Damit die Tiere in Menschenobhut geistig fit bleiben, brauchen sie Herausforderungen, ähnlich denjenigen, die sie in der Natur meistern. Das in der Tierhaltung umzusetzen, ist zeitaufwendig, ob für Löwen oder Wellensittiche. Im Walter Zoo in Gossau (SG) werden verschiedene Strategien verfolgt, damit die Tiere beschäftigt sind und damit die Interaktion zwischen Mensch und Tier langfristig auf einer gesunden Basis erfolgt. Dazu gehören der Bau der Anlage, die Darreichungsform des Futters, ausserartliche Kontakte, Reize durch Duftstoffe und Training. Beim Augenschein bei der Anlage für Kleine Pandas und Zwergotter offenbaren sich all diese Punkte.

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Rhododendronbüsche, von Moos überwachsene Bäume, Wasser plätschert einen Abhang hinunter. Der rötliche Wollknäuel in der Astgabel in luftiger Höhe ist kaum sichtbar, so gut getarnt ist der Kleine Panda durch die Flechten und Moose auf der Baumrinde. Er döst nicht irgendwo an den Hängen des Himalaya-Gebirges oder im südlichen China, sondern in einer Anlage des Walter Zoos. Dort sieht es aus wie im Verbreitungsgebiet des gefährdeten Katzenbären – so wird der Kleine Panda auch genannt –, der im zoologischen System eine eigene Familie bildet. «Wir setzen uns intensiv mit den Herkunftsgebieten der Tiere auseinander, bevor wir sie aus einem Zuchtprogramm übernehmen», sagt Dr. Katharina Hagen. Die Kuratorin des Walter Zoos ergänzt, dass Tiere auch witterungstechnisch ins Gebiet passen müssen. Wie in der Natur des attraktiven Katzenbären ist es auch am Hang in Gossau feucht, das Ostschweizer Klima ähnelt demjenigen seiner asiatischen Heimat.

«Wir setzen uns intensiv mit dem Herkunftsgebiet der Tiere auseinander.»

Dr. Katharina Hagen Kuratorin Walter Zoo, Gossau

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Derweil steckt Dominic Kast Bambuszweige in Metallrohre, die an Baumstämmen befestigt sind. Der leitende Tierpfleger des Vogelreviers ist auch zuständig für die Kleinen Pandas. Er erklärt: «Sie ernähren sich in der Natur hauptsächlich von Bambusblättern. Das bieten wir ihnen hier auch.» Er zeigt auf Verbindungsäste, die zu verschiedenen knorrigen Kletterbäumen führen: «Wenn die Kleinen Pandas den kürzesten Weg durch ihre Anlage nehmen, klettern sie insgesamt über Äste von einem Baum zum andern auf einer Strecke von 65 Meter.» Er befestige den Bambus mehrmals pro Tag an verschiedenen Stellen. «Wenn das Grün abgefressen ist, stecke ich wieder einen frischen Zweig dazu. So müssen sie die Strecken ständig neu ablaufen, um zu neuer Nahrung zu gelangen, wie in der Natur auch», erklärt der Tierpfleger.

Beim Tier dürfe sich keine Routine entwickeln, auch der Nahrungserwerb in der Natur sei nicht vorhersehbar. «Früher wurden Kleine Pandas in Zoos mit viel Gemüse gefüttert, das einmal täglich in einer Schüssel hineingestellt wurde.» Diese Ernährung habe sich als zu energiereich für diese Art herausgestellt. «Die Tiere entwickelten Fellprobleme und neigten zu Stereotypien», sagt Dominic Kast. Für den Tierpfleger sei es einfacher, das Futter einmal täglich in einem Gefäss vorzusetzen, den Zoo käme das zudem günstiger,erklärt der Tierkenner und gibt unumwunden zu: «Die Fütterung unserer zwei Kleinen Pandas bedeutet einen grossen logistischen Aufwand.» Innerhalb des Zoogeländes seien über 2500 Bambuspflanzen gesetztworden, zudem würden sie Bambus ausserhalb in Gärten für die beiden Weibchen schneiden, die in Gossau von zwölf Bambussorten naschen.

Die beiden Kleinen Pandas werden im Innenraum, ohne dass sie es merken, einmal täglich gewogen. Dabei wird ihnen eine kleine Portion mit auf sie abgestimmten Pellets vorgesetzt. Sie wurden aufgrund von Futteranalysen aus dem Freiland und in Zusammenarbeit mit anderen Zoos hergestellt. Während die putzigen Tiere sich über die Leckereien hermachen, zeigt eine darunter liegende Waage ihr Gewicht an. «Wir vergleichen es mit im Freiland ermittelten Gewichten von Artgenossen», sagt Katharina Hagen.

