Man hat eine Solaranlage auf dem Dach, kauft im Bioladen ein und bevorzugt Produkte aus fairem Handel. Doch auch wer einen nachhaltigen Lebensstil pflegt, trägt indirekt oft mehr zu Umweltschäden und sozialen Missständen bei, als ihm bewusst ist. Denn eine mindestens so bedeutende Rolle wie das Konsumverhalten spielen die Geldflüsse. Ein grosser Teil des Geldes auf unseren Sparkonten wird in Firmen und Konzerne investiert, die den Treibhauseffekt vorantreiben, in die Verbreitung von Pestiziden und anderen Schadstoffen verwickelt sind oder Menschen in armen Ländern ausbeuten.

Wie nachhaltig unsere Banken wirtschaften, hat der WWF in einer Studie untersucht, die im Sommer publiziert wurde. Unter die Lupe genommen wurden die 15 grössten Schweizer Retailbanken. Das sind jene, die im Geschäft mit Kleinsparern tätig sind und ihre Kredite vorwiegend an Schweizer KMU vergeben. Der Marktanteil dieses Bereichs beläuft sich auf knapp 20 Prozent des gesamten inländischen Bankgeschäfts.

Das Resultat der Studie (siehe Box) fällt insgesamt ernüchternd aus: Keine der untersuchten Banken schafft es in die beiden obersten der insgesamt fünf Rating-Kategorien. Lediglich drei Banken hat die Umweltorganisation im mittleren Bereich eingestuft. Dabei handelt es sich um die Berner und die Zürcher Kantonalbank sowie die Raiffeisen-Gruppe. Der Grossteil landet im durchschnittlichen Bereich, Post­finance und Valiant Bank bilden das Schlusslicht.

Dreckige Anlagen sind ein Risiko
«Zwar ist Nachhaltigkeit bei allen ein Thema», sagt WWF-Finanzexperte Claude Amstutz. Doch der Fokus liege hauptsächlich auf der Betriebsökologie: Sie sparen zum Beispiel Energie und Papier im Arbeitsalltag. «Im Kerngeschäft aber, beim Anlegen und Ausleihen von Geld, machen die Banken klar zu wenig.»

Die Zürcher Kantonalbank bietet als einzige auf weiter Flur ein spezielles Umwelt­sparkonto an. Dieses habe aber nur einen kleinen Teil zur guten Wertung beigetragen, erklärt Amstutz. Viel wichtiger sei, dass die Bank als Ganzes Standards erfülle. «Wenn eine Bank von Anfang an systematisch Nachhaltigkeitskriterien verfolgt, braucht sie kein Nischenprodukt.» Einflüsse auf Umwelt und Gesellschaft müssten als integraler Bestandteil der Geschäftspolitik berücksichtigt werden, auch wenn die finanziellen Auswirkungen nicht unmittelbar zum Tragen kommen. Denn solche Dinge können sich schnell ändern. Werden die Klimaziele von der Politik konsequent verfolgt, dürften Unternehmen mit einem grossen Ausstoss an Treibhausgasen bald in Schwierigkeiten geraten, macht der Betriebswirt ein Beispiel. «Wer solche Entwicklungen verschläft, geht finanziell grosse Risiken ein.»

Schweizer Banken im WWF-Ranking
Überdurchschnittlich:
Berner Kantonalbank, Zürcher Kantonalbank, Raiffeisen-Gruppe 

Durchschnittlich: Aargauische Kantonalbank, Basler Kantonalbank, Basellandschaftliche Kantonalbank, Luzerner Kantonal­bank, St. Galler Kantonalbank, Banque Cantonale Vaudoise, Credit Suisse Schweiz, UBS, Migros Bank, Neue Aargauer Bank

Unterdurchschnittlich:
Post Finance, Valiant Bank

Für die Bewertung der Unternehmenskredite hat der WWF die Wirtschaft in verschiedene Sektoren unterteilt und eingeschätzt, wie stark ihre Auswirkung auf die Umwelt ist. Fossile und Atomenergie sowie konventionell produzierte tierische Nahrungsmittel haben ein grosses negatives Gewicht. Gut schneiden dagegen erneuerbare Energien, öffentliche Verkehrsmittel, Schienentransport und energieeffiziente Gebäude ab. Viele Banken konnten aber lediglich rudimentäre Angaben darüber machen, in welchen Sektoren ihre Kundenvermögen angelegt sind.

