Ziervogellexikon|Dieser Artikel gehört zum Dossier: Ziervogellexikon
Timneh-Graupapagei: der Graue mit dem hornfarbenen Oberschnabel
Timneh-Graupapageien werden weitaus seltener gehalten als der gewöhnliche Graupapagei. Auch in ihrem fragmentierten Verbreitungsgebiet in Westafrika sind sie bedroht. Auf den Spuren eines Sonderlings.
Steckbrief
Wissenschaftliche Bezeichnung: Psittacus erithacus timneh oder Psittacus timneh
Unterarten: keine. Gemäss neueren Erkenntnissen soll der Principe-Graupapagei eine Unterart des Timneh-Graupapageis sein. Diese Form sieht allerdings äusserlich dem gewöhnlichen Graupapagei viel ähnlicher.
Herkunft: westlich des Bandama-Flusses in der Côte d’Ivoire bis nach Guinea-Bissau
Grösse: 30 cm
Wildfarbe: dunkles Grau, hornfarbener Oberschnabel (im Vergleich dazu ist der Schnabel des gewöhnlichen Graupapageis vollständig schwarz), bräunlich-rötlicher Schwanz (im Gegensatz dazu ist der Schwanz des Graupapageis leuchtend rot).
Mutationen: Es sind Formen mit viel rotem Gefiederanteil bekannt.
Geschlechtsunterschiede: keine
Ringgrösse: 8,5 mm
Lebenserwartung: 40 bis 55 Jahre
Platzansprüche: Zimmervoliere von mindestens 2 x 2 Meter x Zimmerhöhe für zwei Vögel. Ideal ist die Haltung in einer kombinierten Innen- und Aussenvoliere.
Ausstattung: Frische Äste aus dem Wald wie Buche, Hasel, Weide, Wurzelstöcke, Mulch, Erde, Sand, Badebassin.
Stimme: melodiöses Pfeifen
Haltung: zu zweit
Herkunft und Geschichte
Timneh-Graupapageien standen im Schatten der gewöhnlichen Graupapageien. Sie sind kleiner und schmächtiger vom Körperbau her, ihr Schwanz ist nicht leuchtend rot. Wohl darum sind sie unter Menschenobhut und in Zoologischen Gärten nicht häufig. Im London Zoo wurde 1861 ein Timneh gezeigt, der in Sierra Leone gefangen wurde. In den Jahren nach 1890 wurde die Art aus dem Zoo Berlin beschrieben. 1978 wurde die Art erstmals innerhalb des Verbandes Exotis in der Schweiz durch den privaten Züchter Ernst Grünig vermehrt. Timneh-Graupapageien sind nicht nur unter Menschenobhut selten, sondern auch in ihrem westafrikanischen Verbreitungsgebiet sind es Raritäten. Aufgrund starker Abholzungen der Regenwälder und des Vogelfangs sind sie aus vielen Teilen ganz verschwunden. So ist es fast unmöglich, sie auf dem Festland von Guinea-Bissau zu finden. Um Bambadinca im Landesinnern brütete lange noch ein Paar in einem Waldstück der früheren River-Zoo-Farm. Zwischenzeitlich ist es aber auch verschwunden. Beim Waldstück handelte es sich um Trockenwald mit laubabwerfenden Bäumen. Ein Refugium haben die letzten Schwärme Timnehs aber noch auf den Bijagos-Inseln gefunden. Dabei handelt es sich um Schwemmlandinseln vor der Küste Guinea-Bissaus, die teilweise kaum erschlossen sind. Es sind um die 88 Inseln bekannt, davon sind 19 dichter besiedelt, kleinere sind menschenleer. Die Timneh-Graupapageien haben dort noch überlebt, weil Vogelfang in diesen Gebieten noch nicht ausgedehnt betrieben wird. Auf dem Festland sind Vogelfänger teilweise auch von Senegal her nach Guinea-Bissau eingedrungen und habe die Gebiete leer gefangen. Die Afrikanische Ölpalme ist für den Timneh ein entscheidender Baum. Der Papagei ernährt sich zu einem grossen Teil von den Früchten dieser wild wachsenden Palme. Auch Einheimische sammeln die Früchte. Reis mit Palmöl ist ihr tägliches Gericht. Dabei zeigt sich, dass im Palmöl, viele wichtige Vitamine enthalten sind, denn Mangelerscheinungen treten nicht zutage. Wie in allen ehemaligen portugiesischen Kolonien gibt es auch in Guinea-Bissau viele Cashew-Plantagen. Die Timnehs scheinen sich allerdings nicht über die Früchte herzumachen, erschliessen sich aber sehr wohl ein breiteres Spektrum an Nahrung, bestehend aus Samen und Früchten, vielleicht auch aus Kerbtieren. Auch in anderen westafrikanischen Ländern wie Sierra Leone, Liberia und Guinea wurden die Regenwälder stark abgeholzt. Der Timneh-Graupapagei ist ein Regenwaldbewohner, fliegt aber bis in Trockenwälder im Norden. Interessanterweise bildet der Fluss Bandama in der Côte d’Ivoire die Grenze des Verbreitungsgebiets des Timneh-Graupapageis. Östlich dieses Flusses kommt dann der gewöhnliche Graupapagei, der manchmal auch als Kongo-Graupapagei bezeichnet wird, vor.
