Wer kennt sie nicht, Kreuzungen wie die Savannah-Katze oder das Muli. Längst sind sie in unserer Gesellschaft angekommen, Verwunderung rufen sie kaum noch hervor. Dabei handelt es sich bei ihnen nicht um «normale» Mischlinge, entstanden aus der gleichen Tierart, sondern um sogenannte Hybride, hervorgebracht aus zwei verschiedenen Arten oder Gattungen. In diesen beiden Fällen aus Hauskatze und Serval sowie aus Pferd und Esel. Und diese Hybridisierung schreitet voran. Es tauchen immer mehr neue Tiere mit so klangvollen Namen wie Cappuccino-Bär, Liger oder Coywolf auf. Aber woran liegt das? Wie finden Grizzlys und Eisbären, Löwen und Tiger oder Kojoten und Wölfe zueinander? Und welche Konsequenzen hat diese Entwicklung?

Klimatische Veränderungen

«Es gibt Fälle, in denen der Klimawandel indirekt zu mehr Hybridisierung führt. Zum Beispiel, wenn die eine Art einen drastischen Populationsrückgang erlebt und die andere Art stark zunimmt. Oder auch wenn die Erderwärmung die Lebensräume der Tiere so verändert, dass mehr Überlappungen zwischen ihnen entstehen», erklärt die Biologin Beatrice Nussberger von «Wildtier Schweiz». So geschehen bei den Bären. Die Eisschollen schmelzen und das Habitat der Eisbären verkleinert sich, sodass die Tiere dann zwangsläufig die Arktis verlassen müssen und gen Süden wandern. Den Grizzlys kommen die wärmeren Temperaturen dagegen zugute. Sie weiten ihren Aktionsradius aus. Irgendwo im Norden Amerikas treffen sich die beiden Bärenarten schliesslich und gründen Familien.

Doch nicht immer sind es Hunderte von Kilometern und unterschiedliche Klimazonen, die bei der Verschiebung der Lebensräume überwunden werden. Auch sogenannte Mikrohabitate verlagern sich als Reaktion auf den Klimawandel. Wird es zum Beispiel im Wald lebenden Amphibien zu heiss, suchen sie höhere Lagen auf. Gleichzeitig wandern Arten aufgrund von intensiver gewordener UV-Strahlung von oben nach unten. So treffen Tiere in mittleren Höhenlagen zusammen, die sich sonst nie begegnet wären.

Ein Beispiel dafür aus hiesigen Breitengraden sind die Hasen. Kamen sich Feld- und Schneehasen früher kaum in die Quere, gehen auch sie heutzutage mitunter Verbindungen ein. Denn obwohl sich der Schneehase immer weiter in schneesichere Höhen zurückzieht, rückt der Feldhase von hinten nach – auf der Flucht vor Bebauung und Landwirtschaft und hin und wieder treffen sie sich. Paaren sie sich, kommen Junge zur Welt, die später selbst Nachwuchs kriegen können.

Wandel der Paarungszeiten

Noch temperaturempfindlicher als die Säugetiere sind Insekten. So hat die Klimaveränderung etwa zu einer neuen Schmetterlings-Hybridzone geführt, die sich in einem schmalen Band über Nordamerika erstreckt. Hier treffen der Östliche und der Kanadische Tigerschwalbenschwanz aufeinander und zeugen widerstandsfähige Hybride. Die Fähigkeit ihrer Larven, ihre Wirtspflanzen zu entgiften, verbreitete sich so rapide nordwärts – zwischen den Jahren 2000 und 2015 um ganze 200 Kilometer.

Es sind aber bei Weitem nicht nur die Verschmelzungen von Lebensräumen, die hybriden Nachwuchs begünstigen. Auch die Paarungszeiten ändern sich, da sich viele Tiere wie Frösche und Vögel in puncto Fortpflanzung an Temperatur und Feuchtigkeit orientieren. Wandeln sich die Umweltverhältnisse, verschieben sich also auch die Paarungszeiten. Während sich einige früher paaren, finden andere erst später zueinander und es kommt zu Überlappungen. Das heisst auch, es entfällt eine weitere, bislang natürliche Barriere gegen Hybridisierung.

Ursache ist jedoch nicht immer der Klimawandel. Auch Baumassnahmen und globaler Handel zerschlagen geografische Barrieren und können somit Antrieb für eine zunehmende Hybridisierung sein. Denn indem wir Brücken über Flüsse bauen und nichtendemische Arten einschleppen, erschaffen wir Begegnungszonen, in denen verwandte Tierarten miteinander in Kontakt kommen. Beatrice Nussberger weist auf den sogenannten Wasserfrosch-Komplex hin: Ursprünglich waren hierzulande nur zwei Wasserfroscharten heimisch, der Kleine Wasserfrosch und der Teichfrosch – wobei Letzterer bereits eine Kreuzung aus dem Kleinen Wasserfrosch und dem eingeschleppten Seefrosch ist. Heute weiss man aber, dass nicht nur der Seefrosch immigriert ist, sondern auch andere, ähnlich aussehende Wasserfrösche. Da sich alle untereinander kreuzen, lassen sich die einzelnen Arten optisch nicht mehr voneinander unterscheiden. Fast alle sind grün mit dunklen Flecken und oft mit einem hellgrünen Streifen auf dem Rücken versehen.

