Lange blieb die Situation der Tiere während der NS-Herrschaft in Deutschland unerforscht, da die Angst gross war, die Opfer des Holocaust und der nationalsozialistischen Verfolgung zu bagatellisieren. Doch der freie Journalist Jan Mohnhaupt widmet sich in seinem Buch «Tiere im Nationalsozialismus», diesem Thema. Denn die Beziehung der Nazis zu ihren Tieren gibt Aufschluss über die nationalsozialistische Ideologie und die Übertragung der Rassenlehre auf Menschen. 

Umfangreiches Tierschutzgesetz 

Nach Hitlers Regierungsantritt im Januar 1933 gab er ein umfassendes Tierschutzgesetz in Auftrag. Besonders Hermann Göring, Reichsminister, setzte sich für das Verbot von Tierversuchen ein. Jeder der solche veranlasste, durchführte oder in irgendeiner Form daran beteiligt war, sollte schwerstens bestraft werden. Am 24. November 1933 trat das erste Deutsche Tierschutzgesetz in Kraft.  Laut dem Magazin «Die Zeit»  wurde verboten Tiere zu quälen und zu misshandeln. Dieses Tierschutzgesetz galt als Vorreiter in der Rechtslehre. 

Es beinhaltete nicht nur den Grundsatz, Tiere nicht zu quälen, sondern definierte auch explizite Dinge, wie den Transport von Tieren oder das Verbot, Hunde zu kupieren. Zudem wurde die Betäubung bei Tierversuchen verpflichtend, wer dagegen verstiess, musste mit einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren rechnen. Dass die Nazis keine oder nur unter Betäubung Tierversuche durchführten, ist illusorisch. In der Realität testeten die Nazis in verschiedenen Bereichen aktiv an Tieren. 

Ideologisierung des Tierschutzes 

Die Entstehung des Tierschutzgesetzes kommt aber nicht von ungefähr und hatte Platz in der nationalsozialistischen Ideologie, so wurde Tierliebe zur deutschen Tugend ideologisiert. Zudem erhielten Tiere, insbesondere Nutztiere, einen neuen Stellenwert – Deutschland sollte durch sie wirtschaftlich unabhängig gemacht werden. So wurde plötzlich die Schweinezucht vorangetrieben, da deren Fleisch ein zuverlässiger Fett- und Energielieferant war. Doch auch die Produktion von anderen Dingen sollte nationalisiert werden. So wurden beispielsweise Maulbeerbäume gepflanzt, da diese die Lieblingsmahlzeit von Seidenraupen waren, deren Seide dringend für die Herstellung von Fallschirmen gebraucht wurde. 

Die Zucht von Tieren passte in die nationalsozialistische Ideologie. In dieser wurde zwischen «Nützlichem» und «Lebensunwertem» unterschieden – egal ob bei Tier oder Mensch. So galten Läuse und Ratten, wie Juden und Behinderte aus nationalsozialistischer Sicht als «lebensunwert».  

Zudem ermöglichte das neue Tierschutzgesetz mit einem spezifischen Abschnitt über die Tötung von Tieren einen Seitenhieb gegen die jüdische und muslimische Bevölkerung. Das Schächten von Tieren ohne Betäubung wurde verboten. Für viele Rabbiner galt das Fleisch damals so nicht mehr als koscher.  

«Deutsche» Tierrassen 

Die Nazis förderten gezielt Tiere, die «Deutsche Tugenden» verkörpern sollten. Allen voran Hunde. Hunde seien treu und gehorsam – gewünschte Eigenschaften bei deutschen Soldaten. Zudem liess sich Hitler von seiner Entourage gerne als Wolf bezeichnen, der Urform des Hundes.  

Der Schäferhund wurde das Nationaltier des Deutschen Reiches. Hitler selbst hielt Schäferhunde und seine letzte Hündin hiess Blondi. Doch man darf sich nicht von seiner vermeintlichen Hundeliebe und seiner vegetarischen Ernährung täuschen lassen, 1945 teste er Blausäurekapseln an seiner Hündin Blondi.  

Und nicht alle Tiere waren laut den Nazis gleich schützenswert. So verachtete Hitler Katzen, da er sie als charakterlos ansah. 

Keine Tierliebhaber 

Aus historischer Sicht es zu einfach, die Nazis, insbesondere Hitler, als Tierliebhaber zu bezeichnen. Die Beziehung zum Tier diente der Nationalsozialistischen Ideologie und wurde klar instrumentalisiert. Teil davon war das Ziel der perfekten, arischen Lebensform – bei Tier und Mensch.