Ziervogellexikon
Glanzsittich: macht seinem Namen alle Ehre
Das Gefieder des Glanzsittich-Männchens leuchtet intensiv. Die kleinen Australier zeigen einen ausgeprägten Geschlechtsunterschied, stellen gewisse Ansprüche an die Pflege und können auch in Kombination mit Prachtfinken gehalten werden.
Steckbrief
Wissenschaftliche Bezeichnung: Neophema splendida
Unterarten: keine
Herkunft: West-, Zentral- und Südaustralien
Grösse: 20 cm
Wildfarbe: Männchen: leuchtend blaues Kopfgefieder, rote Brust, gelber Bauch, Oberseite grün. Weibchen: fahles Blau am Kopfgefieder, grünlich bis grünlich-gelbes Gesamtgefieder
Mutationen: zahlreich, beispielsweise in Pastell, gelb-gescheckt, seegrün, zimt, isabell, falbe, rotbäuchig, silberfarbig, hellblau und weitere
Geschlechtsunterschiede: deutlich, Weibchen ohne roten Bauch und ohne glänzend blaues Kopfgefieder
Ringgrösse: 3,8 mm
Lebenserwartung: ca. 10 Jahre
Platzansprüche: Ein Paar kann in einem Käfig von 1,20 x 0,50 x 0,80 Meter gehalten werden. Besser ist die Unterbringung in einer Zimmervoliere mit grösseren Abmessungen, eventuell in Gemeinschaft mit Prachtfinken.
Ausstattung: natürliche Äste, Wurzelstock, Sand am Boden
Stimme: leise zwitschernder Ruf
Haltung: paarweise Haltung, unter Artgenossen recht aggressiv, gegenüber artfremden Vögeln wie Prachtfinken friedlich
Herkunft und Geschichte
Glanzsittiche stammen aus trockenen Savannengebieten Australiens und fliegen dort paarweise oder in kleinen Gruppen. Es wird vermutet, dass die Art nur im Zentrum des Vorkommensgebiets Standvogel ist und in den Randgebieten nomadisch ist. Glanzsittiche halten sich in Sträuchern in Bodennähe oder auf dem Boden auf, wo sie nach Grassamen suchen. In ihrem Lebensraum dominiert Mallee. Dabei handelt es sich um Eukalyptusgewächse, die oft in Bodennähe gedeihen. Die Sittiche leben auch im Akazienbuschland und in Ebenen mit Spinifexgras. Es scheint, dass Glanzsittiche nie sehr häufig waren. Auffallend ist, dass Australienreisenden bis heute nur selten Bilder dieser Art gelingen. Allerdings gab es vor 1960 einen richtigen Boom bei Vogelliebhaber, und zahlreiche Glanzsittiche wurden gefangen und exportiert. Vielleicht auch darum ist die Art bis heute selten und gesetzlich geschützt. Da Glanzsittiche in der Natur häufig weit entfernt von Wasserstellen beobachtet wurden, steht die Vermutung im Raum, dass sie von Tautropfen trinken und Feuchtigkeit teilweise auch über die Nahrung aufnehmen. 1872 wurde eine Zucht im London Zoo verzeichnet. Dabei handelt es sich vermutlich um die Erstzucht. Im 20. Jahrhundert hat sich die Art in Volierenhaltung etabliert, wobei sie immer anspruchsvoll blieb.
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Eignung als Heimtier
Glanzsittiche eignen sich gut für spezialisierte Züchter und sind besonders zur Haltung in Zimmervolieren geeignet. Sie sind heikel gegenüber kühler und feuchter Witterung. In Aussenvolieren kann es zu Ausfällen kommen, wenn die Kleinsittiche keinen trockenen Innenraum zur Verfügung haben. Allgemein haben Halter und Züchter mehr Erfolg, wenn sie Glanzsittiche in Innenvolieren halten, ohne dass sie Regen exponiert sind.
Erwerb
Glanzsittiche können direkt beim Vogelzüchter erworben werden, seltener werden sie an Vogelbörsen angeboten. Züchterinnen und Züchter dieser Art sind in den Verbänden Exotis und Ziervögel Schweiz organisiert. Die Exotis betreibt auf ihrer Webseite einen Vogelmarkt, wo manchmal Glanzsittiche angeboten werden.
