Die Vorwürfe des Zürcher Tierschutzes sind happig. In einer Medienmitteilung vom Dienstag kritisiert er die Zürcher Boutique «House of Gerry Weber», die zur Modekeller Fashion Group gehört. «House of Gerry Weber» verkaufe undeklarierten Echtpelz – trotz Kritik der Tierschutzorganisation. Sie hat diesen Gesetzesverstoss unlängst scharf kritisiert.

«Tierwelt Online» wollte es genau wissen. Auf Nachfrage schreibt Modekeller: «Wir verkaufen keinen undeklarierten Echtpelz.» Dem wiederspricht Nadja Brodmann, Zoologin und Co-Geschäftsleiterin des Zürcher Tierschutzes: «Seit November haben wir im ‹House of Gerry Weber› in Zürich wiederholt Stichproben durchgeführt. Uns ist aufgefallen, dass die Herkunft der Echtpelze nicht oder nur ungenügend gekennzeichnet war». Dabei schreibe der Gesetzgeber vor, dass die Tierart, die Herkunft der Pelze sowie deren Gewinnungsart deklariert werden.

Die ungenügende Kennzeichnung bei «House of Gerry Weber» verwirre die Kunden. Brodmann verweist auf mehrere Besuche der Tierschutzorganisation, bei denen stets Echt- und Kunstpelz vermischt angeboten wurden. Für Nicht-Kenner sei der Unterschied kaum auszumachen gewesen. «Damit wird die Kundschaft in die Irre geführt, und man jubelt ihr nicht deklarierten Echtpelz unter», folgert Brodmann.

Vergehen gegen den Markenschutz
Der Zürcher Tierschutz hat in der Zürcher Boutique einen weiteren Verstoss festgestellt: gegen den Markenschutz. Denn das deutsche Modelabel Gerry Weber ist eigentlich «fur free», pelzfrei. Es sei 2015 dem internationalen «Fur Free Retailer Program» beigetreten und verzichte seither vollständig auf Echtpelz. Und das solle auch in Zukunft so bleiben, hatte Annette Koch, Head of Corporate Social Responsibility, gegenüber dem Zürcher Tierschutz festgehalten: «Wir haben uns seit 2015 freiwillig verpflichtet, komplett auf den Einsatz von Echtpelz zu verzichten und stehen auch weiterhin zu dieser Verpflichtung.» Darüber scheint Modekeller in seiner Boutique «House of Gerry Weber» nach Ansicht des Zürcher Tierschutzes aber hinweg zu sehen, indem sie trotz öffentlicher Kritik seit Anfang Dezember bis gestern weiterhin undeklarierten Echtpelz anbot.

Letzten Freitag hat die Tierschutzorganisation Anzeige beim zuständigen Bundesamt für Landwirtschaft und Veterinärwesen (BLV) eingereicht. Sie versteht diese als vehementen Protest «gegen die Irreführung der Kundschaft». Modekeller wurde damit aufgefordert, den Missstand beim Zürcher Franchiseunternehmer innert Tagesfrist zu beheben.

Das Unternehmen hat gemäss eigener Aussage am Montagnachmittag nach einer erneuten Pressemitteilung des Zürcher Tierschutzes – und nach einem Gespräch mit einer Gerry-Weber-Vertretung aus Deutschland – endlich reagiert. Nachdem «Tierwelt Online» Modekeller mit den Vorwürfen konfrontiert hat, schreibt die Firma: «Die Pelze wurden aus dem Geschäft in Zürich Seefeld in Absprache mit Gerry Weber entfernt. Durch die Ferienabwesenheit der zuständigen Repräsentantin hat das etwas länger gedauert.»

Keine Stellungnahme
Gerne hätte «Tierwelt Online» von der Modekeller Fashion Group Antworten auf folgende Fragen gehabt, welche das Unternehmen jedoch unbeantwortet liess:
- Wie stehen Sie zur Anzeige des Zürcher Tierschutzes?
- Wie lässt sich der Verkauf undeklarierter Echtpelze im «House of Gerry Weber» in Zürich mit der «fur free»-Linie von Gery Weber Deutschland vereinbaren?
- Der Zürcher Tierschutz protestiert vehement «gegen die Irreführung der Kundschaft», wie er schreibt. Wie reagieren Sie darauf?
- Offensichtlich sei der Profit wichtiger als die Moral, sagt der Zürcher Tierschutz. Ihre Entgegnung?
- Der Zürcher Tierschutz kritisiert: «Echt- und Kunstpelz wird vermischt angeboten, für Nicht-Kenner kaum zu unterscheiden. Die Kundschaft wird damit in die Irre geführt: Nicht deklarierter Echtpelz wird ihr unerkannt untergejubelt.» Was sagen Sie zu den Vorwürfen?

Nichts als eine Ausrede
Für Brodmann ist das eine fadenscheinige Ausrede. «Die Pelze hätte man innerhalb einer knappen Stunde aus der Filiale entfernen können», sagt sie und verweist auf einen Beitrag im «Kassensturz» vom 5. Dezember. Bereits damals wurde das Unternehmen mit den Gesetzesverstössen konfrontiert. Darauf schrieb es: «Wir haben eine unabhängige Überprüfung der Resultate unserer Prozesse zur Deklarierung von natürlichen Pelzprodukten vorgenommen.» Aus Sicht des Zürcher Tierschutzes handelt es sich dabei um einen «Wischi-Waschi-Satz», der belege, dass die Modekette die Kritik nicht ernst nehme. «Statt die Pelze nach Ausstrahlung der Sendung aus dem Angebot zu nehmen, versuchte man sie letzte Woche unter Gewährung von Rabatten abzuverkaufen. Mit anderen Worten, das Unternehmen wollte bis zum Schluss eine möglichst hohe Rendite erzielen», moniert Brodmann.

Nach der Ankündigung des Modelabels, die Pelze seien aus der Filiale im Seefeld entfernt worden, setzt der Zürcher Tierschutz nun auf Kontrollen des BLV. Bis diese erfolgt sind und Resultate vorliegen, hält er die Anklage aufrecht.