Wer schon einmal ein Haustier hergeben musste, kennt den Schmerz, die Trauer um den Verlust des geliebten Wesens. «Es gibt Menschen, die zu ihren Tieren ein solch inniges Verhältnis aufgebaut haben, dass für sie der Tod des Tieres schwieriger zu verarbeiten ist als der eines Menschen», erzählt Tiertrauerbegleiterin Ursula Kohler vom Trauerforum Schweiz. «Die Trauernden fallen in ein tiefes Loch.» Dies habe auch damit zu tun, dass sich zu Lebzeiten des Tieres gar nicht erahnen lässt, was es heisst, das Tier nicht mehr um sich zu haben. «Erst wenn es weg ist, wird dem Halter bewusst, wie viel ihm das Tier bedeutet hat, wie sehr es sein Leben bereichert hat.»

Trauer ist in unserer Gesellschaft nach wie vor ein Tabuthema – erst recht, wenn es dabei um ein totes Tier geht. Bei vielen Nicht-Tierhaltern stösst die Trauer um ein Tier auf Unverständnis. «Die Trauernden trauen sich dann gar nicht mehr, anderen mitzuteilen, dass sie auch zwei Jahre nach dem Verlust noch traurig sind», sagt Kohler. Im Extremfall ziehen Nicht-Tierhalter die Trauer um den verstorbenen Hund oder die verstorbene Katze gar ins Lächerliche.

Mit Gesprächen helfen lassen
Marlies und Urs Mörgeli kennen dies nur zu gut. Das Ehepaar betreibt den Tierfriedhof Wisenberg in Läufelfingen BL. «Viele Menschen, die ihre Tiere bei uns bestattet haben, geniessen es, hierherzukommen», sagt Marlies Mörgeli. «Und zwar nicht nur, weil sie das Grab besuchen wollen, sondern weil sie hier unter Gleichgesinnten sind. Hier haben alle Verständnis für die Trauer der anderen. Und die Leute können miteinander über ihren Verlust reden, einander von ihren Tieren erzählen und in Erinnerungen schwelgen. Das ist sehr erlösend.» Mörgeli erinnert sich beispielsweise an einen Architekten, der sagte, er komme so gerne auf den Tierfriedhof, weil er hier weinen könne, ohne dass jemand etwas sagt.

Dass trauern guttut, davon ist Ursula Kohler vom Trauerforum fest überzeugt. «Wenn man nicht trauert, kann es sein, dass man über längere Zeit an Energielosigkeit leidet», sagt sie. «Der Trauernde ist blockiert und kommt nicht weiter.» Auch Esther Sager, Trauerbegleiterin des Tierkrematoriums Seon, kennt die Folgen des Verlusts eines geliebten Tieres: «Stirbt ein vierbeiniges Familienmitglied, stürzen viele Menschen in eine ernsthafte Trauerkrise. Deshalb ist es wichtig, dass die, die einen solchen Verlust erlitten haben, jemanden um sich haben, mit dem sie sich aussprechen können.» Wer sein Tier im Tierkrematorium Seon kremieren lässt, hat die Möglichkeit, bei Sager Rat zu holen und sich durch Gespräche und Beratung von ihr in der schwierigen Zeit helfen zu lassen.

Abschied nehmen
Gerade bei Kindern kann die Trauer um ein verstorbenes Haustier sehr gross sein. «Es ist in der Regel das erste Mal, dass ein Kind mit dem Tod konfrontiert wird», sagt Marlies Mörgeli. Es sei entscheidend, dass man es trauern und vor allem auch teilnehmen lasse an einem Abschied, einem Ritual oder Begräbnis. So könnten Kinder den Verlust eines Tieres relativ gut verarbeiten. Auch für ältere Menschen ist der Verlust des tierischen Begleiters laut Marlies und Urs Mörgeli schwierig. Aber sie widersprechen der landläufigen Meinung, ältere Menschen hätten oft nur noch ihr Büsi als Gesellschafter und kämen deshalb über dessen Tod besonders schwer hinweg. «Natürlich ist es auch für ältere Leute eine Tragödie, aber diese Menschen haben sich meist mit dem Thema Sterblichkeit auseinandergesetzt, da sie ja auch über ihren eigenen Tod nachdenken müssen, und so trifft es sie nicht unvorbereitet.»

