Redensarten sind oft leicht verständlich, weil sie sich aus dem konkreten Zusammenhang einfach deuten lassen, manchmal ist dies aber nicht der Fall. Besonders wenn die Herkunft eine fremde Sprache ist, oder trotz den einzelnen verständlichen deutschen Wörtern der Ursprung nicht ganz klar ist. Grundsätzlich sind Redensarten häufig verwendete, formelhafte Verbindung von Wörtern, die meist als selbstständiger Satz gebraucht werden. Tiere finden dabei immer wieder den Weg in die Sprache, weil der Mensch schon seit sehr langer Zeit mit ihnen zusammenlebt. Da ist es ganz natürlich, dass wir auf sie zurückgreifen als Bedeutungssressourcen. Tierische Redensarten gibt es ganz viele – hier sind 10 ausgewählte Redensarten aus dem Duden-Buch «Redensarten» und deren Bedeutung: 

Eulen nach Athen tragen 

bildungssprachlich: etwas Überflüssiges tun 
Die Eule (der Steinkauz) war in Athen und Attika ein häufig vorkommender Vogel. Sie war ein Attribut der Athene, der Schutzgöttin der Stadt, wurde als kluger Vogel verehrt und schmückte seit dem 6. Jahrhundert auch die attischen Münzen. Der griechische Komödiendichter Aristophanes lässt in seinem Theaterstück »Die Vögel« eine Eule auftreten, worauf gefragt wird: »Wer hat die Eule nach Athen gebracht?« Mit dem unausgesprochenen Nachsatz: Dort sind doch schon so viele. Aus der Redensart entwickelten sich auch lokale Abwandlungen wie «Wasser in den Rhein tragen».  

Mein lieber Spitz 

umgangssprachlich: lieber Freund, in der Anrede Ausdruck der Verwunderung, der Mahnung oder auch der Drohung.
Warum die Hunderasse «Spitz», als Anrede gebraucht wird, ist ungeklärt. Literarisch spielte der Spitz eine gewisse Rolle. Es existierten alte Redensarten wie «sich amüsieren wie ein Spitz im Tischkasten, im Theegarten, im Rosengarten»; «mir war zu Muthe wie einem geflügelten Spitz». Zum Vergleichen mit anderen bekannten Anreden wie «mein lieber Freund und Kupferstecher», «mein lieber Schwan» und «mein lieber Scholli».  

Da beisst die Maus keinen Faden ab 

umgangssprachlich: das ist nicht zu ändern er dagegen kann man nichts machen: auch umgekehrt üblich: Da beisst keine Maus einen Faden.
Die Redewendung mit der Verehrung der heiligen Gertrud von Nivelles in Verbindung gebracht, deren Attribut die Maus ist.  Sie ist Patronin der Früchte in Feld und Garten, deren Bestellung am 17. März, dem Tag der heiligen Gertrud, beginnt. Wenn am Gertrudentag noch gesponnen wurde, so behauptete man, werde der Flachs von den Mäusen zerfressen oder der Faden abgebissen. Wer das Gebot beachtet, dem beisst die Maus keinen Faden ab. Die heilige Gertrud - so geht die Legende - verhinderte durch ihr Gebet eine Mäuse- und Rattenplage und vertrieb auch die Mäuse, die versuchten, ihren Faden abzubeissen. Eine andere Erklärung führt aus der Tiergeschichte «Der Löwe und das Mäuschen»: Die Maus, die einmal vom Löwen verschont wurde, befreit ihn, als er gefangen wird, indem sie seine Stricke oder sein Netz zerbeisst.  

[IMG 3]

Den Letzten beissen die Hunde 

umgangssprachlich: der Letzte, der sich einer unangenehmen Sache nicht mehr entziehen kann, hat den Schaden. 
Diese Redensart ist sprichwörtlich gemeint: Bei einer Jagd mit einer Hundemeute, fällt das letzte der gejagten Tiere der Meute zum Opfer. 

Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr 

etwas ist ganz unmöglich, wird mit Sicherheit nicht geschehen.
Den Ursprung hat diese Redensart aus einem Bibelvers, wo Jesus einem reichen Jüngling begegnet. Jesus schlägt ihm als letztes Erfordernis für ein vollkommenes Leben den Verzicht auf seinen Reichtum vor, was der Jüngling betrübte, «denn er hatte viele Güter». Jesus wendet sich darauf an die Jünger und stellt fest: «Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn dass ein Reicher ins Reich Gotts komme.» 

Einen Pferdefuss haben 

umgangssprachlich: einen verborgenen, bisher nicht sichtbaren Nachteil, einen Haken haben 
Wie sich die Menschen im Mittelalter den Teufel vorstellten, kann man an vielen alten Gemälden und Bildwerken studieren. Da der Teufel die Menschen in allerlei wechselnden Gestalten versucht, wird auch sein Äusseres verschieden dargestellt. Meist hatte er Klauen, Vogel- oder Bocksfüsse. Als ihm ein Pferdefuss verpasst wurde musste er auch hinken, was er zu verbergen versuchte. Diese Redensart wird von Autoren gebraucht, wenn sie ausdrücken wollen, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.  

Jemanden zur Schnecke machen 

umgangssprachlich: jemanden ausschimpfen, heruntermachen; schlecht behandeln. 
Wenn jemand zur Schnecke gemacht wird, wird impliziert, dass die betroffene Person nur noch so langsam wie eine Schnecke kriechen kann. Oder dass sie sich Erniedrigung verkriecht wie eine Schnecke in ihr Schneckenhaus. 

Wie von der Tarantel gestochen 

umgangssprachlich: plötzlich, mit Heftigkeit, (wie) wild.
Der Biss der giftigen Wolfsspinne lähmt Insekten und ruft am menschlichen Körper gelegentlich Entzündungen hervor, ist aber sonst harmlos. Früher im Mittelalter gingen die Leute aber von etwas schlimmerem aus. Der Volksglaube sagte, dass ein Tarantelstich zu einem wilden unkoordinierten Tanz führt. Vergiftungserscheinungen und auch die Tanzwut (Veitstanz) wurden früher dem Biss der Taranteln zugeschrieben. 

Sich in die Höhle des Löwen wagen 

umgangssprachlich: jemanden aufsuchen, der stärker oder mächtiger ist und Entscheidungsbefugnisse besitzt.
Auch diese Redewendung hat den Ursprung in einer Fabel. Ein alter schwacher Löwe konnte nicht mehr jagen, deshalb zog er sich in eine Höhle zurück und stellte sich krank. Als König der Tiere, verlangte er, dass sich die anderen Tiere von ihm verabschieden. Wenn nun die Tiere in die Höhle kamen, um ihn zu besuchen, ergriff und verzehrte er sie. Der Fuchs hingegen durchschaute die List, da er die Spuren der anderen Tiere entdeckte, die in die Höhle reingingen, aber nicht mehr heraus. Wer sich also in die Höhle des Löwen traut, bringt sich nicht selten in Gefahr. 

[IMG 2]

Der Berg kreisste und gebar eine Maus 

bildungssprachlich: ein grosser Aufwand zeitigt ein mageres Ergebnis. 
Die Redewendung hat seine Herkunft im Werk «Ars poetica» des römischen Dichters Horaz: «Gewaltig kreissen die Berge, zur Welt kommt ein lächerliches Mäuschen.» Damit wird ausgedrückt, dass gewisse Menschen grosses ankündigen, dann aber kaum etwas sichtbares dabei herauskommt. Das veraltete Wort «kreissen» bedeutet übrigens so viel wie «in den Geburtswehen liegen».