Training bietet Abwechslung

Die Kleinen Pandas leben nicht allein. Dominic Kast erzählt: «Wir haben zwei nebeneinander liegende Anlagen gebaut. Derzeit können die Kleinen Pandas auch zu den asiatischen Zwergottern von nebenan.» Sobald sich die Zwergotter vermehrten, würden auch sie beide Anlagen nutzen können. Eine Bereicherung und Abwechslung für beide Arten. Auch in der Natur interagiert ein Tier in seinem Lebensraum nicht nur mit Artgenossen, sondern auch mit artfremden Tieren. Ist die Anlage gross genug und kann, wie im Falle des Walter Zoos, zweigeteilt werden, sind Vergesellschaftungen von Arten, die einander möglicherweise auch in ihren natürlichen Lebensräumen begegnen, ideal. Der Kleine Panda lebt teilweise als Einzelgänger. Mit den zwei grossen Anlagen wird diese Eigenschaft berücksichtigt.

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Die Vergesellschaftung unterschiedlicher Arten ist anspruchsvoll und gelingt nur mit Rückzugsgebieten und verschiedenartigen Verhaltenszyklen. «Wir halten Zebras und Stachelschweine auf der gleichen Anlage», merkt Dominic Kast an. Während die Stachelschweine hauptsächlich in der Nacht aktiv seien, würden die Zebras die Anlage tagsüber nutzen. Früher hätten sich dort auch Perlhühner aufgehalten. «Das ging mit den alten Zebras, doch die jungen haben sich einen Spass daraus gemacht, das Geflügel zu jagen.» Die Perlhühner mussten folglich abgegeben werden. Im Savannenhaus müssen sich die Pfirsichköpfchen, eine Papageienart aus Ostafrika, vor den Erdmännchen in Acht nehmen. Die Kleinpapageien fliegen frei im Haus und können somit auch in die Anlagen der Erdmännchen und Fenneks flattern. Aufregung und Entdeckergeist für beide Arten. Lethargie in der Haltung ist da ein Fremdwort.

Im Walter Zoo leben auch Raubkatzen wie Berberlöwen und Tiger. Sie werden durch Düfte stimuliert. Dominic Kast sagt, dass Zebrakot in der Löwenanlage verteilt werde, was die Sinne der Raubtiere anrege. Es würden auch Düfte von Gewürzpflanzen verwendet.

Der initiative Tierpfleger Kast betritt jetzt den durch Vegetation versteckten Innenraum der Kleinen Pandas. Vom Mittelgang aus sieht er, dass sich in der seitlichen Anlage die zwei Zwergotter aufhalten. Sie nehmen kurz Notiz von ihrem Pfleger, indem sie aufschauen, und beschäftigen sich dann wieder miteinander. Das ist erstaunlich, denn diese Art neigt sonst zum Betteln. Zwergotter sind von Natur aus neugierig. «Immer, wenn sie Bettelgeräusche von sich gaben, gingen wir von ihnen weg», erzählt Dominic Kast. Er spricht damit eine weitere Komponente der Beschäftigung von Tieren an: das Training. «Dabei geht es nicht darum, dem Tier Kunststücke beizubringen», erläutert der vielseitige Tierpfleger. Tierhalterinnen und Tierhaltern ist es oft zu wenig bewusst, dass Training ständig erfolgt, meist unbewusst. Würde Dominic Kast den Zwergottern Leckerbissen zuwerfen, würde er ihr Betteln belohnen. Er sagt: «Man muss sich dann nicht wundern, wenn Tiere penetrant auf sich aufmerksam machen, sobald sie ihren Pfleger sehen.» Positives Training aber schärft ihre Sinne und führt dazu, dass unerwünschte Verhaltensweisen verschwinden.

Die Kuratorin Katharina Hagen ergänzt: «Wir trainieren natürliches Verhalten. Für das Training gibt es stets einen tierpflegerischen oder medizinischen Grund.» So seien die Schimpansen dahingehend trainiert, dass sie ans Gitter kommen, damit ihnen Blut entnommen werden könne. Das sei schonender, als wenn sie eingefangen werden müssten.

