Wiederansiedlung in der Schweiz
Ausgestorbene Tiere kehren zurück
Der Wisent reiht sich ein in eine lange Liste von Tieren, die in der Schweiz ausgestorben sind. Dank Wiederansiedlungsprojekten sind einige zurückgekehrt.
Bartgeier (Gypaetus barbatus)
Zu Unrecht als gefährlicher Beutegreifer verrufen, wurde der Bartgeier verfolgt und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Alpen gänzlich ausgerottet. Heute ist dieses falsche Bild dank Öffentlichkeitsarbeit weitgehend korrigiert. 1991 wurden die ersten Tiere in der Schweiz ausgewildert. Dafür wurden noch flugunfähige Jungtiere in einer Nische im Nationalpark freigesetzt und bis zur Selbstständigkeit überwacht und mit Futter versorgt. Diese «Hacking» genannte Methode hat sich bewährt, denn so lernten die Jungtiere eigenständig zu werden und selbstständig Futter zu suchen. Bis 2022 wurden in der Schweiz im Engadin (GR), im Calfeisental (SG) und in Melchsee-Frutt (OW) insgesamt 51 Bartgeier ausgewildert. Mit einer Flügelspannweite von über 2,6 Metern ist er somit wieder der grösste Vogel der Alpen.
Biber (Castor fiber)
Einst besiedelten Biber praktisch alle naturnahen Gewässer Europas. Wegen seines dichten Fells und dem Drüsensekret, dem Castreum oder Bibergeil, wurde das Tier jedoch gnadenlos gejagt. Bibergeil hat einen hohen Gehalt an Salicylsäure, dem Wirkstoff von Aspirin, und wurde unter anderem als Arzneimittel verwendet. Seit 1962 ist der Biber in der Schweiz streng geschützt, und zwischen 1956 und 1977 wurden 141 Tiere ausgewildert. Laut der letzten Bestandserhebung 2022 besiedeln heute rund 4900 Biber die Schweiz mit knapp 1400 Revieren. Die grösste Dichte erreicht der Biber im unteren Thurtal bei Frauenfeld sowie entlang der Aare und deren Seitengewässer zwischen Thun und Bern. Der grösste bei der Bestandeserhebung gefundene Damm war 2,5 Meter hoch, die meisten Dämme sind jedoch kleiner als 50 Zentimeter.
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Alpensteinbock (Capra ibex)
Die Hinterbeine des Steinbocks sind länger als die Vorderbeine und die Hörner können bis zu einem Meter lang werden. Ausser wegen des Fleisches wurde der König der Alpen auch als wandelnde Apotheke gejagt. Vieles basierte auf Aberglauben, dennoch wurde 1809 der letzte Schweizer Steinbock erlegt. Die ersten Wiederansiedlungsversuche liefen mit einer gewissen kriminellen Energie ab. Da der italienische König keine Tiere aus seinem Bestand liefern wollte, wurden zwischen 1906 und 1933 fast 60 Kitze aus dem Aostatal nach St. Gallen geschmuggelt, um im dortigen Tierpark Peter und Paul eine Nachzucht zu starten. 1911 wurden die ersten daraus stammenden Steinböcke im Weisstannental (SG) ausgewildert. Es folgten weitere Auswilderungen, sodass heute wieder etwa 15 000 Steinböcke in der Schweiz leben.
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Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis)
Die Europäische Sumpfschildkröte ist die einzige an den Lebensraum Wasser angepasste Schildkröte Zentraleuropas. Durch Bejagung als erlaubte Fastenspeise und den Verlust ihres Lebensraums war das Reptil bis Mitte der 90er-Jahre in der Schweiz ausgerottet. Seit 2010 läuft ein grosses Wiederansiedlungsprojekt, bei dem auf Tiere in Auffangstationen und entdeckte kleine Restpopulationen zurückgegriffen wird. Durch die Renaturierung von Gewässern finden Sumpfschildkröten heute wieder den Lebensraum, den sie brauchen. Unter anderem der Zoo Zürich wie auch der Zoo Bern liefern jedes Jahr Jungtiere, die an geeigneten Stellen ausgewildert werden. Heute findet man die Sumpfschildkröte wieder in ruhigen, pflanzenreichen Gewässern im Mittelland, den anschliessenden tiefliegenden Gebieten und im Tessin.
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Eurasischer Luchs (Lynx lynx)
Der grösste europäische Vertreter der Katzen war einst in der Schweiz weit verbreitet, wurde durch exzessive Bejagung im 19. Jahrhundert jedoch ausgerottet. Zudem fehlte es dem Luchs durch den Rückgang natürlicher Wälder zunehmend an geeignetem Lebensraum und an seiner bevorzugten Beute, dem Reh. 1962 stellte die Schweiz den Luchs im Jagdgesetz unter Schutz, und fünf Jahre später genehmigte der Bundesrat eine Wiederansiedlung. 1971 und 1972 wurden Luchse aus den Karpaten im Kanton Obwalden, 1974 und 1975 in Neuenburg ausgewildert. Zusätzlich kam es zu Freisetzungen durch Privatpersonen. Ausgehend von diesen etwa 30 Tieren leben heute in der Schweiz etwa 300 Luchse. Inzwischen beteiligt sich die Schweiz an Wiederansiedlungsprojekten in den Nachbarstaaten wie in Italien oder Österreich.
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Waldrapp (Geronticus eremita)
Auf unter 250 Tiere wird der weltweite Bestand der Waldrappe geschätzt. In der Schweiz ist der Waldrapp im 17. Jahrhundert ausgestorben. Im Frühling dieses Jahres gab es eine kleine Sensation: In Rümlang (ZH) brütet seit Jahrhunderten der erste Waldrapp in der Schweiz. Dieser stammt aus einer Zoozucht und ist Teil eines Wiederansiedlungsprojekts in Süddeutschland und Österreich. Dafür muss den Vögeln jedoch mühsam das Zugverhalten in die Winterquartiere im Süden antrainiert werden. Seit 2004 fliegen Forscher mit Ultraleichtflugzeugen voraus und weisen den Waldrappen den Weg in die Toskana. Birdlife Schweiz sieht das Projekt jedoch kritisch und plädiert dafür, lieber die bestehenden Kolonien in Marokko besser zu schützen. Deren Bestand sank in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent.
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