Hagel hat diesen Sommer im Berner Seeland den Zwiebelkulturen zugesetzt. Nicht alle Bauern haben nun genug Zwiebeln für den Berner «Zibelemärit», der dieses Jahr am 22. November stattfindet. Für die 80-jährige Hanni Iseli ist es das erste Mal, dass sie ihre von Hand geflochtenen Zwiebelzöpfe nicht  feilbietet. «Es dauert mich, denn es ist immer ein ganz schöner Märit», sagt die rüstige Gemüsebäuerin aus Täuffelen.

Vergangenes Jahr fiel der «Zibeler» wegen der Coronapandemie aus. Heuer klappt es zwar wieder mit dem Berner Traditionsanlass, doch der Hagel diesen Sommer macht den Gemüsebauern zu schaffen. 2021 sie kein gutes Zwiebeljahr, erzählt Gemüsebäuerin Hanni Iseli der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Nach dem Hagel hätten manche
Bauern ihre Zwiebeln gleich wieder unter den Boden kehren können. Und fürs Nachpflanzen sei es zu spät gewesen.

Bei Iselis hat sich der Hagel nicht ganz so dramatisch ausgewirkt, weil die Zwiebeln schon etwas grösser und gut im Laub gewesen seien. Sie konnten sich erholen. Doch ganz so gross wie andere Jahre wurden die Zwiebeln auch bei den Iselis nicht.
 

Kraft und Geschicklichkeit

Während die Bäuerin erzählt, sind ihre Hände unermüdlich am «zöpfeln». Die roten und weissen Zwiebeln, Schalotten und der Knoblauch werden abwechselnd auf ein Stroh- oder Schilfbündel gebunden. Am Ende entsteht ein schöner, gleichmässiger, satt sitzender Zopf.

Fingerfertigkeit und Kraft braucht es dafür. Hanni Iseli hat das schon von ihren Eltern gelernt und zöpfelt nun seit 70 Jahren im Herbst Zwiebeln, die ihre Familie auf verschiedenen Märkten feilbietet. Von Mitte September bis November dauert die Zwiebelzopf-Zeit, auf die sich die rüstige Rentnerin jedes Jahr freut, auch wenn sie dann jeweils froh ist, wenn sie vorbei ist, wie sie schmunzelnd sagt. Es sei halt eine Art Hobby für sie.

Video: So entsteht ein Zibelezopf

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«Es wäre schade, wenn diese Tradition ausstirbt»

Zeitaufwändig ist diese Liebhaberei alleweil: Hanni Iseli beginnt jeweils schon frühmorgens mit dem Zöpfle und macht diese Arbeit den ganzen Tag lang. Ihren Töchtern hat sie diese Kunstfertigkeit beigebracht, doch diese hätten keine Zeit für das aufwändige Flechten. Ganz allgemein beobachtet Iseli, dass es immer weniger Bauernbetriebe gibt, in denen noch Zöpfe von Hand geflochten werden. «Es wäre schade, wenn diese Tradition ausstirbt», sagt Hanni Iseli nachdenklich.

Die kleinen Kunstwerke sind begehrt: Am Zwiebelmarkt in Biel verkaufte Iseli viel. Nun geht sie noch an den Zwiebelmarkt in Nidau, für mehr reicht die Ernte dieses Jahr nicht. Seeländer Gemüsebauern haben auch dieses Jahr online eine Seite aufgeschaltet, auf der Zwiebelzöpfe bestellt werden können.

Keine Zertifikatspflicht

Der diesjährige Zibelemärit wird mit gewissen Corona-Schutzmassnahmen durchgeführt. So gestattet die Stadt den Betreiberinnen und Betreibern von Ständen dieses Jahr den Verkauf von alkoholischen Getränken nicht.

Diese dürfen nur sitzend - im Innern von Restaurants oder auf deren Terrassen - konsumiert werden. Der Verkauf von Esswaren und alkoholfreien Getränken wird jedoch an allen Ständen möglich sein. Eine Covid-Zertifikatspflicht wird es am Zibelemärit nicht geben. In den Restaurants gilt eine solche hingegen schon.

Der Zibelemärit findet stets am vierten Montag im November statt. Er geht auf das 19. Jahrhundert zurück, als Bäuerinnen aus dem bernisch-freiburgischen Seeland ihr Gemüse in Bern zu verkaufen begannen - und zwar zwei Wochen lang ab dem Martinstag am 11. November.