«Grounded»
Die Welt aus Sicht einer Ameise
Die Natur ist ein faszinierender, aber auch gefährlicher Ort, gerade, wenn man plötzlich auf die Grösse einer Ameise geschrumpft wird. Dies passiert dem Charakter im Videospiel «Grounded», der sich unvermittelt winzig und alleine im Garten hinter seinem Haus wiederfindet. Wie überlebt man Seite an Seite mit Insekten, Spinnen und Asseln?
Was ist das bloss für ein seltsamer Traum? Auf die Grösse einer Ameise geschrumpft, findet man sich im Hinterhof eines idyllischen Einfamilienhauses in einer Vorstadt wieder. Die Gräser erscheinen wie Bäume, die sonst so kleinen Kieselsteine sind zu Felsbrocken geworden. Es summt, brummt und knackt im unüberschaubaren Grün. Plötzlich bricht ein riesiger rot-schwarzer Koloss zwischen den Halmen hervor. Gross wie ein VW-Bus krabbelt ein Marienkäfer auf Sie zu.
Weglaufen oder das faszinierende Wesen von Nahem betrachten? «Freund oder Feind», das ist in den ersten Minuten des Videospiels «Grounded» eine zentrale Frage, denn der Spieler teilt seine Umwelt von Anfang an mit Spinnen, Bienen, Käfern und Milben. In einem Garten voller Gefahren muss er den Weg zurück zum Haus und schlussendlich auch zu seiner normalen menschlichen Grösse finden. Dabei begegnen ihm allerhand Lebewesen, denen sonst viel zu selten Beachtung geschenkt wird.
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Der Entwickler «Obsidian Entertainment» setzt bei «Grounded» auf beliebte Elemente aus anderen Survival-Spielen, bei denen es primär um das Überleben geht. Der Charakter im Spiel muss sich darum kümmern, Nahrung und Wasser zu finden sowie Ressourcen zu sammeln, um daraus allerhand Nützliches wie Waffen, Werkzeuge und andere Gegenstände herzustellen, sich einen Unterschlupf zu bauen und in der riesigen Spielwelt die Orientierung zu behalten. Das Besondere an «Grounded» ist jedoch, dass hier weder Zombies noch Monster oder andere Menschen die Welt bevölkern, sondern Tiere, die jeder kennt, allerdings in ungewohnt grosser Grösse.
Der Perspektivenwechsel auf die Ebene von Krabbeltieren ist das Geheimnis, was «Grounded» nicht nur für Naturfreunde zu einer wahren Augenweide macht. Und auch Spinnenphobiker können das Spiel in einem speziellen Modus geniessen, die auf ihre Angst vor den Achtbeinern Rücksicht nimmt. Das farbenfrohe Spiel kann sowohl allein als auch im Team, mit bis zu drei Miterkundenden, gespielt werden und ist für Xbox, Windows 10/11 sowie bei Steam erhältlich. Dr. Bryan Lessard, der australische Insektenexperte, gibt Auskunft, wie man neben Ameisen, Asseln und Blattläusen am besten überlebt, denn er weiss durch seine wissenschaftliche Arbeit, wie Fliegen ticken, Käfer schmecken und Spinnen jagen.
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Herr Lessard, Sie kennen sich bestens mit Krabbeltieren aus. Wenn ich plötzlich auf die Grösse einer Ameise geschrumpft werden würde, was wäre meine grösste Herausforderung?
Ich glaube, das grösste Problem wäre tatsächlich, dass man jederzeit gefressen werden könnte. Daher wäre das Wichtigste, möglichst schnell Schutz vor Fressfeinden zu finden, sich einen Unterschlupf oder ähnliches zu bauen, wo man sicher ist und auch seine Ausrüstung verstauen kann. Aus Gras, Blättern und Harz kann man sich eine geeignete Hütte bauen, deren Teile man bei Bedarf schnell ersetzen kann. Wenn es schnell gehen muss, kann man auch vorübergehend in ein Termiten- oder Bienennest einziehen, aber dann muss man sich natürlich vor den eigentlichen Bewohnern in Acht nehmen. Diese könnten nicht zuletzt auch die ganzen Vorräte auffressen, die man mühsam gesammelt hat.
Die Welt ist als kleines Wesen auf jeden Fall gefährlich. Wer wäre denn mein grösster Feind?
Vögel würden Sie bestimmt als leckere Mahlzeit sehen, aber auch Ameisenlöwen und Wolfspinnen gehören zu den Top-Prädatoren im Reich der Krabbeltiere. Weltweit gibt es über zehn Millionen Insektenarten! Viele davon sind Vegetarier, trinken Nektar und bestäuben Pflanzen, sind also sehr nützlich. Wenn Sie so klein sind wie eine Ameise, könnte es daher eine gute Idee sein, sich mit anderen harmlosen Insekten anzufreunden. Schliesslich ist es auch ganz schön einsam, als winziger Mensch in einem riesigen Garten ums Überleben zu kämpfen.
