Das Leben sorgt immer wieder für Überraschungen – so auch für ein Forscherteam um Yuki Morono von der Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology (JAMESTEC). Diesen Forschern gelang es, über 100 Millionen Jahre alte Mikrooragnismen wiederzubeleben. Das konnte Morono erst gar nicht so recht glauben. «Am Anfang war ich skeptisch», sagt der Mikrobiologe gemäss einer Mitteilung von JAMESTEC. «Aber 99,1 Prozent der Mikroben, die im vor 101,5 Millionen Jahren abgelagerten Sediment lebten, waren bereit, Nährstoffe aufzunehmen.» Erstaunlich. Aber wie ist das möglich?

Zum einen besitzen viele Mikroben die Fähigkeit, harte Zeiten in Form sogenannter Dauerstadien zu überstehen. Dabei wird ihr Stoffwechsel fast vollständig heruntergefahren, so dass sie auf einem absoluten Minimum leben. Prominente Beispiele solcher Überlebenskünstler sind die Bärtierchen und ihre mittlerweile legendäre Unzerstörbarkeit (lesen Sie hier mehr dazu).

Bärtierchen gab es aber in Moronos Ende Juli im Fachmagazin «Nature Communications» veröffentlichten Untersuchung keine. Die Mikrobengemeinschaften in seiner Studie bestanden vor allem aus Bakterien. Cyanobakterien waren viele darunter sowie Bakterien der Gattungen Actinobacteria, Bacteroidetes, Firmicutes, Alphaproteobacteria, Betaproteobacteria, Gammaproteobacteria und Deltaproteobacteria.

Yuki Morono und Co-Autor Steven D'Hondt erklären ihre Forschung (englisch)

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Überlebt dank Sauerstoff
Allen diesen Bakterien gemeinsam ist, dass sie aerob sind, also Sauerstoff zum Überleben brauchen. Das ist wohl auch der zweite Grund, weshalb sie so lange überleben konnten. Vor zehn Jahren schon bohrten Morono und sein Team die Sedimentkerne, aus dem die wiederbelebten Bakterien stammen, aus dem Meeresboden im Südpazifik, wo der Ozean besonders nährstoffarm ist. Aus fast 600 Metern Tiefe holten die Forscher die Kerne hoch, die wiederum 100 Meter unter dem Meeresboden herausgebohrt wurden. Sämtliche Kerne enthielten noch Sauerstoff, wie die Forscher herausfanden.

Das Sediment, bestehend aus in die Tiefe gesunkenem organischen Material, Staub und von Wind und Meereströmungen herbeigetragenen weiteren Teilchen, lagerte sich nur sehr langsam ab: Nur ein oder zwei Meter kamen pro einer Million Jahre dazu. Das führte dazu, dass Sauerstoff alle Lagen durchdringen konnte – und damit über Millionen Jahre lang zum Lebensspender für die bakteriellen Zellen im Dauerstadium wurde.

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Teilung und Wachstum
Die Dauerstadien aufzuwecken gelang schliesslich im Labor unter Zugabe von Kohlenstoff und Stickstoff, die den Bakterien als Nahrung dienen. Wie Morono im obigen Video sagt, brauchte er dazu mehrere Jahre, da am Afang seiner Forschung die Technologie dazu noch gar nicht vorhanden war. Mit feiner Justierung schuf der Japaner im Labor über die Jahre die perfekten Bedingungen für die Bakterien. Und siehe da: Die Zellen teilten sich, die Kulturen wuchsen. 6986 einzelne Zellen wurden genauer angeschaut. Die meisten von ihnen hatten Stickstoff oder Kohlenstoff aufgenommen.

Eigentlich war Morono losgezogen um herauszufinden, ob es in in diesem nährstoffarmen Bereich der Ozeane überhaupt Leben gibt. Er fand es durch alle Sedimentschichten durch bis an den Grund. Es scheint keinen Ort auf diesem Planeten zu geben, an dem sich Leben nicht in irgendeiner Form halten kann – und es hält sicher noch die eine oder andere Überraschung bereit.