Dominic Kast zeigt jetzt im Haus für die Zwergotter und Kleinen Pandas auf ein Regal mit sieben wie Schubladen herausziehbaren Kisten. Aussen sind Wochentage notiert. Der Tierpfleger sagt: «Der Spieltrieb der Otter wird bewusst gefördert. Wir haben für jeden Wochentag andere Beschäftigungsmöglichkeiten vorgesehen.» So werde vermieden, dass immer wieder die gleichen Spielgegenstände angeboten würden. Abwechslung ist ein zentrales Element: Das Spielzeug verliert seinen Reiz, wenn es immer da ist. Sehr beliebt bei den Ottern ist ein mit Miesmuscheln bestückter Ball.

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«Wir werfen ihn nie vom Besucherbereich aus in die Anlage. So vermeiden wir, dass die Otter darauf geprägt werden, dass von dieser Seite her Attraktives in die Anlage fällt. Darum betteln sie Besucherinnen und Besucher nicht an.» Der Tierpfleger steht versteckt im Gelände und wirf den Ball in den Teich. Ein Zwergotter schwimmt sofort herbei, stösst den Ball vor sich hin. Dabei rieselt eine Miesmuschel heraus. Mit beiden Pfötchen hält er sie, schwimmt damit ans Ufer und macht sich ans Öffnen.

Checkliste Wohlbefinden und Beschäftigung von Heimtieren- Futter verstecken oder so reichen, dass es sich die Tiere erarbeiten müssen
- Futter mehrmals täglich in kleineren Portionen reichen
- Natürliche Umgebung gestalten, ähnlich dem Freilandbiotop
- Einfache Trainings, beispielsweise in eine Transportbox oder auf die Waage gehen
- Bezugnahme Mensch und Tier, Ansprache
- Sicherheit vermitteln durch gleiche Kleidung bei der Reinigung (Schürze), generell für das Tier vorhersehbare Abläufe durchführen
- Bei Nasentieren wie Hunden olfaktorische Reize einsetzen
- Lebensraum mit wechselnden Gegenständen aus der Natur bereichern
- Beschäftigungsutensilien regelmässig wechseln

Die Darreichungsform von artgerechtem Futter ist ein zentraler Teil der Tierhaltung. Lange mit der Nahrungssuche beschäftigt seien die Zwergotter, wenn er Miesmuscheln und Shrimps in den Bachlauf werfe, sagt Dominic Kast. Er merkt an: «Auch unseren Raubtieren füttern wir ganze Tiere, sodass sie sie zerlegen müssen, als hätten sie in der Natur Beute geschlagen.» Manchmal würden auch Fleischstücke an Seilen befestigt. Der Berberlöwe etwa muss sich sein Fleisch so erarbeiten. Was Tiere in der Natur an Verhalten zeigen, sollten sie auch in Menschenobhut ausleben können. Zwergotter beispielsweise reiben sich gerne an Baumstämmen oder Gras trocken, bevor sie in ihren Bau schlüpfen. Das Walter-Zoo-Team bietet seinen Tieren einen mit Grasteppich eingepackten Baumstumpf. Die beiden Otter Akito und Joya reiben sich regelmässig daran trocken.

Wohlbefinden dank Sicherheitsgefühl

Der Tierpfleger Dominic Kast denkt sich in das Tier hinein, sieht mit den Augen des Tiers. Dies erfordert Kenntnisse des Freilebens, kombiniert mit Erkennt-nissen aus der Verhaltensforschung. Er gibt ein Beispiel: «Der Kleine Panda hat einen Kotplatz. Es ist wichtig, dass wir jeweils nicht alles reinigen.» Lachend fügt der Tierkenner hinzu, dass es eigentlich die Aufgabe des Tierpflegers sei, zu reinigen. In diesem Fall aber würde eine komplette Reinigung des Kotplatzes zu Unbehagen beim Tier führen.

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«Bei Reinigungsarbeiten gehe ich immer mit dem gleichen Kübel in die Anlage.» Abwechslung ist zwar gut bei der Futtersuche und beim Spiel, Kontinuität aber ist essenziell bei der Betreuung. «Ein Tier muss einschätzen können, was passiert. Das gibt ihm Sicherheit.» Füttern zu immer gleichen Zeiten wäre aber schlecht. Bilder von Tieren, die sich vor der Fütterungszeit an der Abschrankung versammeln, gehören in modernen Zoos der Vergangenheit an.

Auch der Besucher im Zoo bedeutet für das Tier Abwechslung. Wer da wen beobachtet, ist manchmal nicht ganz klar. Wichtig sei, dass das Tier die Möglichkeit habe, nahe beim Besucher zu sein. Während der Kleine Panda am Vormittag zurückgezogen hoch auf einem Baum als Pelzkugel schlief, klettert er nachmittags in der Nähe des Besucherwegs auf einen Baum. Bald bildet sich eine Traube von Beobachtenden. Dominic Kast sagt: «Dort, wo er am Vormittag geschlafen hat, im hinteren Bereich, verschluckt das Rauschen des Bachs jeglichen Lärm.» Rückzugsraum für den Kleinen Panda. Nun scheint er aber Lust darauf zu haben, das Publikum zu beobachten.