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Eignung als Heimtier
Timneh-Graupapageien sind geeignete Heimtiere, wenn sie eine Zimmervoliere zur Verfügung haben. Sie krächzen oder schreien nicht, sondern haben ein grosses Repertoire an Pfeiflauten. Zudem sind es gute Imitatoren. Halter von Timneh-Graupapageien sagen, dass sie teilweise andere Verhaltensweisen an den Tag legen würden als ihre grossen Verwandten, die Kongo-Graupapageien. Timnehs haben einen grossen Spieltrieb. Es seien grosse Clowns, sagte beispielsweise eine Halterin von vielen Timneh-Graupapageien aus dem Waadtland, die zwischenzeitlich verstorben ist.
Erwerb
Es ist möglich, Timneh-Graupapageien in der Schweiz zu finden, doch eine lange Suche ist gewiss. Am ersten findet man über die Züchterverbände Exotis und Ziervögel Schweiz Kontakt zu Züchtern der Art. Bis ein Paar zusammengestellt ist, vergeht viel Zeit. Die Geschlechtsunterschiede können nur sicher per DNA-Analyse festgestellt werden.
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Ernährung und Pflege
Timneh-Graupapageien sollten ein grosses Angebot an Früchten und Gemüse der Saison erhalten. Zudem sollte ihnen ein Körnergemisch für Grosspapageien gereicht werden, das aus vielen gestreiften, schwarzen und weissen Sonnenblumenkernen besteht. Das gleiche Körnerfutter, das Aras verabreicht wird, eignet sich auch für Timnehs. Graupapageien haben einen grossen Bedarf an proteinreicher Nahrung. Kalk und Mineralien zur freien Aufnahme sind wichtig. Eine Sepiaschale und Kalkseine sind zusätzliche Gaben, die nicht fehlen sollten. Tineh-Graupapageien lassen sich gerne abbrausen oder baden mit Freude in einer Schale. Auch der Boden ist für gut eingewöhnte Timneh-Graupapageien ein Refugium, das sie gerne nutzen. Darum sollte er interessant gestaltet sein mit Laub, Holzschnitzeln, Sand und Erde. Werden Timneh-Graupapageien ganzjährig im Innenraum gehalten, ist es empfehlenswert, ihnen eine Lampe, die ultraviolettes Licht ausstrahlt, zur Verfügung zu stellen. Sie können gewisse Vitamine im Körper nur dank UV-Licht aufschliessen. Der Handel führt Lampen, die speziell für Vögel geeignet sind. Ideal ist natürlich direktes Sonnenlicht
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Zucht
Timneh-Graupapageien sind anspruchsvoll punkto Partnerwahl. Wenn es harmoniert zwischen den Paarpartnern, kann ein gutes Zuchtpaar entstehen. Als Höhlenbrüter sollte den Papageien ein Nistkasten im Längs- oder Hochformat oder beide Formate zur Auswahl angeboten werden. Eine Grösse von etwa 30 x 30 x 80 cm mit einem Einschlupfloch mit einem Durchmesser von 10 cm ist beispielsweise geeignet. Als Einlage sollten Hobelspäne oder Holzschnitzel verwendet werden. Die Brutzeit dauert um die 28 Tage, die Aufzuchtzeit der Jungen reicht von zehn bis zwölf Wochen. Nach dem Ausfliegen werden die Jungen noch einige Wochen von den Eltern geführt und gefüttert.
Lustig
Timneh-Graupapageien gehören zu den besten Imitatoren überhaupt. Sie verfügen über ein unglaublich reiches Repertoire an Pfeiflauten. Auf der Insel Peicixe erzählten Fischer, dass sie morgens in den Bäumen ihres Dorfes sässen. Sie imitierten die Stimmen der Timneh-Graupapageien und pfiffen dabei in unterschiedlichen Melodien.
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Namensgebung
Der Graupapagei Psittacus erithacus trägt den 1758 von Carl von Linné verliehenen wissenschaftlichen Namen. 1844 wurde allerdings der Timneh-Graupapagei durch den Briten Louis Fraser als eigene Art Psittacus timneh beschrieben. Timneh bezieht sich auf den Stamm der Temne, die im Norden von Sierra Leone leben. Wenn man davon ausgeht, dass der Timneh-Graupapagei eine eigene Art ist, dann gilt heute der Sammler und Zoologe Louis Fraser als Erstbeschreiber der Art.
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Besonderheit
Graupapageien, so auch die Timnehs, sind bekannt dafür, sehr konservativ zu sein. Darum ist es wichtig, sie von Jung an, an unterschiedliches Futter und an den Wechsel von Sitzästen zu gewöhnen. Sonst kann es vorkommen, dass sie nicht mehr zum Futternapf gehen, wenn da plötzlich zwei Kirschen darin liegen, die sie vorher noch nie gesehen haben. Manche Halterinnen und Halter von gewöhnlichen Graupapageien und von Timneh-Graupapageien finden, dass sie unterschiedlich in ihren Verhaltensweisen und Lautäusserungen sind. Da die gewöhnlichen oder Kongo-Graupapageien viel häufiger gehalten werden, wird oft in Beschreibungen ihr Verhalten auf dasjenige der Timnehs übertragen. Sicher aber ist, dass die Kongo- und Timneh-Graupapageien eng miteinander verwandt sind, dies punkto Aussehen und Verhalten. Die Gefahr besteht, dass einzelne Timnehs in einer Gruppe von gewöhnlichen Graupapageien zu sehr dominiert werden. Timneh-Graupapageien sind sehr sensibel und neigen dazu, bei psychischen Problemen sich selber das Gefieder zu rupfen
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