Die aus Asien eingeschleppte Kirschessigfliege ist mit bis zu zehn Generationen pro Jahr bei günstigen Verhältnissen ein explosives Problem für Obstbauern. Rechnerisch kann ein Weibchen bis zu acht Millionen Fliegen innert eines einzigen Monats produzieren. Drosophila suzukii, wie sie wissenschaftlich heisst, kann dank einem Sägestachel Eier auch in noch nicht weich gereifte Früchte legen und so grosse Schäden anrichten.

Das Schweizer Agrarforschungsinstitut Agroscope koordiniert Studien zur Abwehr dieses Insekts, das unter anderem Baselbieter Kirschen, Walliser Aprikosen und landesweit Weinreben befällt. An einer Tagung im Landwirtschaftlichen Zentrum Ebenrain (LZE) des Kantons Baselland in Sissach BL wurden am Donnerstag Versuchsergebnisse erörtert.

Viele Kirschen angestochen
2016 standen Kirschen mit 14,7 Prozent befallenen Früchten im Schnitt ganz oben auf dem Speiseplan der Fruchtfliege. Dahinter folgten diverse Beeren mit 4,4 Prozent und Reben mit 3,3 Prozent. Die Schweiz sei dank Biodiversität «ein Schlaraffenland» für die Kirschessigfliege, sagte Dominique Mazzi von Agroscope, Leiterin der nationalen Task Force.

Zwei Massnahmen haben sich als eindeutig wirksam gegen den Schädling erwiesen: dicht montierte Netze mit maximal 1,2 Millimetern Maschenweite sowie das Tonmineral Kaolin, wie LZE-Projektleiter Andreas Buser sagte. Das gemahlen in Wasser gelöste Kaolin hält die Kirschessigfliege indes erst bei etwa viermaligem Auftragen gut von der Eiablage ab. Dann wirkt es dafür auch bis zum nächsten stärkeren Regen nach. Hingegen brachten Repellentien und Insektizide laut Urs Weingartner vom LZE keinen ausreichenden Schutz.

Netze im Rebbau zu teuer
Netze sind ebenso wirksam wie teils mühsam, müssen sie doch zum Ernten geöffnet werden. Bei gestaffelt zu erntenden Früchten bedeutet jedes Öffnen ein Befallsrisiko; Netze müssen sorgfältig geöffnet und wieder geschlossen werden. Angesichts der erzielbaren Preise macht sie dies für den Rebbau gemäss Buser unbrauchbar als flächendeckende Lösung. Bei Plantagen wie von Niederstammkirschen ist der Preisunterschied von Hagel- zum blossen Insektennetz hingegen verkraftbar.

Je nach Rebsorte war der Befall mit der Fliege sehr unterschiedlich, auch bei starker Präsenz des Insekts. Fast ganz verschont blieb Blauburgunder, laut Buser vermutlich auch wegen dessen jahreszeitlich später Reife. Am stärksten befallen war die Sorte Cabernet Dorsa – ausgerechnet eine Neuzüchtung für hiesige Verhältnisse im Klimawandel.

Weiterhin sind jedoch sehr viele Fragen offen, etwa warum Zwetschgen 2016 weitgehend verschont blieben. Eine Herausforderung für die Forscher ist gemäss Mazzi die Rettung der landschaftsprägenden und für die Biodiversität wichtigen Hochstamm-Obstbäume, die Bauern bei Schädlingsbefall wenig bringen und Obstanlagen daneben bedrohen. Solche Hochstämmer werden aus wirtschaftlichen Gründen ohnehin im Baselbiet bereits mehrheitlich nicht mehr genutzt und gepflegt. Laut Buser wird angesichts der Bedrohung durch die Fliege über resistentere, optisch ähnliche Ersatzpflanzen nachgedacht.