Ziervogellexikon|Dieser Artikel gehört zum Dossier: Ziervogellexikon
Schwalbensittich: der Zugvogel unter den Papageien
Schwalbensittiche sehen mit ihrem langen Schwanz aus wie typische Sittiche, ernähren sich aber wie Loris. Mit ihrer pinselartigen Zunge nehmen sie zu einem grossen Teil Nektar und Blütenpollen auf. Ein weiteres aussergewöhnliches Merkmal dieser Papageien ist ihr Zugverhalten.
Steckbrief
Wissenschaftliche Bezeichnung: Lathamus discolor
Unterarten: keine
Herkunft: Südost-Australien und Tasmanien
Grösse: 25 cm
Wildfarbe: vornehmlich grün, rote Gesichtsmaske, gelb umrandet, Unterschwanzdecken rot
Mutationen: unbekannt
Geschlechtsunterschiede: Weibchen ähnlich wie Männchen gefärbt, jedoch manchmal blasser, Gesicht weniger rot, Unterschwanzdecken kaum rot.
Ringgrösse: 5 mm
Lebenserwartung: 15 bis 20 Jahre
Platzansprüche: kombinierte Innen- und Aussenvoliere, Aussenvoliere beispielsweise 2 bis 3 Meter lang und etwa 1,80 Meter breit, zwei Meter hoch
Ausstattung: Kletteräste, Wurzelstöcke am Boden, Flugraum, Badeschale
Stimme: zwitschernd, flötend
Haltung: paarweise oder in der Gruppe in Schwarmhaltung
Herkunft und Geschichte
Dass Papageienartige ein Zugverhalten zeigen, ist nicht üblich. Die Schwalbensittiche bilden da eine Ausnahme. Sie ziehen zwischen dem australischen Kontinent und der südlich vorgelagerten Insel Tasmanien hin und her. Für die Brutzeit im Sommer fliegen sie im August und September nach Tasmanien. Die ersten Sittiche verlassen die Insel im Januar wieder, die letzten im Mai. Den Südwinter verbringen sie in Südost-Australien in Waldgebieten, beispielsweise von der Stadt Adelaide entlang der Küste bis Mitte Queensland. Schwalbensittiche sind dort zu finden, wo Bäume und Sträucher blühen, so etwa die Eukalyptusbäume. Sie trinken Nektar aus den Blüten und nesteln nach Pollen. 90 Prozent ihres Nektar- und Pollenbedarfs decken sie an den Blüten des Fieberbaums (Eucalyptus globulus). Zudem finden sie in dieser Baumart auch ihre Bruthöhlen. Schwalbensittiche wurden in Europa erstmals 1863 im London Zoo gehalten. 1876 dann wurden sie durch Christiane Hagenbeck in Deutschland in ihrer Vogelhandlung angeboten. 1882 wurde die Art in Frankreich erstmals gezüchtet, 1934 gelang die Nachzucht bei einem australischen Züchter. 1976 beschrieb sie der Schweizer Züchter Dölf Bischofberger aus Baar in der Zeitschrift «Gefiederter Freund». In der Schweiz wird die Art seit jeher nicht häufig gehalten. Schwalbensittiche können in der Voliere am Mythenquai sowie im Zoo Zürich bewundert werden. In der Voliere am Mythenquai turnen sie beispielsweise in von Pflanzen bewachsenen Aussenvolieren.
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Eignung als Heimtier
Der Schwalbensittich sollte als Volierenpflegling gehalten werden. Aufgrund der Ernährung sind die Ausscheidungen dünnflüssig. Das muss von Anfang an bedacht werden, wenn eine Voliere für Schwalbensittiche gebaut wird. Darum ist es auch ideal, wenn Schwalbensittiche eine Aussenvoliere zur Verfügung haben. Der Regen wäscht dort natürlicherweise Schmutz ab. Schwalbensittiche sind sozial und können auch in der Gruppe gehalten werden.
Erwerb
Schwalbensittiche können nur über spezialisierte Züchter erworben werden, die meist Mitglieder der Verbände Exotis und von Ziervögel Schweiz sind. Wer Schwalbensittiche hält, sollte ihnen auch die Möglichkeit zur Nachzucht geben und sich mit anderen austauschen, welche diese Art halten.
