Der Pfäffikersee gehört zu den beliebtesten Naherholungsgebieten des Kantons Zürich. Der etwa 3,3 Quadratkilometer grosse See mit seinen angrenzenden Feuchtgebieten ist jedoch auch ein sensibles Naturschutzgebiet und gehört seit 1977 zu den Landschaften von nationaler Bedeutung. Das Seeufer und die Flach- und Hochmoore bieten zahlreichen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum, darunter auch seltenen und stark bedrohten Arten, die nur noch an wenigen Orten im Kanton Zürich vorkommen.

Um diese einzigartige Natur zu erhalten, gelten in Naturschutzgebieten daher für Besucher besondere Regeln. So dürfen zum Beispiel die Wege nicht verlassen werden und Hunde gehören an die Leine. Dass diese Regeln eingehalten werden, dafür sorgt Dario Bayani. Der 34-Jährige ist Leiter des Rangerdienstes am Pfäffikersee. Ausgerüstet mit Fernglas, Rucksack und iPad macht sich Bayani auf zu seiner täglichen Runde um den See.

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Der fast zehn Kilometer lange Rundwanderweg führt am Naturzentrum Pfäffikersee vorbei und grösstenteils durch ein Wasser- und Zugvogelreservat, welches einen Teil der grössten Moorlandschaft des Kantons Zürich ausmacht. Als Erstes greift Bayani daher zu seinem Fernglas und hält nach Booten Ausschau, die sich zu nahe am Schilfgürtel aufhalten. «Das ganze Jahr über muss ein Abstand von mindestens 25 Metern zur Ufervegetation gehalten werden», so der Ranger. Das gilt nicht nur für Boote, sondern auch für Luftmatratzen, Stand-up-Paddels und Ähnliches. Besondere Seeschutzzonen, die ebenfalls nicht befahren oder durchschwommen werden dürfen, sind durch gelbe Bojen markiert. An diesen Stellen brüten besonders viele Vögel oder machen im Herbst auf ihrem Weg in den Süden Rast.

Naturexperte in Uniform

Während er seinen Blick über den See schweifen lässt, registriert Dario Bayani auch die zahlreichen Wasservögel, die sich durch die leichten Wellen schaukeln lassen. Bayani hat ursprünglich Biologie studiert und sich so ein breites Artenwissen angeeignet. Dies kommt ihm im Rangerdienst zugute. «Oft werde ich von den Besuchern angesprochen und gefragt, was dieses oder jenes sei. Dann gebe ich gerne Auskunft und bringe den Leuten so die schöne Natur hier näher», sagt Bayani und packt sein Fernglas wieder ein. Tiere beobachten ist jedoch nur ein kleiner Teil seiner Arbeit. Hauptsächlich sind Ranger Vermittler zwischen dem Naturschutzgebiet und den Menschen. Sie sorgen dafür, dass die Regeln des Naturschutzgebiets eingehalten werden und die Natur nicht gefährdet wird. «Bei Verstössen können wir auch Bussen ausstellen oder bei schweren Vergehen Anzeige bei der Polizei erstatten», erklärt Bayani. Durch die Uniform mit dem Emblem der Ranger ist er leicht als solcher zu erkennen.

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Gerade will ein Radfahrer auf dem wenig besuchten Rundweg vorbeifahren. Bayani hält ihn kurz an und macht auf das Fahrverbot aufmerksam, welches der Ausflügler, wenn auch etwas widerwillig, zur Kenntnis nimmt und auf den offiziellen Radweg ausweicht. «Zwar gehören Verkehrsregeln nicht in unseren Zuständigkeitsbereich, aber es gehört doch auch dazu, die Besucher daran zu erinnern», sagt Bayani und zückt sein iPad. Per GPS wird darauf automatisch der Standort des Rangers aufgezeichnet. In einem eigens für die Rangertätigkeit entwickelten Programm hält Bayani die Ereignisse des Tages fest. Das kurze Gespräch mit dem Radfahrer ist schnell protokolliert, und der Biologe setzt seinen Weg um den Pfäffikersee fort.