«Ein Tier muss einschätzen können, was passiert. Das gibt ihm Sicherheit.»

Dominic Kast Tierpfleger Walter Zoo, Gossau (SG)

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Die Kleinen Pandas leben im Walter Zoo in ihrem Territorium, einer ihrem Lebensraum nachempfundenen Anlage mit zusätzlichen Reizen. «Als sie über einen hineinragenden Bambusstab entwichen, sind sie problemlos wieder in ihre Anlage zurückgeklettert», erzählt Dominic Kast. Katharina Hagen ergänzt: An Spuren im Schnee habe man in anderen Zoos sogar festgestellt, dass gewisse Tierarten regelmässig aus ihren Anlagen entwichen und jeweils selbstständig wieder zurückfänden.» Das Tiergehege ist kein Gefängnis, sondern ein verkleinerter Lebensraum, der Sicherheit vermittelt.

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Das Sicherheitsbedürfnis des Tiers hat Dominic Kast auch beim Bau der neuen Anlage für Vögel berücksichtigt. Er führt regelmässig kommentierte Flugtrainings durch. Die verschiedenen Papageienarten sehen von ihren Aussen- und Innenvolieren aus über das ganze Zoogelände. Der Revierleiter erklärt: «Papageien sind Fluchttiere. Sie fühlen sich sicher, wenn sie den Überblick haben.» Er ist davon überzeugt, dass eine anregende Umgebung für das Wohlbefinden der Vögel entscheidend ist. Farben der Natur und Pflanzen gehören dazu. Von natürlichen Reizen profitieren die beiden Gelbbrustaras regelmässig während des Freiflugs. Dabei sind sie mit Herausforderungen konfrontiert.

«Sie müssen abschätzen, wie fest der Wind von welcher Seite her weht, um zu mir zurückzufliegen und auf meiner Hand zu landen.» Im Sommer etwa hätten sie entdeckt, dass sie die Thermik des Parkplatzes zum Aufsteigen nützen könnten. Tiere wählen immer den Weg mit dem geringsten Energieverbrauch. Dominic Kast und sein Team arbeiten nicht mit Futterentzug. «Wenn Hunger für die Papageien der einzige Antrieb ist, zu uns zurückzukommen, dann würde die Angst beim Anblick eines Habichts obsiegen, sie würden fliehen. Weil die Vögel aber Sicherheit mit uns verbinden, fliegen sie bei Gefahr zu uns zurück.»

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Dominic Kast findet, dass es auch für Privathalter nützlich sei, wenn ein Vogel selbstständig und ohne Angst in die Transportbox gehe oder sich ruhig auf die Waage setze. Er trainiere zehn Minuten pro Tag und Tier. Das sei nicht lange, Kontinuität führe zum Erfolg. Wenn etwas nicht funktioniere, müsse er sich überlegen, was er falsch gemacht habe. «Es gibt kein dummes Tier, nur dumme Trainer», sagt der Tierpfleger, der auch zum Tierpsychologen geworden ist.

Von optimistischen und pessimistischen Tieren

Die Interaktion zwischen Mensch und Tier, soziale Kontakte, Fortpflanzung, Neugierde stillen und die Nahrungssuche sind zentrale Bestandteile des Tier-lebens. Ist ein Tier glücklich, wenn es natürliches Verhalten ausleben kann? Ist der Begriff Glück in Bezug auf das Tier überhaupt korrekt? Die Tierärztin Ruth Herrmann aus Olten (SO) spricht beim Tier eher von positiv empfundenen Emotionen. Sie hat sich in ihrer Praxis auf die Verhaltensmedizin spezialisiert und behandelt Tiere mit störendem Verhalten. Die Veterinärin erinnert daran, dass auch der Mensch ein Säugetier sei und den gleichen Bauplan habe. «Freude und Glück gehören zu den Basisemotionen. Man kann davon ausgehen, dass sie bei den meisten Tieren vorhanden sind.» Glücksgefühle seien kurzfristig, langfristig empfundenes Glück könne auch als Zufriedenheit bezeichnet werden.

«Optimismus bim Tier kann gefördert werden.»