Obwohl in der Schweiz das Ausleben der Trauer um ein verstorbenes Tier noch eher wenig thematisiert wird, nutzen die Leute die bestehenden Möglichkeiten gerne und mit Dankbarkeit. Die Angebote in diesem Bereich häufen sich. «Zu Beginn meiner Arbeit wurde die Möglichkeit, ein Tier kremieren zu lassen, noch als etwas verrückt angesehen», erinnert sich Esther Sager. «Heute werden eher jene Tierhalter, die ihr Tier der öffentlichen Entsorgung übergeben, von einigen als sonderbar und gefühllos betitelt.» Nach einer intensiven Lebenszeit mit viel Freude, brächten es viele Tierbesitzer nicht übers Herz, ihren Hund oder ihre Katze in einer Tierkadaversammelstelle zu entsorgen. Sie wollten Gewissheit über den letzten Verbleib ihres treuen Gefährten. Deshalb bietet das Tierkrematorium Seon eine individuelle Einäscherung des Tieres an. Anhand eines mit ins Feuer gegebenen Metallchips ist laut Sager gewährleistet, dass man auch wirklich die Asche seines Tieres zurückerhält.

Während einige Halter die Asche ihres Tieres zu Hause aufbewahren, schätzen andere die Möglichkeit eines Grabbesuchs. Dies ist in der Schweiz nur an wenigen Orten möglich: Im Tierfriedhof Emmenbrücke LU sowie im Tierfriedhof Wisenberg von Marlies und Urs Mörgeli in Läufelfingen. Urnenbestattungen bieten die beiden Waldfriedhöfe Kobelwald in Uzwil SG und der Tierfriedwald Welfensberg in Hosenruck TG an. Der Tierfriedhof Wisenberg holt die verstorbenen Tiere beim Tierarzt oder beim Halter ab. Bis zur Abschiedszeremonie bleibt das Tier im hauseigenen Kühlraum. Je nach Wunsch der Halter wird das Tier im Gebäude beim Tierfriedhof aufgebahrt. Die Leute haben alle Zeit, die sie sich wünschen, um vom Tier Abschied zu nehmen. «Einige halten eine Grabrede», erzählt Marlies Mörgeli. «Andere legen Briefe oder Gegenstände in den Sarg, die sie dem Tier mitgeben möchten.»

Danach tragen die Trauernden das Tier zur Grabstätte, wo Urs Mörgeli das Tier in einem eigens für den Tierfriedhof angefertigten Sarg begräbt. Die Gebühr für das Grab beinhaltet je nach Tierfriedhof mehrere Jahre Anspruch auf den Grabplatz. Die Frist kann auf Wunsch verlängert werden. Wer will, kann das Grab selber gestalten, bepflanzen und versorgen.

Das ausgestopfte Haustier
Franz Grabner aus Diepoldsau SG kennt eine weitere Art, wie Menschen den Verlust ihres Tieres verarbeiten. Während seine Haupteinnahmequelle die Präparation von Jagdtrophäen oder Tieren für wissenschaftliche Zwecke ist, gibt es auch immer wieder Kunden, die ihre Haustiere präparieren lassen möchten. «Man muss sich das einfach sehr gut überlegen. Das Ganze ist sehr emotional», sagt Grabner. «Wir haben Kunden, die sehr froh sind, dass sie ihr Tier auch nach dessen Tod noch bei sich haben können. Allerdings hatten wir schon die Rückmeldung, dass es eher schwerfällt, über die Trauer hinwegzukommen, wenn man das Tier ständig sieht.»

Bewusst sein müsse sich der Auftraggeber, dass ein Präparator einem das Tier nicht mehr zurückgeben kann. Am ehesten würden  kleinere Tiere wie Kaninchen oder Kanarienvögel in präpariertem Zustand lebensecht wirken. Bei Hunden und Katzen sei das schwieriger. «Wir können ein Tier bis zu 90 Prozent wiederherstellen», sagt Grabner. Und mithilfe von Fotos lasse sich der Gesichtsausdruck eines Hundes oder einer Katze in etwa rekonstruieren. «Aber», sagt der Präparator, «es ist einfach nicht mehr dasselbe. Oft hätten die Leute wahrscheinlich mehr Freude, wenn sie einfach nur das Fell ihres Haustieres behalten würden.»