Melonen gehören zum Sommer wie die Badi und das Bräteln. Doch bei manch einem meldet sich beim Griff zur Wassermelone im Supermarkt das schlechte Gewissen. Wie weit ist die Frucht wohl geflogen? In Zeiten der Klimakrise, in denen der Ruf nach Nachhaltigkeit und damit auch Regionalität immer grösser und wichtiger wird, gilt der Verzehr von exotischen Früchten zunehmend als No-Go. Im Ausland angebautes Obst wird oft noch unreif gepflückt und über Tausende Kilometer um die halbe Welt geschifft oder geflogen, bis es auf unserem Tisch landet. Nachhaltigkeit geht anders.

Dank Bruno Hurni gibt es, zumindest was Wassermelonen betrifft, jedoch eine Lösung. Der Seeländer baut das Kürbisgewächs in Gurbrü (BE) an. «Wassermelonen bestehen zu 95 Prozent aus Wasser. Und es kann nicht sein, dass wir praktisch Wasser importieren», so der Landwirt. Wegen des zunehmend heissen und trockenen Klimas gedeihen die Früchte auch in der Schweiz. So macht sich Hurni den Klimawandel zunutze und setzt gleichzeitig ein Zeichen für mehr Regionalität. Die Jungpflanzen bezieht der Landwirt von einer Setzlingsanzucht, die extra für ihn auf Bestellung Wassermelonen heranzieht. «Die Setzlinge pflanzen wir dann im Frühjahr per Hand auf dem Feld ein», erzählt Hurni. Abgedeckt werden die Setzreihen mit einer biologisch abbaubaren Mulchfolie. «Sonst würde das Feld innert kürzester Zeit von Unkraut überwuchert werden.»

Mit Maschinen ist der Anbau von Wassermelonen und die Bewirtschaftung des Felds nicht möglich, denn die Pflanzen sind empfindlich und wachsen kreuz und quer. Sie profitieren vom warmen und trockenen Sommer mit viel Sonnenschein, doch nur wenige nasse Tage reichen, dass der Mehltau zum Problem wird. «Entsprechend müssen wir ein Fungizid spritzen, ob wir wollen oder nicht. Ansonsten wäre der Ernteausfall zu hoch», erklärt Bruno Hurni. Auch gegen Läuse spritzt er zweimal im Jahr ein Insektizid. Ansonsten werden die Wassermelonen sich selber überlassen.

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Alles per Handarbeit

Mitte Juli ist es dann so weit: Die Melonen können geerntet werden. Zusammen mit Saisonarbeitern aus Polen, die jedes Jahr mehrere Monate bei Familie Hurni wohnen, kontrolliert der Landwirt jede Frucht von Hand. «Wenn das Keimblatt verdorrt ist, ist die Melone reif zur Ernte», erklärt er. Die reifen Früchte werden gepflückt, am Feldrand gestapelt und mit dem Lastwagen zum Hof gefahren. Auch hier ist eine maschinelle Ernte undenkbar, denn das Erkennen der Reife erfordert ein geschultes Auge. Das Befahren des Feldes wäre ohnehin nicht möglich, ohne dass zu viele Früchte von den Rädern zerdrückt würden. Auf dem Hof wird jede Melone gewaschen und nochmals kontrolliert.

Hurnis Mitarbeiter sortieren die Früchte zudem nach Grösse und optischer Qualität. Die mittleren gehen über einen Zwischenhändler zu Coop. Hier erwartet den Kunden nebst der Schweiz als Herkunftsland eine weitere Überraschung: Hurnis Wassermelonen sind innen gelb. «Wir wollen, dass sich unsere Wassermelonen von anderen abheben, und so entschieden wir uns für die gelbe Sorte.» Bis auf die Farbe des Fruchtfleisches unterscheiden sich gelbe Wassermelonen nicht von ihren roten Verwandten. Form, Gewicht und vor allem der Geschmack sind gleich. Trotzdem baut Bruno Hurni auch die rotfleischige Variante an, diese wird primär auf den Märkten, in Hofläden und an Strassenständen in der Region Seeland verkauft. Auch die kleinen und grossen gelben Melonen kommen dort hin. So ist für jeden etwas dabei.

Bruno Hurni ist zufrieden mit der Bilanz. Wassermelonen in der Schweiz anzubauen war ein richtiger Entscheid. Heute erntet der Landwirt auf 2,5 Hektaren jährlich zwischen 40 000 und 50 000 Melonen. Nicht alle schaffen es in den Verkauf. «Manche müssen auch aussortiert werden, weil sie zu reif oder kaputt sind», so Hurni. Diese Früchte landen auf einem abgeernteten Feld, wo sie als Wasserquelle und Dünger für die nächste Saat dienen. Um die Übertragung von Krankheiten zu verhindern, wachsen auf solchen Feldern im nächsten Jahr jedoch keine Wassermelonen, sondern andere Feldfrüchte wie Knoblauch, Rosenkohl, Rüebli, Mais, Getreide oder Frühkartoffeln. Hurni hat den Anbau von Wassermelonen somit perfektioniert. Wer auf den entsprechenden Herkunftshinweis achtet, der muss daher auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn er demnächst eine Wassermelone kauft.