Dabei knurrt sicher auch bald der Magen. Wo könnte ich am einfachsten Nahrung finden?
Wenn Sie Glück haben, dann finden Sie vielleicht Kekskrümel, die jemand verloren hat. Die wären dann wahrscheinlich so gross wie Sie selbst und Sie könnten eine Weile davon leben. Beeren würden Sie mit Vitaminen versorgen, aber auch Proteine gehören zu einer ausgewogenen Ernährung. Insekten sind sehr nahrhaft, daher müssten Sie wohl oder übel auch welche jagen. Eine Blattlaus wird sich nicht gross zur Wehr setzen und könnte einen guten Braten ergeben. Insekten gehören schon heute bei rund zwei Milliarden Menschen weltweit wie selbstverständlich zum Speiseplan. Und sollten Sie eine Schwäche für Süsses haben, dann lohnt sich ein Ausflug in einen Bienenstock, um etwas Honig zu erbeuten. Aber nehmen Sie sich vor den Bienen und ihren Stacheln in Acht!
Bienen haben es gut, die sind ja bereits mit Waffen ausgestattet. Als winziger Mensch ist man recht wehrlos.
Sie brauchen auf jeden Fall auch eine Art Waffe, um sich gegen Angreifer verteidigen zu können. Ein einfacher Stock oder Stein genügt sicher zum Anfang. Zudem könnten Sie sich eine Rüstung basteln, zum Beispiel aus dem Exoskelett von Kellerasseln. Die Schalen von Eicheln kann man als Helm nutzen, ausserdem sehen einen die Vögel dann von oben nicht mehr so gut. Wenn Sie sich mit einer Ameise anfreunden, dann können Sie sich an ihr reiben und so ihre Pheromone auf sich übertragen. Wenn Sie wie eine Ameise riechen, dann könnten Sie in einem Ameisennest Schutz suchen und würden von ihren fleissigen Mitbewohnern vielleicht als eine der ihren akzeptiert werden.
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Mal abgesehen von einem Videospiel: Wäre es theoretisch möglich, als Wirbeltier so klein wie eine Ameise zu sein?
Theoretisch ist das möglich, ja. Das kleinste Wirbeltier der Welt, ein Frosch namens Paedophryne amauensis, ist lediglich 7,7 Millimeter gross. Im Vergleich dazu sind Ameisen je nach Art zwischen 0,75 und 52 Millimeter lang. Natürlich ist es selten, dass Wirbeltiere so klein sind, denn entsprechend kleine Organe zu haben, ist physiologisch eine Herausforderung. Die winzige Lunge und das Herz müssen den Organismus ständig mit Sauerstoff versorgen. Bei Insekten erledigt das die Hämolymphe, die wesentlich freier durch den Körper fliesst und nicht auf Adern und Venen angewiesen ist. Sie besitzen zudem keine Lungen wie wir, sondern atmen durch sogenannten Stigmen, eine Art Atemöffnung an den Körperseiten. Kleine Tiere haben also so ihre Tricks, um winzig sein zu können.
Zurück zum Spiel «Grounded». Ausser dass es Spass macht – was können die Spielerinnen und Spieler über die Natur lernen?
Mit seiner ungewöhnlichen Perspektive erlaubt «Grounded» dem Spieler, in die Welt der Insekten, Pflanzen und generell der bodennahen Natur einzutauchen. Wenn man in einem Hinterhof zur winzigen Grösse geschrumpft wird, dann braucht man kein Mikroskop mehr, um die Details der Lebewesen darin sehen zu können, sondern man kann sie auf Augenhöhe beobachten. Dabei fällt einem sicher schnell auf, dass auch Insekten unterschiedliche Persönlichkeiten und Eigenschaften haben. Ameisen etwa sind neugierig und beschnüffeln Sie wahrscheinlich. Auch im Spiel kommt man am besten vorwärts, wenn man durch Beobachten der Umgebung lernt, wie einzelne Arten ticken. Insekten sind ein immens wichtiger Bestandteil unserer Umwelt, und ich hoffe, dass die Spieler durch den Perspektivenwechsel sie mehr schätzen lernen. Viele der kleinen Tiere bestäuben Pflanzen, reinigen den Wald und sind zum Beispiel auch interessant für die medizinische Forschung, wenn es darum geht, neue Medikamente zu entwickeln. Es ist daher auch für uns Menschen wichtig, unsere kleinen Freunde nicht zu verlieren, sondern Sorge zur Umwelt zu tragen, auch in unseren Gärten und Hinterhöfen.
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