Der Voluntourismus, hergeleitet vom englischen Wort «Volunteering», etwas freiwillig machen, liegt im Trend. Vor einigen Jahren waren es vor allem junge Leute, die Reisen mit etwas Sinnvollem kombinieren und den Lebenslauf aufpolieren wollten. Heute sind es Menschen jeden Alters aus allen Berufsgruppen, die ihre Flipflops gegen Arbeitsschuhe eintauschen, um sich in ihrem Urlaub ehrenamtlich zu betätigen. Ob in einem Regenwaldprojekt Bäume zu pflanzen, auf einer Auffangstation für wilde Tiere mit anzupacken oder sich sozial zu engagieren, die Möglichkeiten für einen Einsatz sind vielfältig. Durch den Voluntourismus können sich Interessierte neues Wissen aneignen und lernen Orte abseits der typischen Ausflugsziele kennen. Während diese Form des Reisens in der Schweiz noch eher eine Nische ist, boomt die Freiwilligenarbeit im Ausland.

Genau hinschauen

Mittlerweile gibt es Hunderte von Vermittlern, die einen Arbeitseinsatz bei einer Organisation im Ausland ermöglichen. Darunter auch einige schwarze Schafe. Diese nutzen den Willen zum Helfen der oft ahnungslosen Freiwilligen aus, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Möchte man eines der unzähligen Angebote buchen, gilt es also, genau hinzuschauen. Auf reinem Forschungsschiff Delphine beobachten, Faultiere in Costa Rica retten oder kleine Schildkröten nach ihrem Schlupf über den Strand begleiten, das weckt die Sehnsucht in vielen Menschen. Happige Preise von mehreren Tausend Franken, bei denen die Anreise und weitere Kosten nicht inklusive sind, können darauf hindeuten, dass es den Veranstaltern vor allem darum geht, Einnahmen zu generieren.

Fliesst der Grossteil des Gelds zudem nicht in die Natur- oder Tierschutzorganisation, sondern in die Taschen der Vermittler, sollten Interessierte Vorsicht walten lassen. Auch Augen auf bei Angeboten, die mit dem direkten Kontakt von Wildtieren werben. Oftmals werden vermeintlich verwaiste Tiere wie Raubkatzen in Aufzuchtstationen von Freiwilligen aufgezogen, nichts ahnend, dass diese Tiere nie ausgewildert werden, sondern als Lockmittel für gut zahlende Volontäre missbraucht werden. Hinweise darauf, ob Anbieter der Arbeitsreisen seriös sind, könnten sein, dass die Einsätze kaum oder nur wenig kosten, gewisse Standards bezüglich Naturschutz- und Tierschutzrichtlinien herrschen und auf die Qualifikationen des Freiwilligen Rücksicht genommen wird.

Bei einem Freiwlligeneinsatz im Ausland lernt man Land und Leute kennen und eignet sich neues Wissen an.
Bei einem Freiwlligeneinsatz im Ausland lernt man Land und Leute kennen und eignet sich neues Wissen an.  (Bild: Shutterstock)

 

Tipps für einen gelungenen Voluntourismus-Einsatz im Ausland• Achten Sie darauf, welche Leistungen im Preis inklusive sind.
• Klären Sie ab, wie viel Prozent des Geldes an die Organisation und wie viel an den Vermittler geht.
• Bleiben Sie kritisch, insbesondere, wenn der Anbieter mit mitleiderregenden Bildern auf der Website wirbt oder den direkten Kontakt mit Wildtieren anpreist.
• Lesen Sie Erfahrungsberichte anderer Freiwilliger.
• Klären Sie unbedingt in einem persönlichen Gespräch mit der Organisation alle Fragen, die Sie haben.
• Seriöse Anbieter organisieren Vorbereitungskurse für die Teilnehmenden.
• Ein gutes Zeichen ist, wenn der Veranstalter einen Lebenslauf oder ein Motivationsschreiben möchte, damit Ihre Fähigkeiten sinnvoll genutzt werden können.

Achtung bei Voluntourismus-Anbietern, die mit dem direkten Kontakt von Wildtieren werben, zum Beispiel mit dem Aufpäppeln von Löwenbabys. Meistens handelt es sich dabei nicht um Tierschutz, sondern um Geldmacherei.
Achtung bei Voluntourismus-Anbietern, die mit dem direkten Kontakt von Wildtieren werben, zum Beispiel mit dem Aufpäppeln von Löwenbabys. Meistens handelt es sich dabei nicht um Tierschutz, sondern um Geldmacherei.  (Bild: Shutterstock)

Helfen im eigenen Land

Extra für zehn Tage nach Asien zu fliegen, um Meeresschildkröten zu retten oder einen Langstreckenflug in Südamerikas Regenwälder zu buchen, um bei einem Regenwaldprojekt zu helfen, macht aus ökologischer Sicht wenig Sinn und ist kaum nachhaltig. Besser ist es, eine bereits geplante längere Reise in das Zielland mit einem Freiwlligeneinsatz zu verbinden. Alternativ besteht die Möglichkeit, sich im eigenen Land für die Natur und Tiere einzusetzen, ganz ohne in ein Flugzeug zu steigen. Verschiedene Schweizer Organisationen bieten einwöchige Arbeitsferien an, bei denen meist nur ein Unkostenbeitrag für die Organisation und Kost und Logis erhoben wird. Wer seine Ferien einem Naturschutzeinsatz opfert, muss sich jedoch bewusst machen, dass diese Zeit meist keine erholsamen Ferien im klassischen Sinne ist, sondern körperlich anstrengend sein kann.

Beim Bergwaldprojekt, bei dem Freiwillige Wälder pflegen und Bäume pflanzen, gibt es beispielsweise bereits um 6.30 Uhr Frühstück. Zeit zum Faulenzen und Ausschlafen bleibt keine. Die Unterkünfte sind oft einfach, Teilnehmer helfen auch beim Kochen und Putzen. Dennoch sind negative Rückmeldungen selten. Rund 80 Prozent der Teilnehmer nehmen ein weiteres Mal an einem Einsatz teil, wie Vorstandmitglied des Bergwaldprojektes Deutschland, Peter Naumann, bekannt gibt.

Auch andere Organisatoren können sich über eine rege Teilnahme freuen. Pro Natura und die Stiftung Umwelteinsatz bieten mit den Ferienarbeitswochen seit über drei Jahrzehnten die Möglichkeit, Ferien in der Schweiz mit etwas Sinnvollem zu verbinden. Laut einer Medienmitteilung von Pro Natura haben letztes Jahr rund 180 Teilnehmer und Teilnehmerinnen in den 21 durchgeführten Projekten rund 900 Tage Freiwilligenarbeit geleistet. Die Gründe, warum Menschen sich freiwillig in ihren Ferien engagieren, sind vielfältig. Abenteuer, etwas Neues lernen und sich in einerGemeinschaft zu engagieren, das sind nur einige der Gründe. Und schlussendlich erweitert so ein Arbeitseinsatz den Horizont und hinterlässt bei den Teilnehmern ein Gefühl von Zufriedenheit. Denn Helfen macht bekanntlich glücklich.