General Sherman ist ein Star unter den Bäumen. Sein Stamm hat unglaubliche elf Meter Durchmesser, das ist so breit wie drei Autobahn-Fahrstreifen. Gegen 1300 Tonnen wiegt er schätzungsweise, schwer wie ein Güterzug. Mehr als 2000 Jahre dürfte es gedauert haben, bis er von einem winzigen Spross zu einem weltweit bekannten Monument herangewachsen ist. Doch wie lange steht er noch? Im vergangenen Herbst war die Sorge um ihn gross. Die Waldbrände in Kalifornien näherten sich ihm. Zwar haben Mammutbäume normalerweise kein Problem mit Feuer, im Gegenteil: Die Hitze sorgt sogar dafür, dass sich die Zapfen öffnen und die Samen herausfallen, aus denen dann neue Bäume heranwachsen können.

Aber wegen der globalen Erwärmung sind Waldbrände nun häufiger und das Klima trockener geworden – den Mammutbäumen fehlen die Erholungsphasen. Deshalb wickelt die Feuerwehr die Stämme einiger besonders prominenter Exemplare mit Folie ein, um sie vor Bränden zu schützen. Letztlich ging es glimpflich aus, die Feuersbrunst gelangte nicht bis zu General Sherman, er überlebte. Wichtig ist dies für die Region auch aus ökonomischen Gründen – die riesigen Bäume sind eine touristische Attraktion. Wer Mammutbäume sehen will, braucht aber nicht nach Kalifornien zu fliegen. Es gibt sie auch in der Schweiz, nicht mit den Ausmassen eines General Sherman, aber doch einige stattliche Exemplare.

Schweizer Mammutbäume

Mitte des 19. Jahrhunderts waren Mammutbäume von Europäern entdeckt worden. Bald kamen sie in Parks als Statussymbol in Mode. So liess Robert Peel, Sohn des britischen Premierministers, Anfang der 1860er-Jahre bei dem Gut in Genf eine Gruppe dieser Bäume pflanzen. Seine Tochter vermachte den Park dem Bund – unter der Auflage, dass der Baumbestand erhalten wird. Und so stehen diese Mammutbäume noch heute. Die ältesten sind nun rund 170 Jahre alt. Daneben sind im «Parc Barton» auch junge Exemplare anzutreffen, welche die Stadtgärtnerei in ihrer Baumschule gezogen hatte.

Doch auch diese sind eine Rarität, denn Genf pflanzt ansonsten diese Baumart nicht mehr an. Landschaftsarchitektin Claire Méjean von der Abteilung Grünflächen der Stadt Genf erklärt die Gründe: «Wir sind hier weit weg von den idealen Bedingungen der Natur für Riesenmammutbäume, und mit dem Klimawandel wird es noch schlimmer.» Zu schaffen machen den Bäumen Phasen der Trockenheit, aber auch die zahlreichen Besuchenden, die den Boden in den Parks belasten. Unter diesen Umständen werden die Bäume anfällig für eine Pilzerkrankung. «Deshalb ergreifen wir Massnahmen, um die Mammutbäume zu erhalten», sagt Claire Méjean. «In Perioden mit wenig Niederschlag bewässern wir, zudem decken wir die Böden teilweise mit Matten ab.»

Trotz der Widrigkeiten, Mammutbäume gibt es in Genf noch immer viele, vermutlich mehr als in jeder anderen Schweizer Stadt, passend zum mondänen und nicht gerade bescheidenen Charakter der Calvinstadt. Die Suche nach dem französischen Begriff «Séquoia» im Verzeichnis des Kantons liefert 835 Standorte, mehrheitlich auf Stadtgebiet. Zu finden sind sie nicht allzu schwierig, überragen sie doch die meisten anderen Bäume. Ein wirklich besonders stolzes Exemplar ist das 35 Meter hohe im «Jardin anglais», und etwas weiter dem südlichen Seeufer entlang zeichnen sich die majestätischen Mammutbaumgruppen des «Parc des Eaux-Vives» am Horizont ab.

Mammutbaum selber ziehen
Wer einen Mammutbaum gefunden hat, kann Zapfen sammeln und die Vermehrung mittels Samen versuchen. Statt auf einen Waldbrand zu warten, werden die Zapfen bei 80 Grad in den Backofen gegeben, nach einer Stunde haben sie sich geöffnet – und die Samen sind herausgefallen. Diese brauchen aber nicht nur Hitze, sondern auch Kälte – in der Natur keimen sie erst nach dem Winter. Also ab in den Kühlschrank, zwei Wochen sollten reichen. Danach werden die Samen ein bis zwei Tage in Wasser einweichen, bevor sie im Topf auf die Anzuchterde gelegt werden. Nun braucht es ein paar Wochen Geduld und etwas Glück – im Versuch des Autors begann von rund zwanzig Samen genau einer zu keimen.

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Nicht nur in Metropolen

Und wer sich den Blick für die typische konische Silhouette angeeignet hat, entdeckt aber nicht nur in mondänen Städten diese Bäume. Auch in kleineren Ortschaften sind sie heimisch: von Spiez im Berner Oberland über Netstal im Glarnerland bis nach Trogen in Appenzell Ausserrhoden. Sogar mitten im Wald kann es zu Begegnungen mit den kalifornischen Riesen kommen – es gab Zeiten, wo in der Forstwirtschaft mit solchen Exoten experimentiert wurde.

Wer nun unsicher ist, ob es sich um einen Mammutbaum handelt oder nicht, weiss durch das Anfassen und auch Drücken der Rinde mehr. Sie ist weich als wäre sie aus Gummi. Diese dicke Rindenschicht schützt den Baum vor Waldbränden. Laut Spektrum.de wurde bei einem Exemplar eine 75 Zentimeter dicke Rinde gemessen.

Doch zurück in die Schweiz. Hier hält in Luzern ein Mammutbaum den Landesrekord für den dicksten Baum – in einem Meter Höhe hat er rund 15 Meter Umfang. Den Rekord für den höchsten Baum der Schweiz hält hingegen nicht etwa ein Mammutbaum, sondern viel mehr eine 58 Meter hohe Weisstanne im Val de Travers.

Die drei Mammutbaumarten

Wer Mammutbaum sagt, meint oft Sequoiadendron giganteum, auf Deutsch Riesenmammutbaum oder Bergmammutbaum. Um diese Art, die auch in der Schweiz in vielen Pärken anzutreffen ist, geht es im obigen Text. Zu ihr gehören die mächtigsten Bäume der Welt, nicht aber die höchsten: Diesen Rekord hält ein Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens) in Kalifornien mit über 115 Metern – das ist höher als das Berner Münster. Während die Nadeln des Riesenmammutbaums die Verwandtschaft zur Zypresse sichtbar machen, erinnern diejenigen des Küstenmammutbaums eher an Weisstannen. Die dritte Mammutbaumart, der Urweltmammutbaum (Metasequoia glyptostroboides), wurde erst 1941 in China entdeckt. Eine Metasequoia-Allee kann auf der Insel Mainau im Bodensee bestaunt werden.

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