Um Ranger zu werden, können Interessierte einen einjährigen, berufsbegleiteten Kurs absolvieren, der in der Schweiz lediglich in Lyss (BE) angeboten wird. Hier lernen die Aspiranten die Grundlagen des Naturschutzgesetzes, Kommunikationstechniken und Konfliktmanagement, Didaktik und verschiedene Aspekte rund um die Natur kennen. Der ursprüngliche berufliche Hintergrund der Lernenden ist dabei nicht ausschlaggebend. Von Mechanikern über Lehrer bis zu Biologen wieDario Bayani ist alles dabei. Man sollte sich aber in der Natur zu Hause fühlen. «Ranger brauchen ein robustes Selbstbewusstsein, oft ein dickes Fell und natürlich Lust, mit Menschen zu arbeiten», beschreibt Bayani die Voraussetzungen. Geduld und Freundlichkeit gehört zu den wichtigsten Charakterzügen eines Rangers sowie ein gewisses «Gspüri» für Menschen und Situationen.

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Vermittler zwischen den Fronten

Ranger repräsentieren die «Exekutive» der Naturschutzgesetze. Sie vermitteln zwischen Besuchern und unterschiedlichen Interessensgruppen wie Gemeinden, Kantonen, Wissenschaftlern, Strandbadbetreibern oder dem Fischereiverband. Letzterer ist zum Beispiel für die Instandhaltung der Stege auf den Pfäffikersee zuständig. Auf einem dieser Aussichtsplattformen entdeckt Bayani ein abgebrochenes Brett. Er macht ein Foto des Schadens, vermisst das Brett und meldet die Notwendigkeit eines Ersatzes den Zuständigen von Fischereiverband. Die in die Pfosten des Stegs gedrückten Zigarettenstummel fallen ihm dabei unangenehm auf. «Diese entfernen wir während der nächsten Seeputzete, allerdings muss für das Problem längerfristig eine Lösung her.» Er schreibt es auf seine Liste der Punkte, die er demnächst während eines gemeinsamen Treffens der Interessensgruppen besprechen möchte.

Wieder an Land fällt Dario Bayani ein fehlendes Schild auf. Darauf wären eigentlich in einfachen Piktogrammen die wichtigsten Regeln für das jeweilige Areal abgebildet, damit jeder Besucher sofort weiss, worauf es zu achten gilt. «Vandalismus kommt bei Neuinstallationen, also ‹Ungewohntem›, leider häufig vor», so Bayani, der dafür kein Verständnis hat. Schliesslich würde das Naturschutzgebiet Besuchern zugänglich gemacht werden und einen grossen Erholungswert bieten. «Aber alles, was für Regeln steht, bietet leider eine entsprechende Angriffsfläche.» Auch Bayani bekommt das in seinem Alltag als Ranger zu spüren. Nicht immer begegnen ihm die Leute freundlich, erst recht nicht, wenn er sie auf Fehlverhalten hinweist. «Ich versuche, den Besuchern jedoch auch oft eine Alternative zu bieten. Wer zum Beispiel eine Drohne steigen lassen will, der findet auf der Drohnenkarte des Bundes ausgeschriebene Flächen, für die er – je nach Drohne – noch nicht einmal eine Genehmigung braucht. Ein Naturschutzgebiet eignet sich dafür aber nicht.» Bayani versucht, die Bedürfnisse der Besucher zu erfassen und entsprechend so zu leiten, dass sie nicht mit den Naturschutzverordnungen im Konflikt stehen.

Auf der Riedwiese neben dem Schilfgürtel suchen vier Störche nach Fressbarem. Bayani beobachtet die auffälligen Tiere mit dem Fernglas, als sich zwei interessierte Damen mit je einem Hund zu ihm gesellen. Sie stellen Fragen zur Herkunft der Tiere, und Bayani berichtet, dass der örtliche Storchenhorst leider dieses Jahr abgestürzt sei und aktuell nach einem Ersatzstandort gesucht wird. Die Frauen sind beeindruckt vom genannten Gewicht des Nests von bis zu einer Tonne. Sie bedanken sich und setzen ihren Spaziergang fort, die Hunde ordentlich angeleint. Es sind solche Begegnungen, die der Ranger geniesst, umso mehr, da der nächste Delinquent sicher nicht lange auf sich warten lässt.

 

Wie wird man Ranger?
• Abgeschlossenes Studium oder Berufsausbildung
• Einjähriger Ranger-Lehrgang am Bildungszentrum Wald Lyss
• Kommunikationsgeschick, Offenheit, Menschenkenntnisse, sicheres Auftreten