Geringe Fruchtbarkeit der Hybriden

An sich ist es laut der Biologin Nussberger zwar ein natürliches und übliches Phänomen, dass Arten hybridisieren, und kein Grund zur Sorge. Allerdings sind viele Hybriden unfruchtbar oder zumindest weniger fruchtbar als die Elterntiere, was die Populationsgrösse dieser möglicherweise ohnehin schon bedrohten Arten weiter reduziert. Aktuelle Studien zeigen zwar, dass Hybridisierung kaum zu den Hauptgründen für das massive Aussterben der Arten zählt, doch Nussberger rät zur Vorsicht. Die Fachfrau weist darauf hin, dass es extrem schwierig sei, Hybridisierung als Grund für das Aussterben nachzuweisen, da sie oft unentdeckt bleibe.

Dennoch haben solche Seitensprünge noch einen weiteren, grossen Nachteil: Viele tierische Hybride kommen mit starken Gesundheitsschäden zur Welt und sterben bereits, bevor sie geschlechtsreif sind. Auf der anderen Seite kann die Hybridisierung auch widerstandsfähiger machen, da sich die Mischlinge häufig besser und vor allem schneller an die sich verändernde Umwelt anpassen als ihre Eltern.

Generell kritisch ist die Hybridisierung für Beatrice Nussberger vor allem, wenn sie menschengemacht ist: «Werden zum Beispiel domestizierte Arten mit verwandten, wild lebenden Arten durch den Menschen zusammengeführt, kann es durchaus sein, dass die domestizierte Art genetisch gesehen weniger optimal an die freie Wildbahn vor Ort angepasst ist. Und wenn solche auf Menschenbedürfnisse optimierten Gene dann in den Genpool der einheimischen Wildtierefliessen, könnten die über Jahrtausende gewonnenen, an die lokalen Gegebenheiten angepassten Gene in der wilden Art verloren gehen.»

Bekannte Hybriden

Ihre Namen klingen wie Fabelwesen, es sind aber echte Tiere. Und manche von ihnen gäbe es aufgrund von unterschiedlichen Habitaten gar nicht, wenn nicht der Mensch seine Finger im Spiel hätte. Bei der Namensgebung wird meistens das männliche Tier zuerst genannt:

Der Liger

Dies ist das Resultat eines Löwen mit einer Tigerdame. Vom Verhalten her sind sie eine Mischung ihrer Eltern. So schwimmen sie zum Beispiel ebenso gern wie Tiger, wohingegen Löwen das Wasser meiden. Und manche von ihnen leben auch wie Löwen im Rudel, während andere wieder wie Tigerallein unterwegs sind.

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Der Leopon

Kreuzt man einen Leoparden mit einer Löwin, ergibt das einen Leopon. Dieser ist grösser als ein Leopard und hat einen Löwenkopf und einen Pinselschwanz wie seine Mutter, aber ein Fell mit Leopardenmuster.

Die Savannah-Katze

Diese edle Katzenrasse ist aus der Paarung eines Servals mit einer Hauskatze entstanden. Sie gilt als die teuerste Katzenrasse der Welt, liebt das Wasser und ist körperlich anderen Hauskatzen überlegen. Ab der fünften Generation fruchtbar.

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Der Pizzly oder Cappuccino-Bär

Diese Kreuzung zwischen einem männlichen Grizzlybären und einem weiblichen Polarbären hat braune Beine, aber ein helles bis weisses Fell. Sie können sich fortpflanzen.

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Der Coywolf

Die Kreuzung von Kojote und Wolf ergibt ein Coywolf. Coywölfe ähneln vom Verhalten her dem Wolf, weshalb sie ganz anders als die einzelgängerischen Kojoten in Rudeln leben. Sie können sich fortpflanzen.

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Das Beefalo

Dieses Rind entsteht durch die Paarung eines amerikanischen Bisons mit Hausrinderrassen und soll so widerstandsfähiger und pflegeleichter sein. Das Fleisch soll weniger Fett und Cholesterin enthalten. Sie können sich fortpflanzen.

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Der Zesel

Der Zesel ist das Ergebnis eines Zebrahengstes und einer Eselstute und kommt vereinzelt in Südafrika in freier Wildbahn vor. Sie sind nicht fortpflanzungsfähig.

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Der Wolphin

Beim Wolphin handelt es sich um die sehr seltene Kreuzung zwischen einem weiblichen Delfin und einem männlichen Kleinen Schwertwal. Wolphine kommen in der Natur vor. Sie können sich fortpflanzen.

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Der Maulesel oder das Maultier

Der Maulesel ist ein Produkt aus Pferdehengst und Eselstute. Andersherum spricht man von einem Maultier oder Muli. Diese Mischungen sind ein Ergebnis von Menschen, um das das ultimative Tragtier zu erschaffen. Sie sind unfruchtbar.

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