Ruth Herrmann, Verhaltenstierärztin, Olten (SO)

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Die Lebensumstände von Tieren in Menschenobhut seien entscheidend, ob sie sich wohlfühlten. «Es gibt innerhalb einer Art optimistische und pessimistische Tiere», sagt Herrmann. Habe ein Tier eine interessante Umgebung, mit der es selbstwirksam interagieren könne, neige es zu Optimismus, sei neugierig. «Ein Tier in einer reizarmen Umgebung wird eher pessimistisch.» Es erlebe kontinuierlich, dass es sich nicht lohne, neugierig zu sein. Es habe die Erfahrung gemacht, dass es ja doch nichts habe in seinem Gehege, und werde möglicherweise lethargisch oder gar depressiv. Das Neugierverhalten sei verschwunden. Die Verhaltensanreicherung sei ein wichtiges Thema in der Tierhaltung – auch bei Heimtieren wie Hunden und Katzen. «Optimismus beim Tier kann gefördert werden.» Die entscheidende Frage für das Tier sei: Habe ich eine Umwelt voller Möglichkeiten oder eine Umwelt, wo es nichts gibt und die es nicht beeinflussen kann.

Die Verhaltenstierärztin findet die Mensch-Tier-Beziehung zentral. Sie sagt: «Durch das Beobachten können ein Tier und seine Bedürfnisse gesehen und wahrgenommen werden. Es ermöglicht eine Bindung.» Viele Tierarten seien sozial und würden auch Beziehungen über die Artgrenzen hinaus führen. «Der Mensch ist Bestandteil davon.»

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Nicht alle Tiere in Menschenobhut, ob im Zoo oder in der Privathaltung, können sich auch fortpflanzen. Ruth Herrmann sagt dazu: «Alles, was mit der Fortpflanzung zusammenhängt, ist ein grosser Bestandteil des Verhaltensrepertoires von Mensch und Tier.» Es sei aber nicht so, dass jedes artgemässe Verhalten, das potenziell vorhanden sei, ausgelebt werden müsse, damit ein Individuum am Ende glücklich sein könne. Insofern greift auch die Vorstellung zu kurz, dass es Tieren in der Natur rundum gut geht.

Ruth Herrmann sagt dazu: «Das Leben in der Natur hat wie jedes Leben schöne und schwierige Seiten.» Sie streicht zudem heraus, dass der Mensch in das Leben in der sogenannt freien Wildbahn eingreife, mit Strassen, Kulturen, Siedlungen, Licht, der Jagd, Tourismus, landschaftlichen Umgestaltungen und Gewässerverbauungen. «Sicher hat ein Tier in der Natur mehr Wahlfreiheiten, aber dass dies ein dauerndes Glücksgefühl auslöst, ist eine romantische Überhöhung.» Denn in der Natur würden sowohl Glück als auch Stress, Krankheit und Tod warten. In der Tierhaltung übernimmt der Mensch die Verantwortung für das Tier. Es liegt an ihm, dem Tier ein interessantes, artgerechtes Leben zu bieten.

Darum gehen im Walter Zoo Kleine Pandas auf Entdeckungsreise und klettern über mit Moos bewachsene Äste, Zwergotter suchen im Bach nach Mies-muscheln und Gelbbrustaras segeln hoch am Sankt-Galler Himmel, um sich später herunterzuschrauben und auf der ausgestreckten Hand des Tierpflegers Dominic Kast zu landen.

walterzoo.ch und verhaltenstierarzt.ch

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Bauen für TiereNicht nur Zoos können für ihre Tiere bauen, sondern auch Private. Der Zoofachhandel bietet grosse Gehege, doch es lohnt sich, sie nach Mass anfertigen zu lassen. Das hat den Vorteil, dass so der Platz in der Wohnung optimal ausgenützt werden kann. Das heisst beispielsweise bei einer Zimmervoliere, dass sie bis zur Decke reicht, was dem Sicherheitsgefühl der Vögel entgegenkommt, denn sie sitzen gerne in der Höhe. Auch Gehege für Kleinnager können in die Wohnungsverhältnisse eingepasst und mehrstöckig durch einen Schreiner gebaut werden. Beschichtetes Holz oder Forex sind gut zu reinigen. Volierenbauer konstruieren oft auch Anlagen für Kleinnager. Glasscheiben verleihen Einsicht von aussen, Gitter ermöglichen den Luftaustausch. Aussenanlagen für Kleinnager sollten als Volieren gebaut werden, denn so sind die Tiere geschützt vor Fressfeinden. Unter dem Stichwort «Volieren Schweiz» finden sich verschiedene Volierenbauer im Internet.

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