Mit Freunden oder Familie gemütlich den Fluss heruntergondeln, dazu ein paar Bierchen trinken, vielleicht irgendwo am Ufer ein Feuer machen: Gummibööteln scheint sich zur neuen Lieblingsfreizeitbeschäftigung der Schweizerinnen und Schweizer zu mausern. Der Online-Shop Galaxus erwartet dieses Jahr doppelt so viele Verkäufe von Gummibooten, vermeldete der «Blick» Mitte Monat. Und auch bei Coop und Migros laufe das Geschäft gut. Doch dieser Boom geht an der Natur nicht spurlos vorbei.      

Denn auf Kiesinseln, an von Land schwer zugänglichen Uferstellen oder ins Schilf gelangten vorher kaum je Menschen. Die Tiere waren unter sich. Heute sei dies anders, erklärt Andreas Boldt, Projektleiter Freizeit und Naturschutz bei Pro Natura. Diese Veränderung habe direkte Auswirkungen auf die Vögel, die an diesen Plätzen brüten: «Sie werden gestört und vertrieben.» So brüte der in der Schweiz stark gefährdete Flussregenpfeifer nicht mehr auf Kiesinseln, auf denen Leute mit ihren Booten landen. «Diese Störung ist nicht der einzige Faktor, der zu den Problemen des Flussregenpfeifers beiträgt, aber sie ist ein wichtiger Faktor», sagt Boldt. Vom Flussregenpfeifer, so schätzt die Vogelwarte Sempach, gibt es in der Schweiz nur noch 90 bis 110 Brutpaare. Damit sich die Art in der Schweiz halten kann, ist der Erhalt ihrer Brutplätze von entscheidender Bedeutung.      

Aber auch andere Vögel wie der ebenfalls stark gefährdete Flussuferläufer oder die im Schilf brütenden Sumpfrohrsänger und Rohrammern seien betroffen, so Boldt. «Und andere Tiere als Vögel, sowie die Vegetation selber tragen wahrscheinlich auch Schaden davon», vermutet der Experte. An seichten Uferstellen beispielsweise befinden sich die Laichplätze von Fischen. Dort erfolge die Störung aber vor allem durch Kajakfahrer und Stand-Up-Paddler. «Wenn ein Gummiboot in der Flussmitte oberhalb von einem ausgewachsenen Fisch druchfährt, stört es diesen wahrscheinlich nicht gross», meint Boldt.

Verhaltenstipps für naturfreundliche Böötler
  • Die Regeln einhalten, die vor Ort gelten, sich wenn nötig vorgängig informieren. Tafeln und Flyer beachten, sich an die Weisungen von Aufsichtspersonen halten.
  • Rücksichtsvolles Verhalten: nicht ins Dickicht eindringen, keine Tiere aufschrecken, Lärm vermeiden, keinen Abfall zurücklassen.
  • Möglichst nicht in der Nacht oder im Dunkeln unterwegs sein und somit Störungen von nachtaktiven Tieren vermeiden.


Weitere Infos bei Pro Natura/Freizeitaktivitäten.

Boote einfach liegen gelassen
Ein weiteres Problem ist der Abfall. «Wo es mehr Menschen gibt, gibt es zwangsläufig auch mehr Abfall», sagt Boldt. «An der Aare zwischen Thun und Bern, seit einigen Jahren schon ein Gummiboot-Hotspot, nimmt das Ganze teilweise besorgniserregende Ausmasse an. Dort ist es öfters schon vorgekommen, dass die Leute ihre ganze Ausrüstung einfach liegen gelassen haben.»      

Um dem entgegenzuwirken, setzt Pro Natura vor allem auf Kommunikation. Teile der bei Böötlern beliebten Flussabschnitte sind geschützt – und in Naturschutzgebieten gelten strenge Regeln, an die man sich halten muss. Doch nicht alle kennen diese Regeln. Deshalb sollen die Leute informiert werden – mit Schildern, Flyern oder in Zusammenarbeit mit Sportclubs, Bootsverleihen oder Tourismusbüros. «Wir möchten, dass sich die Leute möglichst rücksichtsvoll verhalten, innerhalb und ausserhalb von Naturschutzgebieten», sagt Boldt.