auf Borneo und wird 90 bis 100 Meter gross, so hoch also wie das Berner Münster.

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Bromelientrichter als Tränken

Manche Tiere, die in der Kronenschicht leben, kommen kaum je auf den Waldboden. Tukane in Lateinamerika beispielsweise wurden dabei beobachtet, wie sie aus Bromelientrichtern tranken. In den Blattrosetten der Bromelien bilden sich kleine Miniteiche. Es handelt sich um Mikrohabitate. Sie werden von Amphibien und Insekten als Brutstätten genutzt.

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Belebte Kronenschicht

In Höhlen der Baumriesen brüten Vogelarten wie Papageien, Termiten krabbeln den Stamm auf und ab und bauen Nester an die Rinde, Faultiere hangeln sich im Zeitlupentempo durch das Astwerk, ganze Trupps von Affen rascheln im Laub.

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Wenn die Flut kommt

Im Überschwemmungswald, wie er in grossen Teilen Brasiliens am Oberlauf des Amazonas gedeiht, zieht sich das Leben während einigen Monaten gezwungenermassen in die Baumkronen zurück. Wenn der Amazonas viel Wasser führt, steigt der Pegel an, grosse Landflächen stehen dann unter Wasser. Auch der Jaguar lebt dann hauptsächlich in den wenige Meter aus dem Wasser ragenden Baumkronen.

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Canopea im Papiliorama

Der Mensch ist auf den Waldboden gebunden. Ohne Hilfe gelangt er nicht in die Kronenschicht. Dank Beobachtungstürmen, die in touristisch erschlossenen Gebieten errichtet wurden, ist das möglich.

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Neu wird sich auch in der Schweiz die Möglichkeit bieten, die tropische Regenwaldkronenschicht zu erkunden. Das Papiliorama in Kerzers plant nämlich mit Canopea eine weitere Halle. Dort soll ein Pfad durch die Kronenschicht des Regenwaldes führen. Aufsitzerpflanzen werden bereits in separaten Treibhäusern angezogen. Canopea ist Teil des Projekts «Papiliorama 2030+», das eine ganze Reihe von Erweiterungsbauten beinhaltet. Eine Perspektive von oben in die tropische Vegetation ist jetzt bereits in der Halle Jungle Treck möglich, welche den Wald des zentralamerikanischen Lands Belize zeigt. Und auch von dieser Waldbrücke aus ist es möglich, einen Blick auf den spektakulären Fischertukan oder auf Weissstirnamazonen zu erhaschen. Die kleinen, grünen Papageien verschwimmen im üppigen Laub, während der farbige, wuchtige Schnabel auf den Tukan hinweist.

papiliorama.ch

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