Eine weitere Schwierigkeit bei der Definition von Nachhaltigkeit ist, dass viele Unternehmen in verschiedenen Geschäftsfeldern tätig sind. So sind zum Beispiel Energieversorger wie Axpo und BKW gleichzeitig an Wasserkraft, Atomkraftwerken, Kohle- und Gaskraftwerken sowie Windparks und Solaranlagen beteiligt.

Ausschluss keine Lösung 
Eine Vorreiterin in Sachen nachhaltiges Banking ist die Alternative Bank Schweiz (ABS), die jedoch wegen ihrer geringen Grös­se nicht Teil der Studie war. Sie verzichtet seit jeher auf Gewinnmaximierung und stellt ethische Grundsätze in den Vordergrund. Und dies nach einem strengen Verständnis: Nicht infrage für Investitionen kommen neben fossiler und Atomenergie auch Gentechnologie sowie die Tabak- und Alkoholindustrie. 

Eine Praxis, die Claude Amstutz nur bedingt sinnvoll findet: «Würden alle Banken so handeln, wäre ein Teil der Wirtschaft gänzlich ausgeschlossen.» Der Ausschluss risikobehafteter Branchen allein könne nicht die Lösung sein. Eine realistischere Möglichkeit sei der Best-in-Class-Ansatz: Man investiert in die nachhaltigsten Unternehmen jedes Sektors. Dennoch zeige das Beispiel der ABS, dass nachhaltiges Banking durchaus möglich ist, betont Amstutz: «Es ist ein Vorurteil, dass umweltfreundliche Investitionen weniger rentieren.»

Erfreulich findet der Studienleiter, dass sich die meisten Banken bei der Untersuchung kooperativ zeigten. 14 davon sind auch interessiert, gemeinsam mit dem WWF Verbesserungen anzustreben. Der Prozess sei nicht abgeschlossen, betont Claude Amstutz. Auch bei jenen drei, die am besten abgeschnitten haben, gebe es noch viel Luft nach oben. «Wir wollen den Dialog mit den Banken weiterführen.»

Renten Sichern, Klima schützen
Auch Pensionskassen verwalten riesige Geldbeträge. Eine im Oktober publizierte Studie des Bundes brachte zutage, dass die Investitionen im krassen Gegen-satz zu den Klimazielen der Schweiz stehen. Sie würden eine Erderwärmung von vier bis sechs Grad nach sich ziehen, statt der maximal zwei, die das Pariser Klimaabkommen anstrebt. Vor einem Jahr hat die Klimaallianz, ein Zusammenschluss von 73 Organisationen, ihre Kampagne «Renten ohne Risiko» lanciert. Bisher haben rund 3000 Personen ihre Pensionskasse zu einer klimafreundlicheren Geschäfts-politik aufgefordert. Insbesondere verlangen sie von ihnen, innert fünf Jahren aus den weltweit 200 Unternehmen auszusteigen, die in Sektoren mit den grössten fossilen Energie-reserven tätig sind. Gemäss Klimaallianz sind unsere Renten durch solche Investitionen gefährdet, weil die Entwicklung Kohleminen und Erdölplattformen schon bald zum Auslaufmodell machen wird. Eine «Kohlenstoff-blase» könnte das Finanzsystem zum Kollabieren bringen. Einige Kassen haben bereits Schritte vollzogen. So strichen die Pensionskasse des Bundes Publica sowie die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich Kohle-produzenten aus ihrem Portfolio. Andere beteuern, vermehrt auf nachhaltige Anlagen zu setzen. Um die Renten zu sichern, hat die Rendite aber meist Priorität.

www.renten-ohne-risiko.ch