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Ernährung und Pflege
Glanzsittiche ernähren sich von einer Samenmischung für Grassittiche, die im spezialisierten Vogelfutterhandel so erworben werden kann. Sie besteht meist aus Bluthirse, Reis, Buchweizen, Kanariensamen, Hafer, Japanhirse, Kardisamen, Leinsamen, Hanfsamen, Mannahirse, Moharhirse, Negersamen, Gelbhirse, Rüebsen, Senegalhirse und Weisshirse. Zusätzlich sollten Apfel, Gurke, Birne, Trauben, Fenchel, Broccoli, Rüebli und andere Früchte und Gemüsesorten angeboten werden. Als Bewohner von Trockenregionen nehmen Glanzsittiche Früchte spärlich, es kommt aber auf die Jahreszeit an. Während der Brutzeit sollte auch Keimfutter verabreicht werden. Grit, vitaminisierter Futterkalk und Sepiaschalen sollten immer zur Verfügung stehen. Ebenfalls ganzjährig sollte ein Eifutter gereicht werden.
Zucht
Paare züchten auch in Gemischtvolieren mit Prachtfinken. Sie sollten aber nicht mit anderen Papageienarten zusammen gehalten werden. Ideal ist, wenn ein Zuchtpaar abgesondert werden kann, beispielsweise in einer Boxe. Es sind Höhlenbrüter, die auch Wellensittichnistkästen als Brutstätten annehmen. Der Durchmesser des Einschlupflochs sollte etwa 6 Zentimeter betragen. Im Innern, unterhalb des Einschlupflochs, sind Kletterhilfen wichtig, gerade wenn es sich um einen hochformatigen Kasten handelt. Manche Paare tragen gar frische Grashalmstücke ein. Holzmulm oder Sägespäne eignen sich als Unterlage für die vier bis fünf Eier, die im Abstand von zwei Tagen gelegt werden. Ein Paar ist im Alter von einem Jahr fortpflanzungsfähig. Die Brutdauer beträgt 18 Tage. Das Weibchen brütet alleine und wird vom Männchen gefüttert. Die Jungen bleiben bis zu fünf Wochen im Nest und werden dann auch vom Männchen gefüttert. Häufig beginnt das Weibchen gleich wieder mit einer neuen Brut. Mehr als zwei Jahresbruten sollten aber nicht zugelassen werden, denn sonst wird das Weibchen zu sehr geschwächt. Als ursprüngliche Bewohner trockener Lebensräume sind die Vögel darauf ausgerichtet, sich fortzupflanzen, wenn die Bedingungen stimmen. Unter Menschenobhut ist das immer der Fall. Darum muss der Halter regulierend eingreifen. Junge Männchen bekommen im Alter von drei bis vier Monaten erste rote Federn an der Brust. Drei Monate später ähneln sie bereits sehr dem Vater. Das Blau am Kopf und das leuchtende Rot an der Brust sind aber erst im zweiten Lebensjahr voll ausgebildet.
Lustig
Dass der Glanzsittich etwas Besonderes ist, zeigt die Tatsache, dass die australische Regierung 1933 dem englischen König Georg V ein Paar Glanzsittiche schenkte.
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Namensgebung
Die Artbezeichnung splendida stammt von John Gould, der den Glanzsittich 1841 erstmals wissenschaftlich beschrieb. Sie ist selbstredend und bedeutet so viel wie «prächtig». John Gould war ehemaliger Gärtnergehilfe, Ornithologe und Kunstmaler. Auf seiner Australienreise, die er mit seiner Frau und einigen seiner Kinder unternahm, entdeckte, malte und beschrieb er zahlreiche Vogelarten. 1891 begründete der italienische Arzt und Ornithologe Graf Tommaso Salvadori Adlard die Gattung der Grassittiche Neophema.
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Besonderheit
Die Zucht von Farbmutationen schlug solch hohe Wellen, dass es heute eine Seltenheit ist, reine wildfarbene Glanzsittiche erwerben zu können. Viele erzüchteten alle möglichen Farbformen und verloren dabei das Hauptziel der Vogelzucht, die Erhaltung von Naturformen unter Menschenobhut, aus den Augen. Das hätte nie passieren dürfen. Es ist darum von grosser Wichtigkeit, dass Glanzsittiche in der Naturform nachgezüchtet werden. Diesem Ziel haben sich heute einige Schweizer Züchter verschrieben.
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