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Ernährung und Pflege
Schwalbensittiche müssen ein Schutzhaus zur Verfügung haben, das auf mindestens etwa 10 °C geheizt werden kann. Sie sind kälteempfindlich an den Füssen und müssen stetig ihre flüssige Nektarnahrung aufnehmen können. Sie mögen bevorzugt süsse Futtermittel wie Babyfertignahrung, Lorifutter und Honigwasser. Weiter mögen sie aufgeweichten Zwieback, erhitztes Ei, Rüebli, Aufzuchtfutter aus dem Handel, das als feucht krümelige Masse mit Kondensmilch, Traubenzucker und einem Mineralstoffgemisch gereicht werden kann. Auch Obst aller Art sowie Kräuter aus der Natur sollten Schwalbensittichen regelmässig gereicht werden. Eine Grosssittichkörnermischung kann zur Verfügung gestellt werden. Es ist aber zu beachten, dass Schwalbensittiche hauptsächlich wie Loris ernährt werden sollten. Es ist nicht tiergerecht, ihnen nur Körner vorzusetzen. Es handelt sich um badefreudige Tiere, die eine Wasserschale zur Verfügung haben sollten. Sie geniessen aber auch gerne ein Regenbad oder ein Bad unter einer Berieselungsanlage.
Zucht
Schwalbensittiche nisten bereitwillig in aus Brettern gezimmerten Nistkästen, ob liegend oder stehend. Sie können unterschiedliche Masse aufweisen. So haben Paare Nisthöhlen mit einem Durchmesser von 15 bis 18 Zentimeter und einer Tiefe von 30 bis 40 Zentimeter angenommen oder aber auch Langkästen mit den Massen von 16 x 16 x 50 Zentimeter. Der Durchmesser des Schlupflochs sollte 5,5 Zentimeter betragen. Als Einstreu dienen Hobelspäne. Es werden etwa fünf Eier gelegt und vom Weibchen bebrütet. Das Weibchen wird vom Männchen gefüttert. In Schwarmhaltung pflanzt sich oft nur das dominante Paar fort. In Europa beginnen Schwalbensittiche meist im April mit der Eiablage. Nach Ablage des dritten Eis beginnt das Weibchen zu brüten. Die Brutzeit dauert insgesamt um die 18 Tage. Die Jungen werden vom Weibchen gehudert und gefüttert. Später versorgt auch das Männchen direkt seinen Nachwuchs. Wenn Junge aufgezogen werden, sollte auch Keimfutter gereicht werden. Zudem mögen sie in dieser Phase Hüttenkäse. Er enthält reichlich Kalzium und wird an die Jungen weitergegeben, was verhindert, dass sie rachitisch werden. Die Nestlingszeit dauert etwa sechs Wochen. Wenige Tage nach dem Ausfliegen nehmen die Jungen selber Futter auf, rund drei Wochen später sind sie schon futterfest. Die Jungen werden nach Erreichen der Selbständigkeit von den Altvögeln nicht weggejagt und können in der Voliere verbleiben. Oft versucht das Zuchtpaar, eine weitere Brut aufzuziehen.
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Lustig
Schwalbensittiche haben einen flinken Flug wie Schwalben, und es wurde schon beobachtet, dass sie in den gleichen Bäumen brüten, wo auch Feinsittiche ihre Nisthöhlen haben. Es handelt sich um den Papagei der Inseln, denn auf seinem jährlichen Zug von Australien nach Tasmanien besucht er auch Inseln in der Bass-Strasse.
Namensgebung
Der deutsche Name nimmt Bezug auf die Schwalbe, den Zugvogel schlechthin, dies in erster Linie wegen des schwalbenartigen Flugs des Schwalbensitts und natürlich auch aufgrund seines Zugverhaltens. Auch die meisten Schwalbenarten ziehen in den Süden. Der Schwalbensittich wurde 1790 vom irischen Arzt und Naturforscher John White als Psittacus discolor wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Lathamus wurde 1830 vom französischen Arzt und Naturforscher René Primevère Lesson eingeführt. Die Artbezeichnung discolor ist Lateinisch und heisst auf Deutsch so viel wie bunt oder vielfarbig.
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Besonderheit
Schwalbensittiche sind bedroht. In ihrer tasmanischen Heimat fehlen aufgrund von Abholzung die Brutbäume. Zudem ist der Kurzkopf-Gleitbeutler ein Problem. Diese australische Beutlerart wurde in Tasmanien eingeschleppt. Kurzkopf-Gleitbeutler sind für ihre Vorliebe für süssliche Flüssigkeiten bekannt. Sie klettern sehr gut und gelangen darum in die Bruthöhlen der Schwalbensittiche. Dort lecken sie die süssliche Flüssigkeit von den Schnäbeln der Jungen und beissen ihre Kröpfe an, um die Flüssigkeit daraus zu trinken. Die jungen Schwalbensittiche verenden aufgrund der Verletzungen. Darum hat der Bestand in den letzten Jahren drastisch abgenommen, und es wird sogar daran gezweifelt, ob es gelingt, den Schwalbensittich in der Natur überhaupt am Leben zu erhalten. Bestände unter Menschenobhut bilden da eine Rückversicherung. Darum wurden durch private Züchter und Vogelzuchtverbände Zuchtprogramme initiiert, um diese Art unter Menschenobhut langfristig zu erhalten.
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